Absprachen im Strafprozess. Dirk Sauer

Absprachen im Strafprozess - Dirk Sauer


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die bereits vom 4. Strafsenat des BGH im Jahre 1997 vorgezeichnete Linie in die StPO übernommen. Dies gilt auch und vor allem für den dogmatischen Grundansatz, wonach es sich bei der Urteilsabsprache nicht um eine Durchbrechung des Legalitätsprinzips und auch nicht um irgendeine Art Vertragsmodell, sondern lediglich um die Verbindlichkeit der Ankündigung einer strafmildernden Wirkung eines Geständnisses handelt.

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      Das Gesetz geht allerdings an zwei Stellen pointiert über die frühe Rechtsprechung hinaus, und zwar hinsichtlich der Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts nach abgesprochenem Urteil und durch die Statuierung eines Beweisverwertungsverbots bei „Bruch“ der Absprache. Die anderen Vorschriften, in denen es um die Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten als solche geht, flankieren das Ganze und sollen wohl vor allem deutlich machen, dass der Strafprozess aus Sicht des Gesetzes nicht autoritativ gestaltet werden muss, sondern durchaus dialogische Elemente aufweisen darf.

      Anmerkungen

       [1]

      Zur Geschichte des Strafbefehlsverfahrens Heinz FS Müller-Dietz, S. 271 ff.

       [2]

      So auch Ostendorf ZIS 2013, 174, 175, mit dem zutreffenden Hinweis, der „Wandel vom klassischen Strafprozess“ sei nicht erst mit dem Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren eingetreten.

       [3]

      Der Vollständigkeit halber seien als weitere Möglichkeiten einer konsensualen Verfahrenserledigung jenseits der Urteilsabsprache zusätzlich § 46a StGB, §§ 155a, 155b, 153b (dazu nochmals unten Rn. 456 ff.) sowie der Vergleich im Privatklageverfahren, § 380, die §§ 45, 47 JGG und § 47 OWiG genannt (dazu noch unten Teil 2 Rn. 144 ff.).

       [4]

      Vgl. zur Entstehungsgeschichte des § 153 z.B. Zwickel S. 6 f., der im Jahr 1932 ausführt, es sei um „die Notwendigkeit“ gegangen, „erheblich an Kosten zu sparen, indem man die Strafrechtspflege bis an die Grenzen des im Interesse der Rechtspflege noch Erträglichen vereinfachte und verbilligte“, sowie darum, „einen Weg zu finden, der strengste Sparsamkeit mit guter und sicherer Strafrechtspflege zu vereinen vermochte.“

       [5]

      Dazu näher sogleich im weiteren Text.

       [6]

      Vgl. zu Terminologie und Bedeutung der Verfahrensprinzipien z. B. KK-Fischer Einl. Rn. 5 ff.

       [7]

      Richtig Eser ZStW 104 (1992), 361 ff., 369 f. sowie dort Fn. 40, der – schon vor Inkrafttreten des Rechtspflegeentlastungsgesetzes! – feststellt, die Anwendung des Legalitätsprinzips sei „vor allem für den Bereich der Bagatellkriminalität fast zur Ausnahme geworden“, weswegen „die übliche Redeweise von Einschränkungen des Legalitätsprinzips durch das Opportunitätsprinzip nicht ganz korrekt“ sei.

       [8]

      Vgl. zur damaligen Diskussion z. B. die Düsseldorfer Dissertation von Zirkel aus dem Jahr 1936, S. 26 ff., 29 f., 31 ff., 34 und passim.

       [9]

      So ausdrücklich Meyer-Goßner/Schmitt StPO, § 153 Rn. 1. Freilich gibt es in der Konstellation des § 153 Abs. 1 kein „Mitverfügungsrecht“ des Beschuldigten.

       [10]

      Sie wurde mit dem EGStGB im Jahre 1974 eingeführt.

       [11]

      Es fragt sich, ob der Gesetzgeber bereits mit Schaffung des § 153a den „schwersten Eingriff in das Gefüge der StPO seit 1877“ vorgenommen hat – eine Qualität, die von vielen erst dem VerstG zugeschrieben wird, exemplarisch Stuckenberg ZIS 2013, 212.

       [12]

      Die Erforderlichkeit der Führung solcher (Konsens-) Gespräche wurde von Anfang an auch klar gesehen, vgl. z. B. Kleinknecht Strafprozessordnung, 32. Aufl. 1975, § 153a Anm. 11. Die bundeseinheitliche Fassung der RiStBV aus dem Jahre 1967 ließ übrigens in Nr. 83 Abs. 3 auch für den Fall des § 153, wenn auch indirekt formuliert, zu, den Beschuldigten vor der Einstellungsentscheidung auf die Vorschrift und wohl auch darauf hinzuweisen, dass dabei lobenswertes Nachtatverhalten, „z. B. die Wiedergutmachung des Schadens“, eine Rolle spielen dürfe. Zu den neu eingeführten, diese informellen Gespräche nunmehr bedingt formalisierenden §§ 160b, 202a, 212 und 257b noch unten Teil 2 (Rn. 90 ff.).

       [13]

      Die weitere Durchführung des Strafverfahrens kann aus verschiedenen Gründen teurer kommen.

       [14]

      Vgl. dazu z. B. LR-Beulke § 153a Rn. 11 ff.; KK-Diemer § 153a Rn. 3 m. w. N.

       [15]

      Zu Recht wenden sich Beulke/Fahl NStZ 2001, 426 ff., 427 dagegen, im Zusammenhang mit § 153a geführte Gespräche zwischen Verfahrensbeteiligten „von vornherein“ als „Freikauf“, „Feilschen“, „Handeln“ oder „Tuscheln“ abzuqualifizieren. Vgl. auch LR-Beulke § 153a Rn. 2: Mit der Vorschrift sei „ein ganz neues konsensuales Verfahren, das auf Kooperation zwischen allen Verfahrensbeteiligten angelegt ist“, geschaffen worden.

       [16]

      Das ist allerdings streitig, vgl. zum Meinungsstand Meyer-Goßner/Schmitt Vorbemerkungen zu §§ 407 ff. Rn. 1, KK-Maur § 408 Rn. 15, jeweils m. w. N. Selbst Vertreter der Gegenauffassung, nach der beim Strafbefehlerlass ebenso wie bei § 261 stets volle richterliche Überzeugung von der schuldhaften Tatbegehung zu fordern ist, räumen indes zuweilen ein, dass der Gedanke, das Gericht könne sich diese ausschließlich anhand der Aktenlage bilden, reichlich unrealistisch ist, vgl. Weßlau ZStW 116 (2004), 150 ff., 159. Wenn 99 % aller Strafbefehlsanträge „erfolgreich“ sind (Weßlau aaO; Heinz FS Müller-Dietz S. 271 ff.), dann vertritt die Praxis offenbar die weitere Auffassung. Im Ergebnis führt jedenfalls kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass zumindest die Tatsachengrundlage, auf der die richterliche Meinungsbildung stattfindet, durch den Verzicht auf die Hauptverhandlung in aller Regel „defizitär“ sein wird (zutr. KK-Maur § 408 Rn. 15), so dass das Strafbefehlsverfahren eine Entscheidung zu Lasten des Beschuldigten entweder von vornherein auf bloßen Verdacht hin oder bestenfalls auf der Basis von Tatsachen, deren Darlegung lediglich die Funktion zukommt, einen hinreichenden Tatverdacht zu begründen, ermöglicht. Die Bestimmung, dass der Strafbefehl mit den gleichen Wirkungen wie eine Verurteilung nach mündlicher Hauptverhandlung ausgestattet ist, § 410 Abs. 3, kann deswegen sicher nicht in gleicher Weise wie ein Urteil auf


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