Absprachen im Strafprozess. Dirk Sauer

Absprachen im Strafprozess - Dirk Sauer


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StGB, dem so genannten Täter-Opfer-Ausgleich, der dem Beschuldigten die Möglichkeit eröffnet, durch Kontaktaufnahme mit dem (vermeintlich) Geschädigten sowie ein Bemühen um Wiedergutmachung eine mildere Strafe oder Straffreiheit zu erlangen. Es ist kein Zufall, dass in Folge der Einführung dieser Vorschrift einige Zeit danach auch § 153a geändert und die §§ 155a, 155b mit dem Ziel eingefügt wurden, eine Durchführung des so genannten Täter-Opfer-Ausgleichs in der Praxis zu erleichtern und zu fördern. Nach § 155a „soll“ die Staatsanwaltschaft sogar auf einen Ausgleich zwischen Verdächtigem und mutmaßlichem Opfer „hinwirken“.

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      Begünstigt wurde und wird die Neigung zum Verzicht auf die Durchführung des „klassischen“ Strafverfahrens weiterhin durch eine Fehlentwicklung des materiellen Strafrechts.

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      „StPO §§ 153 bis 154b sorgen dafür, dass sich die Verfolgungsbehörden und die Gerichte von der Bearbeitung bagatellarischer sowie solcher Angelegenheiten entlasten können, an deren strafrechtlicher Erledigung ein beachtliches Interesse vom Standpunkt deutscher Strafrechtspflege aus nicht besteht. So unentbehrlich das ist, darf nicht verkannt werden, dass die in den §§ 153 bis 154b StPO gefundene Lösung solange eine Halbheit darstellt, als nicht eine Generalbereinigung des Kriminalstrafrechts bis in die Tatbestände des StGB hinein von allem bloßem Verwaltungsunrecht, von allen Ordnungswidrigkeiten stattgefunden hat. Es unterliegt keinem Zweifel, dass auch nach dieser Generalbereinigung nicht zum strengen Legalitätsprinzip zurückgekehrt werden kann. In welchem Ausmaß aber dann noch das Legalitätsprinzip durchbrochen werden müsste, ist eine Frage, die hier nicht erörtert werden kann.“

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      Der von Eberhard Schmidt seinerzeit verwendete Begriff „Halbheit“ jedenfalls würde heute einen veritablen Euphemismus darstellen.

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      Die Neigung der Beteiligten zu konsensualen Verfahrensweisen wird schließlich, zumindest in Teilbereichen wie etwa dann im Wirtschaftsstrafrecht, im weitesten Sinne durch die massiv gestiegene Komplexität begünstigt, die Wirtschaftsstrafverfahren ab einer gewissen Größenordnung in der heutigen Informations- und Mediengesellschaft angenommen haben und die sie für die handelnden Personen nur noch schwer beherrschbar macht.

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      Was hiermit gemeint ist, sei an einem Beispiel verdeutlicht: Wenn der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank von einer deutschen Staatsanwaltschaft bei einem deutschen Landgericht wegen Untreue angeklagt wird und sich in zwei langen Hauptverhandlungen verantworten muss, dann wird nicht mehr ausschließlich die Frage geklärt, ob unter vielen weißen ein schwarzes Schaf ausgemacht worden ist, ob also der Angeklagte schuldhaft einen Straftatbestand erfüllt und sich damit gegen den konsentierten Grundbestand der zentralen Werte unserer Gesellschaft gestellt hat, kurz: zum Verbrecher im materiellen Sinne geworden ist. Vielmehr werden Sachverhalte verhandelt, die bereits in tatsächlicher, erst recht aber in normativer Hinsicht nicht einmal mehr vom Fachpublikum, noch weniger von den beteiligten Journalisten und erst recht nicht von der Öffentlichkeit in ihrer Gesamtheit überhaupt noch vollständig überblickt und verstanden


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