Unternehmenskauf bei der GmbH. Stephan Ulrich
gesetzliche Vertreter einbezogen werden.
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In vielen Fällen lassen sich Vertragsbeteiligte durch Bevollmächtigte vertreten. Dann ist deren Vollmacht vom Notar, im Vorfeld des Signings aber auch von den Rechtsanwälten beider Parteien zu prüfen. Zeichnet sich bei einer Transaktion schon früh ab, dass der Kaufvertrag nicht von gesetzlich vertretungsberechtigten Organmitgliedern der Veräußerer und Käufer, sondern von Bevollmächtigten abgeschlossen wird, ist es ratsam, die entsprechenden Vollmachten bereits in einem ausreichend frühen Stadium vorzulegen. So werden Streitigkeiten über die Vertretungsbefugnis vermieden. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen ausländische Unternehmen beteiligt sind. Hier sind regelmäßig Nachweise der Vertretungsberechtigung (Auszüge aus Handelsregistern, Erklärungen von „Company Secretaries“ etc.) erforderlich. Teilweise sind diese Dokumente mit einer Apostille zu versehen. Probleme können sich im Hinblick auf Vollmachten auch durch § 181 BGB ergeben, wenn der Vertreter seinerseits Partei oder von mehreren Beteiligten bevollmächtigt ist. Ein Vertrag, der im Wege des Insichgeschäfts geschlossen wird, ist schwebend unwirksam[5] und muss durch den/die Vertretenen genehmigt werden, um Wirksamkeit zu erlangen.[6] Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs können dem alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer einer Einmann-GmbH Rechtsgeschäfte mit sich selbst nur von vornherein im Gesellschaftsvertrag oder nachträglich durch Änderung der Satzung gestattet werden.[7] Es wird jedoch auch die Ansicht vertreten, dass die Gestattung durch einen einfachen Gesellschafterbeschluss möglich ist, wenn die Satzung dies vorsieht.[8] Für die seltenen Fälle elterlicher oder vormundschaftlicher Vertretungsmacht wird der Regelungsbereich des § 181 BGB durch die §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1 BGB erweitert. Hier bedarf es ggf. der Genehmigung eines vom Familiengericht zu bestellenden Pflegers.[9] Eine gesetzliche Begrenzung der Vertretungsbefugnis besteht bei Prokuristen gem. § 49 HGB für Grundstücksgeschäfte und für sogenannte Grundlagengeschäfte, die den Betrieb des (Handels-)Geschäftes als solchen betreffen.[10] Der Prokurist kann daher insbesondere nicht das Unternehmen veräußern[11] oder neue Gesellschafter aufnehmen.[12]
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Testamentsvollstrecker schließlich sind durch die für sie maßgeblichen testamentarischen Anordnungen in ihren Handlungsmöglichkeiten beschränkt, §§ 2203 ff. BGB.[13]
3. Parteienmehrheit
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Besteht auf Erwerber- oder Veräußererseite eine Gesamthandsgemeinschaft, (insbesondere eine GbR, Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft) sind deren Mitglieder in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Vertragspartei. Eine Parteienmehrheit kann auf Verkäuferseite auch dann entstehen, wenn Treugeber, Eigentümer von Sonderbetriebsvermögen oder Gläubiger eines kapitalersetzenden Darlehens in die Transaktion einbezogen werden. Die Verbindung mehrer Einzelverträge zu einem einheitlichen Unternehmenskaufvertrag ist in diesen Fällen immer zu empfehlen, da die Einzelverträge in einem gewollten inneren Zusammenhang stehen.
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Auf Veräußererseite muss die interne Aufteilung des Verkaufserlöses festgelegt werden (entsprechend den Beteiligungsverhältnissen). Der Käufer hat in der Regel kein Problem, den Kaufpreis anteilig an mehrere Verkäufer zu bezahlen, wenn er rechtzeitig darüber informiert wird. Ansonsten bietet sich die Zahlung auf ein Verkäufergemeinschaftskonto an. In diesem Fall ist eine Vereinbarung über die Verfügungsbefugnisse und Auszahlungsmodalitäten zu treffen. Auch müssen etwaige Rückbehalte (z.B. zur Deckung von Abwicklungskosten oder der Erfüllung gewährter Garantien) beachtet werden.
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Die Frage einer möglichen gesamtschuldnerischen Haftung (§ 426 BGB) spielt oftmals eine wichtige Rolle bei den Vertragsverhandlungen. Der Verkäufer hat regelmäßig ein Interesse daran, dass er nur beschränkt auf seinen Anteil für eventuelle Garantieverletzungen haftet. Der Käufer dagegen wird großen Wert darauf legen, dass die Verkäufer gesamtschuldnerisch füreinander haften. In diesen Fällen müssen die Veräußerer die anteilige Haftung im Innenverhältnis verbindlich und für sich festlegen (§ 426 Abs. 1 S. 1, 2. HS BGB). Im Falle einer Käufermehrheit schließlich stellt sich das ähnliche Problem. Grundsätzlich haftet in diesem Fall jeder Käufer auf den Kaufpreis für die von ihm erworbene Beteiligung. Auch hier sind andere Regelungen an der Tagesordnung.
4. Unternehmensmakler und andere Berater
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Oft ist der Unternehmensverkauf oder -kauf für alle Beteiligten ein Ereignis von einiger Tragweite. In fast allen Fällen bedienen sich veräußerungswillige Unternehmer ebenso wie Erwerbsinteressenten daher bei der Suche, Planung und Gestaltung des Vertrages sowie dessen Durchführung der Hilfe von Investmentbanken, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten.[14] Während Großkonzerne die Gestaltung und Verhandlung des Vertrages teilweise den internen Fachabteilungen überlassen und Dritte nur punktuell heranziehen, wird die Due Diligence in den meisten Fällen von externen Beratern durchgeführt.
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Auf Veräußererseite wird für die erste Kontaktaufnahme oftmals eine Investmentbank eingeschaltet. Dies gilt vor allem dann, wenn der Verkäufer zunächst anonym bleiben und verhindern will, dass sein Unternehmen an Wert verliert, weil seine Verkaufsbereitschaft bekannt wird.[15] Für den Veräußerer wird durch Einschaltung einer Investmentbank oder eines sonstigen M&A-Beraters oftmals eine Wettbewerbssituation geschaffen (zu Auktionsverfahren s. Rn. 93 ff.). Auch für den potenziellen Käufer ist zur allerersten Überprüfung eines potenziellen Zielunternehmens (Target) die Einschaltung einer Investmentbank hilfreich.
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Investmentbanken, M&A-Berater und zunehmend auch einige darauf spezialisierte Unternehmen bieten vielfach auch Datenräume (data rooms) an, in denen den Erwerbsinteressenten die für die Prüfung und Bewertung benötigten Daten zur Verfügung gestellt werden. In den meisten Fällen hat der virtuelle Datenraum (virtual data room) den klassischen physischen Datenraum (physical data room) abgelöst. Die Einsichtnahme in Unterlagen wird in der Regel nur unter Aufsicht und nach schriftlicher Anerkennung der vom Verkäufer festgelegten Regeln („rules of data room procedure“) zugelassen.[16] Dies ermöglicht nicht nur eine Kontrolle des Informationsflusses, sondern verhindert gleichzeitig Unruhe im täglichen Betrieb des Zielunternehmens.
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Vor Einschaltung eines „Unternehmensmaklers“ muss geklärt werden, welche Provision von wem zu zahlen ist. Zwar gilt gem. § 653 Abs. 1 BGB ein Maklerlohn als stillschweigend vereinbart, wenn die dem Makler übertragene Leistung den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist. In der Praxis verlassen sich die Parteien allerdings nie auf diese Regelung. Die Tätigkeit des „Unternehmensmaklers“ wird daher auf Basis einer Erfolgsprovision, eines Zeithonorars oder einer Kombination aus beidem vergütet.[17] Oft wird die sog. „Lehman-Scale“ angewandt, die eine an die Transaktionssumme gebundene anteilige Provision vorsieht.[18]
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Sind die im Rahmen einer Due Diligence einzuholenden Informationen sensibel – etwa aufgrund einer Konkurrenzsituation der beteiligten Unternehmen – müssen neutrale und zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Fachleute (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechts- oder Patentanwälte) durch beide Parteien gemeinsam angewiesen werden, einen verkürzten Bericht zu erstellen, der sich auf die Ergebnisse der Auswertung der erhaltenen Informationen beschränkt. Die vom Verkäufer zur Verfügung gestellten Daten werden auf diese Weise gefiltert, sodass dargestellte Informationen und besonderes Know-how dem Interessenten in diesem Stadium noch nicht zugänglich werden.[19]