Recht auf Sterben – Recht auf Leben. Ivo W. Greiter

Recht auf Sterben – Recht auf Leben - Ivo W. Greiter


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meiner Betreuer und meiner Verwandten einen tiefen Respekt vor meinem Leben gesehen hätte. Ihre Rücksichtnahme war das Licht, das mich davon überzeugte, dass meine eigene Würde intakt ist.‘

      Dieses Licht ist entscheidend, auch wenn in extremen Leidsituationen der Wunsch zu sterben verständlich ist. Die Antwort darauf fordert ein Plus an menschlicher Zuwendung und nicht eine kalte ‚Lösung‘. Nicht nur Pozzo di Borgo, unzählige Betroffene sind dankbar, dass sie begleitet wurden. Ein Suizid hat fast nur mit Verzweiflung zu tun, nicht mit Freiheit. …“

      Im April 2021 äußerte sich Bischof Glettler zur Aufhebung des Verbots der Strafbarkeit durch den Verfassungsgerichtshof:

      Dass vor allem die christlichen Kirchen die Entscheidung des VfGH sehr kritisch sehen, ist nachvollziehbar, aber es sind eben nicht alle Staatsbürger Christen. Und nicht alle christlichen Entscheidungen sind konform mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), siehe etwa das Verbot der Zulassung von Frauen zum katholischen Priesteramt (im Widerspruch zum Diskriminierungsverbot Art 14 EMRK).

      Christian Marte, Rektor des Jesuitenkollegs in Innsbruck, sprach sich gegen die Beihilfe zum Selbstmord aus:

      Doch auch abseits der Kirche gibt es kritische Stimmen. So betrachtet die Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes Ingrid Korosec das Urteil des Verfassungsgerichthofes mit Sorge. Sie respektiere es, befürchte aber, dass durch die Lockerung der Schutz der Schwächsten unserer Gesellschaft ins Wanken gerate und der Druck auf ältere oder schwerkranke Menschen steigen könnte:

      Herbert Pichler, der Präsident des Österreichischen Behindertenrates, berichtete, dass er schon öfter, und zwar noch vor dem Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofs vom 11. Dezember 2020, angesprochen wurde,

      Meine Befürchtung dazu: Von solchen Hinweisen ist es nicht mehr weit bis zur Aufforderung, sich „sterben zu lassen“.

      Einig waren sich die Teilnehmer, dass das Angebot an Hospiz- und Palliativstationen ausgebaut und Aufklärungsgespräche geführt werden sollten. Im Übrigen gab es wenig Übereinstimmung.

       Die Entscheidung geht uns alle an

      Meine Warnung: Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist weitreichend, sie kann jeden von uns betreffen. Hier zwei ganz konkrete mögliche Auswirkungen:

       Die schwierige Lage der Helfer

      Bei einer gesetzlichen Neuregelung der Materie muss man auch die Lage derjenigen beachten, die, oft ohne es zu wollen, Hilfe beim Sterben geben sollen. Die schwere Entscheidung von möglichen Helfern kann für diese sehr belastend sein. Vor allem, wenn man das Alter als wertvollen Lebensabschnitt betrachtet. Auch sollte man an jene denken, die gegen eine Sterbehilfe sind und darunter leiden würden.

      Es kann sein, dass wir alsbald entscheiden müssen, ob wir selbst Hilfe bei der Selbsttötung für Verwandte oder Freunde geben wollen oder nicht. Jeder kann in die Situation kommen, unerwartet und plötzlich zu einer Entscheidung gedrängt zu werden, die er eigentlich nie treffen wollte.

      Ein Beispiel aus der Realität, bei dem es um die schwierige Entscheidung des möglichen Helfers und den Kampf mit dem eigenen Gewissen geht:

      Pias Vater Josef bittet um seine Tötung. Eigentlich war er noch gar nicht so alt, er hatte gerade seinen 75. Geburtstag gefeiert. Die meisten seiner gleichaltrigen Freunde und Freundinnen waren noch flott unterwegs und genossen ihr Leben. Aber Josef hatte schon öfters an Suizid gedacht, denn er hatte mehrere kleine Schlaganfälle erlitten, welche ihn stark einschränkten. So konnte er nur noch mit Mühe gehen, mit Hilfe eines Gehbockes oder Stockes oder wenn er sich bei jemandem einhängte. Auch seine Inkontinenz machte ihm schwer zu schaffen. Besonders schwierig wurde sein Leben


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