Recht im E-Commerce und Internet. Jürgen Taeger
€ erwarb, so kann – wenn eine Anfechtung nicht wirksam erklärt wurde, weil der Anfechtungsgrund nicht konkret benannt wurde und daher auch ein nicht zur Anfechtung berechtigender Kalkulationsirrtum zu der Preisangabe hätte geführt haben können – der Verkäufer die Abwicklung gleichwohl verwehren. Das ergäbe sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn der Käufer die fehlerhafte Preisangabe erkannt habe und dem Verkäufer das Festhalten am Vertrag nicht zumutbar sei.158 Dies dürfte aber nicht richtig sein, weil auch hier das Risiko einer fehlerhaften Preisabbildung der Sphäre des Verkäufers zuzuordnen ist, zumal für diese Fälle das Anfechtungsrecht zugunsten des vom „Irrtum“ nachteilig Betroffenen konzipiert ist. Hierdurch steht der Erwerber noch schlechter als bei der für ihn ohnehin nachteiligen Anfechtung, da § 122 Abs. 1 BGB nicht eröffnet wäre. Man nehme nur an, er hätte seinerseits die Generatoren schon weiterverkauft und würde dadurch schadensersatzpflichtig werden, obwohl der Fehler des Vertrages nicht auf ihn zurückzuführen ist.
4. Rechtsfolgen
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Zu beachten ist bei einer Anfechtung immer, dass der Anfechtende, häufig der Kunde, der über das Internet etwas bestellt, dem Anbieter bei einer erfolgreichen Anfechtung den Vertrauensschaden gem. § 122 BGB zu ersetzen hat. Dieser Anspruch soll jedoch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) dann entfallen, wenn der Anbieter seinen Aufklärungs- und Informationspflichten nach den §§ 312i, 312j BGB nicht nachkommt, also z.B. dem Anwender keine Korrekturmöglichkeit hinsichtlich der Bestellung einräumt.159
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Diese Rechtsfolge kann vermieden werden, wenn der Anfechtende ein Verbraucher ist, ein Widerrufsrecht gem. §§ 312g Abs. 1, 355 BGB besteht und innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen wird, statt die Anfechtung zu erklären. Dabei ist zu beachten, dass sich die Frist des dem Verbraucher zustehenden Widerrufsrechtes auf zwölf Monate und 14 Tage verlängert, sofern der Unternehmer nicht oder nicht ordnungsgemäß entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB über das Widerrufsrecht informiert hat (§ 356 Abs. 3 S. 2 BGB).160
5. Anfechtung bei Fernabsatzverträgen
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In der Praxis steht die Anfechtung eines über das Internet geschlossenen Vertrags in aller Regel nicht im Vordergrund, weil für Verträge, die Verbraucher (§ 13 BGB) abschließen, die Regelungen über Fernabsatzverträge gem. §§ 312c ff. BGB einschlägig sind. Ist dies der Fall, besteht ein Widerrufsrecht gem. §§ 312g Abs. 1, 355 BGB, sodass in den genannten Irrtumsfällen keine Notwendigkeit besteht, hier den Vertrag anzufechten. Wenn man den Vertrag widerrufen kann und er infolgedessen rückabgewickelt wird, besteht keine Veranlassung zur Anfechtung, weil das Widerrufsrecht an keinen besonderen Grund geknüpft ist und auch keine Schadensersatzansprüche auslöst.161
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Nur in Einzelfällen muss auf die Regelungen des Anfechtungsrechtes zurückgegriffen werden. Denkbar sind verschiedene Konstellationen:
1. Die Regelungen über Fernabsatzverträge gem. §§ 312c ff. BGB sind nicht einschlägig, weil es sich etwa um ein B2B-Geschäft handelt.
2. Die Regelungen sind zwar einschlägig, jedoch besteht kein Widerrufsrecht gem. § 312g Abs. 2 BGB, so z.B. bei individuell angefertigten Waren oder dann, wenn das Widerrufsrecht gem. § 356 Abs. 4 S. 1 BGB erloschen ist, weil bei einer Dienstleistung der Unternehmer diese vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.
3. Es liegt ein Anfechtungsgrund nach § 123 BGB vor. Dieser berechtigt einen Vertragspartner, ein Rechtsgeschäft anzufechten, wenn es durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung zu Stande gekommen ist. Bei diesem Anfechtungsgrund besteht eine Anfechtungsfrist von einem Jahr.
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Wird hingegen die Widerrufsfrist nach den Regelungen über Fernabsatzverträge versäumt, so kann nur dann noch nach § 119 Abs. 1 BGB angefochten werden, wenn die Anfechtung „unverzüglich“, d.h. ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. Bei Versäumung der Widerrufsfrist ist diese Voraussetzung bei Warenlieferungen in den meisten Fällen nicht mehr gegeben, weil man spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung den Irrtum erkennt. Wird dann noch bis zum Ablauf der Widerrufsfrist mit der Anfechtungserklärung gewartet, so erfolgt die Anfechtung nicht mehr „unverzüglich“.
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Handelt es sich hingegen um Verträge, die einen Verbrauchsgüterkauf zum Gegenstand haben, der auf die regelmäßige Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum gerichtet ist oder um Verträge, die eine nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, die Lieferung von Fernwärme oder die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten zum Gegenstand haben, so sind Fälle denkbar, in denen der Irrtum erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erkannt wird, weil bei diesen Vertragstypen die Widerrufsfrist schon mit Vertragsschluss bzw. dem Erhalt der ersten Ware (§ 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. d sowie Nr. 2 BGB) beginnen kann. Beginnt die Widerrufsfrist bereits zu diesem Zeitpunkt, so ist der Irrtum möglicherweise erst dann offensichtlich, wenn die Widerrufsfrist abgelaufen ist. Zu beachten ist dabei aber, dass das Mängelgewährleistungsrecht nach der Leistungserbringung grundsätzlich Vorrang hat, insbesondere ein auf Mängeln begründeter Eigenschaftsirrtum über die Kaufsache i.S.d. § 119 Abs. 2 BGB verdrängt wird.
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Grundsätzlich sind Irrtumsanfechtungen nicht nur seitens des Käufers möglich; auch der Verkäufer kann sich bei der Abgabe seiner auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung über wesentlichen Inhalt seiner Erklärung geirrt haben. Wird etwa in einem Internetshop ein falscher Preis eingegeben (199,00 € anstatt 1.999,00 €), kann nach § 119 Abs. 1, 2. Alt. BGB angefochten werden. Wird aber nach Kenntniserlangung über das Auseinanderfallen von äußerem Erklärungswillen und innerem Geschäftswillen auf der die fehlerhafte Preisangabe enthaltenen Produktbeschreibung ein Angebot eines Kunden mit der fehlerhaften Preisangabe einen Tag später bestätigt, so liegt schon kein bei Abgabe der Willenserklärung vorhandener Irrtum mehr vor. Ein Überschreiten der Anfechtungsfrist nach § 121 BGB braucht dann gar nicht mehr geprüft zu werden.162
148 Dazu Glossner, in: Leupold/Glossner, MAH IT-Recht, 2013, Teil 2, Rn. 52ff.; Koitz, Informatikrecht, 2002, S. 24ff.; Pierson/Seiler, JurPC Web-Dok. 217/2003, Abs. 1, Abs. 25ff. 149 Diesbezüglich keine Unterscheidung machend Kitz, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, 2021, Rn. 275f.; ebenso nicht Dörner, in: Schulze, BGB, 10. Aufl. 2019, § 119 Rn. 13; zu Recht, wenn auch nur in der Fußnote auf eine analoge Anwendung hinweisend Feuerbach, in: NK-BGB, 3. Aufl. 2016, § 119 Rn. 33 Fn. 99; korrekt auch Spindler, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2019, BGB, §§ 119, 120 Rn. 12. 150 Vgl. hierzu OLG Nürnberg, Urt. v. 9.10.2002 – 12 U 1346/02, CR 2003, 769; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 2021, § 119 Rn. 10. 151 Ellenberger, in: Palandt, BGB, 2021, § 119 Rn. 32. Zur Irrtumsanfechtung des Anbieters auch AG Fürth, Urt. v. 8.10.2009 – 360 C 2779/08 (unveröffentlicht), und AG Fürth, Urt. v. 30.7.2008 – 340 C 1198/08 (unveröffentlicht). 152 Vgl. Kitz, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, 2021, Kap. 13.1, Rn. 260f.; BGH, Urt. v. 28.2.2002 – I ZR 318/99, WRP 2002, 839; OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.2.2016 – I-21 U 100/15, BeckRS 2016, 115264, Rn. 50f. 153 Vgl. Hoffmann, Beilage zu NJW 2001, Heft 14, 1, 9; LG Köln, Urt. v. 16.4.2003 – 9 S 289/02, MMR 2003, 481 m. Anm. Mankowski, EWiR