Recht im E-Commerce und Internet. Jürgen Taeger
zu fassen ist.118 Argumentiert wird dahingehend, dass Gesamtpreise dann nicht angegeben werden müssen, wenn diese erst durch ein eigenständiges Preisbildungsverfahren ermittelt werden.
8. Der Sonderfall: Rückwärtsversteigerungen
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Der BGH119 hat die lauterkeitsrechtlichen Zweifel an Rückwärtsversteigerungen durch die Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung120 beseitigt. Danach ist bei einer Rückwärtsversteigerung im Internet richtigerweise nicht von einer unsachlichen Beeinflussung der Kaufentscheidung durch spielerische Elemente auszugehen. Allein der Anreiz, dass durch Zuwarten mit der Kaufentscheidung ein noch höherer Gewinn erzielt werden könne, weil weniger gezahlt werden müsse, führe bei dem durchschnittlich verständigen Verbraucher nicht dazu, von einer reiflichen Prüfung der Preiswürdigkeit des Angebots abzusehen und sich zu einem Erwerb vorrangig wegen des „Spiels“ verleiten zu lassen.121
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Allerdings kann eine sog. Countdown-Auktion im Internet nach dem VGH Mannheim122 sehr wohl ein verbotenes Glücksspiel sein. Bei der Countdown-Auktion wird es dem Bietenden durch den Verkauf einer „Gebotsoption“ bzw. mehrerer Gebotsoptionen an ihn ermöglicht, den Preis um einen gewissen kleineren Geldbetrag zu erhöhen (= Gebot). Dabei wird die Versteigerung pro Gebot wiederum um eine gewisse Zeitspanne verlängert. Am Ende soll der Vertrag mit demjenigen zustande kommen, der das letzte und damit höchste Gebot innerhalb der Zeitspanne abgegeben hat. Der VGH Mannheim stufte diese Auktion als verbotenes Glücksspiel ein. Der Begriff des Spiels sei weit auszulegen. Ebenso sei dem VGH Mannheim zufolge das Vorliegen eines Zufalls zu bejahen. Denn dem Teilnehmer stehe keine brauchbare Einwirkungsmöglichkeit zur Verfügung. Es hänge vom Zufall ab, ob ihn ein anderer Mitspieler überbiete oder nicht. Zwar könne der Teilnehmer durch einen neuen Einsatz versuchen, seinen Erfolg herbeizuführen; hierbei handle es sich jedoch um keine relevante, finale Einwirkungsmöglichkeit. Es liege ein erheblicher entgeltpflichtiger Einsatz vor, denn der konkrete Ablauf des Spiels animiere dazu, mehrfach Spielbeiträge einzusetzen.
9. Der Sonderfall: Bietagenten
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Im Rahmen von Internet-Versteigerungen werden regelmäßig Bietagenten (sog. Sniper-Software) eingesetzt. Mit Hilfe solcher Bietagenten werden Gebote, das heißt Willenserklärungen, des Nutzers abgegeben, der zuvor die Software auf die entsprechende Gebotsabgabe programmiert hat. Selbst wenn der Einsatz einer solchen Software durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Plattform-Betreibers ausgeschlossen ist, berührt dies nicht den Vertragsschluss.123 Jedes abgegebene Angebot – nicht nur das zuletzt höchste Gebot – der Software ist eine eigene Willenserklärung des Nutzers.
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Die Wirksamkeit der Willenserklärung trotz eines etwaigen Verbots in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Plattform-Betreibers ergibt sich zum einen daraus, dass in der Nutzung eines Bietagenten keine unlautere Wettbewerbshandlung i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG zu sehen ist.124 Zum anderen hat sie auch keine negativen Auswirkungen auf das Bietverhalten der Nutzer. Es bleibt dabei, dass nach Zeitablauf ein Vertrag zwischen dem Anbieter und dem zuletzt Höchstbietenden zustande kommt, ohne dass es darauf ankommt, ob eine durch den Nutzer programmierte Software oder der Nutzer selbst durch die Betätigung einer Taste das Angebot abgibt.125 Alles andere würde der rechtlichen Einordnung der Computererklärung widersprechen (siehe oben Rn. 5ff.).
10. Haftung bei Internet-Versteigerungen
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Auch die Haftung des Plattformbetreibers als Diensteanbieter für Informationen kann bei Internet-Versteigerungen spezifische Rechtsfragen aufwerfen, weil es sich beispielsweise bei der angebotenen Ware um eine Fälschung handelt oder aber die Inhalte eines Bewertungsportals, auf denen das Liefer- und Zahlungsverhalten der Verkäufer und Käufer für jeden Nutzer einsehbar kommentiert werden, gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen.126 Klar ist, dass in erster Linie der Anbieter (Verkäufer) haftet. Es stellt sich aber die Frage, ob der Plattform-Betreiber aus seiner Funktion heraus für die durch Angebote erfolgenden Rechtsverletzungen mithaftet. Die Antwort richtet sich zum einen nach der konkreten Rechtsnorm, gegen die verstoßen wurde, zum anderen aber auch nach den Normen der §§ 7–10 TMG, welche die Haftung der Diensteanbieter für Informationen unter Umständen beeinflussen und damit Diensteanbieter privilegieren. Anwendbar sind diese Regelungen, da der Betreiber einer Versteigerungsplattform ein Diensteanbieter (§ 2 Nr. 1 TMG) ist und die Internetversteigerung einen Teledienst darstellt (§ 2 Nr. 4 TMG). Hier sind Entscheidungen des BGH ergangen, die die Haftung der Plattformbetreiber betreffen. Diese werden im Kapitel 10 „Haftung für Rechtsverletzungen im Internet“ (dort Rn. 93ff.) besprochen.
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Als Störer haftet nach Ansicht des OLG Stuttgart, wer seinen Zugang zu einer Versteigerungsplattform einem Dritten überlässt. Begeht dieser als Anbieter auf der Plattform Wettbewerbsverstöße, so haftet der nominell Zugangsberechtigte, auch wenn er keine Kenntnis von den Rechtverletzungen besitzt. Denn denjenigen, der einem Dritten ein Auftreten unter seinem Namen ermöglicht, treffen gesteigerte Prüfpflichten, was auf der Plattform unter seinem Namen geschieht. Bei Beachtung dieser Pflichten – so das OLG – hätte das wettbewerbswidrige Handeln verhindert werden können.127
11. Glücksspiel
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Internet-Glücksspiele und Online-Gewinnspiele erleben einen Boom. Auch die Gerichte sind seit geraumer Zeit mit derartigen Fällen konfrontiert. So hatte das VG Berlin128 über die Rechtmäßigkeit einer Untersagungsverfügung eines Berliner Bezirksamtes zu entscheiden, mit der ein Gastwirt daran gehindert werden sollte, unter denjenigen von mindestens 10.000 Mitspielern, die 9,99 € eingezahlt hatten, einen Pacht- und Gewerberaummietvertrag zu verlosen. Das VG Berlin kam zu dem Ergebnis, dass die Untersagung nach § 15 Abs. 2 S. 1 GewO rechtmäßig erfolgte. Die über mehrere Monate laufende Aktion, in der mehr als 10.000 Teilnahmetickets über das Internet erworben werden mussten, sei eine über eine gewisse Dauer angelegte gewerbsmäßige Tätigkeit von gewisser Erheblichkeit, sodass die Aktion wegen § 33d Abs. 1 S. 1 GewO hätte genehmigt werden müssen.
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Auch das OVG Nordrhein-Westfalen129 hatte die Werbung für Glücksspiele im Internet untersagt, weil sie gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV verboten seien; denn die Werbung weise auf eine öffentliche Glücksspielveranstaltung bzw. -vermittlung im Internet hin, die selbst ebenfalls gem. § 4 Abs. 4 GlüStV verboten sei. Das Gericht wies darauf hin, dass es der Betreiberin zuzumuten sei, unter Verwendung von Geolokalisationstechniken sicherzustellen, dass die verbotenen Inhalte in Gebieten, auf die sich die Verbotsverfügung erstrecke (hier: NRW), nicht abrufbar seien. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte entsprechend entschieden, dass die auf § 9 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 5 Abs. 3 GlüStV gestützte Untersagung der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet, soweit diese vom Gebiet des Freistaats Bayern aus abrufbar ist, gegenüber der Antragstellerin rechtmäßig erfolgt sei.130 Schon wegen der Ungenauigkeit der Geolokalisation stoßen die Entscheidungen auf Bedenken.131
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Eine Entscheidung des OLG Köln132 bestätigte eine Verfügung, nach der einer Internet-Glücksspielbetreiberin untersagt wurde, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs und ohne behördliche Erlaubnis Glücksspiele und/oder Sportwetten in einer näher bezeichneten Weise anzubieten und/oder zu bewerben. Weil die Betreiberin gleichwohl weiterhin über ihre Website Glücksspiele anbietet und bewirbt, wurde gegen sie bereits mehrfach ein Ordnungsgeld verhängt. In der hierauf folgenden Revisionsentscheidung hielt der BGH an seiner Linie fest und entschied, dass „die Bewerbung und Veranstaltung von Glücksspielen, d.h. insbesondere Sportwetten, Wetten auf Lotterieziehungen und Kasinospielen, im Internet durch (ausländische)