Handbuch Umwandlungsrecht. Andreas Kühn
Stichtag aufgestellt worden ist. Die Vorschrift gilt für die Aufspaltung und die Abspaltung (§ 125 UmwG) sowie die Vermögensübertragung (§§ 176, 177 UmwG) entsprechend.
Steuerlich sind das Einkommen und das Vermögen der übertragenden Körperschaft sowie des übernehmenden Rechtsträgers so zu ermitteln, als ob das Vermögen der übertragenden Körperschaft mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags ganz oder teilweise auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen wäre (§ 2 Abs. 1 UmwStG). Weitergehende Wirkungen entfaltet die Rückwirkungsfiktion nicht. Sie gilt insbesondere nicht für die Anteilseigner der übertragenden Körperschaft, sofern dieser nicht gleichzeitig übernehmender Rechtsträger ist. Sie gilt auch nicht für die Rechtsbeziehungen gegenüber Rechtsträgern, an denen die übertragende Körperschaft beteiligt ist, oder gegenüber sonstigen Dritten.
Anders als für den Rückbezug nach § 20 Abs. 6 UmwStG besteht für die Anwendung des § 2 UmwStG kein Wahlrecht.
Ist übernehmender Rechtsträger eine Personengesellschaft, gilt die steuerliche Rückwirkungsfiktion auch für das Einkommen und das Vermögen der Gesellschafter (§ 2 Abs. 2 UmwStG).
02.04 Der Übertragungsgewinn oder -verlust entsteht stets mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags. Dies gilt nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1–3 UmwStG auch für das Übernahmeergebnis i.S.d. § 4 Abs. 4–6 UmwStG sowie nach § 2 Abs. 2 UmwStG für die Einnahmen i.S.d. § 7 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Besteuerung des Übertragungsgewinns oder -verlusts, des Übernahmeergebnisses i.S.d. § 4 Abs. 4–6 UmwStG sowie der Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfolgt in dem Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in das der steuerliche Übertragungsstichtag fällt.
02.05 Mangels eines handelsrechtlichen Übertragungsvorgangs enthält § 9 UmwStG für den Formwechsel eine eigenständige steuerliche Rückwirkungsregelung.
02.06 Nach § 9 S. 3 UmwStG können die steuerliche Schlussbilanz sowie die steuerliche Eröffnungsbilanz für einen Stichtag aufgestellt werden, der höchstens acht Monate vor der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in das zuständige Register liegt. Das Einkommen und das Vermögen der Kapitalgesellschaft bzw. der Personengesellschaft sowie der Gesellschafter der Personengesellschaft sind so zu ermitteln, als ob das Vermögen der Kapitalgesellschaft mit Ablauf dieses Stichtags auf die Personengesellschaft übergegangen wäre. Rn. 02.03 und 02.04 gelten entsprechend.
02.07 Bei ausländischen Umwandlungen gelten die Rn. 02.01 bis 02.06 entsprechend. Der handelsrechtliche Umwandlungsstichtag kann z.B. bei einer Verschmelzung regelmäßig dem Verschmelzungsvertrag/-plan entnommen werden.
02.08 Für den Formwechsel einer ausländischen Kapitalgesellschaft in eine ausländische Personengesellschaft gilt ebenfalls die steuerliche Rückwirkungsfiktion des § 9 UmwStG. Der maßgebende Rückbeziehungszeitraum ergibt sich aus § 9 S. 3 UmwStG.
02.09 § 2 UmwStG enthält eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, dass Rechtsvorgänge mit steuerlicher Wirkung nicht rückbezogen werden können.
02.10 Der übertragende Rechtsträger besteht zivilrechtlich in der Zeit zwischen dem steuerlichen Übertragungsstichtag und der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister oder das jeweils im Ausland zuständige öffentliche Register (Rückwirkungszeitraum) fort. Steuerlich werden dem übertragenden Rechtsträger jedoch – soweit die Rückwirkungsfiktion vorbehaltlich des § 2 Abs. 3 UmwStG greift – kein Einkommen und kein Vermögen mehr zugerechnet.
02.11 Die steuerlichen Rückwirkungsfiktionen in § 2 Abs. 1 und § 9 Abs. 3 UmwStG setzen nicht voraus, dass der übernehmende Rechtsträger zum steuerlichen Übertragungsstichtag bereits zivilrechtlich besteht. So ist z.B. eine rückwirkende Verschmelzung zur Aufnahme möglich, auch wenn die aufnehmende Gesellschaft am steuerlichen Übertragungsstichtag zivilrechtlich noch nicht besteht. Die Steuerpflicht eines neu gegründeten übernehmenden Rechtsträgers beginnt unabhängig von der zivilrechtlichen Entstehung mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags.
02.12 Bei Übertragung des Vermögens auf eine Personengesellschaft gelten die Rückwirkungsfiktionen in § 2 Abs. 1 und § 9 Abs. 3 UmwStG auch für deren Gesellschafter (§ 2 Abs. 2 UmwStG). Ist der Gesellschafter wiederum eine Personengesellschaft ist insoweit auf die dahinterstehenden Gesellschafter abzustellen.
2.13 Ab dem handelsrechtlichen Übertragungsstichtag gelten die Handlungen des übertragenden Rechtsträgers als für Rechnung das übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen.
2.14 Für das Vorliegen eines Teilbetriebs kommt es auf die Verhältnisse zum steuerlichen Übertragungsstichtag an.
11. Grunderwerbsteuergesetz[272]
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Durch das Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums vom 22.12.2009 ist mit § 6a GrEStG eine lang ersehnte Befreiungsregelung für Fälle der Umwandlung im Konzern eingeführt worden.[273] Im Übrigen gibt es im GrEStG aber keine Sondervorschriften für Umwandlungsvorgänge. Vielmehr fällt im Falle der Vermögensübertragung grundsätzlich Grunderwerbsteuer an. Es gilt daher durch entsprechende Gestaltung den Anfall von Grunderwerbsteuer möglichst zu vermeiden oder zumindest auf ein notwendiges Maß zu reduzieren. Die seit 1.1.2011 in vielen Bundesländern erhöhten Grunderwerbsteuersätze tragen ihr Übriges dazu bei.[274]
Die grunderwerbsteuerliche Behandlung von Umwandlungsvorgängen wurde durch koordinierte Erlasse der Finanzverwaltungen erläutert.[275] Aus den Erlassen ergeben sich folgende wichtige Folgerungen:
- | Die Grunderwerbsteuer als Verkehrssteuer kommt nur bei den Umwandlungsvorgängen in Betracht, bei welchen der Rechtsträger wechselt. Beim Formwechsel kann daher wegen der Identitätswahrung keine Grunderwerbsteuer anfallen. Die in den §§ 9 und 25 UmwStG aufgestellte Fiktion des Rechtsträgerwechsels beim Formwechsel zwischen Kapital- und Personengesellschaft gilt ausschließlich für die Ertragsteuern und nicht für die Grunderwerbsteuer.[276] Dies gilt auch für den Wechsel der Rechtsform im Personengesellschaftsrecht nach HGB, insbesondere bei den Umwandlungen der GbR in eine vermögensverwaltende GmbH & Co KG, nicht jedoch in den Fällen der Anwachsung oder Abwachsung durch Ein- oder Austritt von Gesellschaftern einer Personengesellschaft, was im Ergebnis auch zu einem Rechtsformwechsel führen kann. |
- | Bei den vermögensübertragenden Umwandlungsarten des UmwG ist der Umwandlungsvorgang gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtig, soweit hierdurch an inländischen Grundstücken ein Rechtsträgerwechsel stattfindet. Da der Umwandlung kein Rechtsgeschäft vorangeht, das den Anspruch auf Übereignung begründet, ist im Erlass jeweils der für die Entstehung der Steuer maßgebliche Zeitpunkt angegeben. |
- | Die im UmwStG ermöglichte Rückwirkung auf einen steuerlichen Übertragungsstichtag findet im Grunderwerbsteuerbereich keine Anwendung. |
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Für die Bewertung gilt nach § 8 Abs. 2 GrEStG der nach § 138 Abs. 2 und 3 BewG zu ermittelnde Bedarfswert. Dabei ist zu beachten, dass für den Umfang des übertragenen Grundbesitzes die zivilrechtliche Zuordnung zum übertragenden Rechtsträger bzw. zum übertragenen Vermögen im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer und nicht die grunderwerbsteuerliche Zuordnung des Grundbesitzes maßgeblich ist.[277] So gehört grunderwerbsteuerrechtlich ein Grundstück bereits zum Vermögen einer Gesellschaft, wenn sie einen Übereignungsanspruch aufgrund Verpflichtungsgeschäft in Bezug auf dieses erworben hat und es ihr aufgelassen wurde,[278] zivilrechtlich hat sie zu diesem Zeitpunkt jedoch nur ein Anwartschaftsrecht und noch nicht das Volleigentum. Teilweise wird vertreten, dass Grundstücke, welche noch im Eigentum der übertragenden Gesellschaft stehen, welche jedoch dem für den Umwandlungsvorgang maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der Grunderwerbsteuer bereits |