Beschäftigte im Öffentlichen Dienst II. Alexander Block

Beschäftigte im Öffentlichen Dienst II - Alexander Block


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Pflichten, soweit die Arbeitsbefreiung gesetzlich vorgeschrieben ist und soweit die Pflichten nicht außerhalb der Arbeitszeit, ggf. nach ihrer Verlegung wahrgenommen werden können, besteht der Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts insoweit, als Beschäftigte nicht Ansprüche auf Ersatz des Entgelts geltend machen können.

      Von der Regelung erfasst wird etwa die Tätigkeit als Wahlhelfer, als ehrenamtlicher Richter in der Arbeitsgerichtsbarkeit, als Schöffe in der Strafgerichtsbarkeit oder als Zeuge.

      Wird dem Beschäftigten für die Wahrnehmung seiner staatsbürgerlichen Pflichten ein Entgelt gewährt, so enthält die Tarifnorm die Verpflichtung, den Erstattungsbetrag an den Arbeitgeber abzuliefern, da dieser das Entgelt fortzahlt und eine Doppelbezahlung vermieden werden soll.

      Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sieht das BMI vor, dass das Entgelt bei Tätigkeiten als ehrenamtlicher Richter, Schöffe oder Zeuge für die Dauer der zeitlichen Inanspruchnahme bei erteilter Arbeitsbefreiung abweichend von § 29 Abs. 2 TVöD nach § 21 TVöD außertariflich fortgezahlt wird.

      Damit entfallen zugleich die Voraussetzungen einer Entschädigung für Verdienstausfall nach den §§ 18 und 22 JVEG. Lediglich die in § 16 JVEG enthaltene Entschädigung für Zeitversäumnis darf noch geltend gemacht werden.

      Gibt der Beschäftigte gegenüber dem Gericht wahrheitswidrige Angaben über sein Entgelt ab und macht sowohl die Entgeltfortzahlung als auch die zusätzliche Entschädigung geltend, kommt eine Strafbarkeit wegen Betrugs in Betracht.

      126

      Die Generalklausel des § 29 Abs. 3 TVöD ermöglicht zwei Fälle von Arbeitsbefreiung:

       Absatz 3 S. 1: Arbeitsbefreiung in sonstigen dringenden Fällen:

      bis zu drei Arbeitstagen

      Die Arbeitsbefreiung wird unter Fortzahlung des Entgelts gewährt. Die bezahlte Freistellung wird nur gewährt, soweit der Anlass nicht unter die in Absatz 1 geregelten Sachverhalte fällt oder gerade nicht fallen soll (wie etwa der Umzug aus privaten Gründen). Es bedarf daher einer wirklichen Ausnahmesituation, um die Arbeitsbefreiung begründen zu können.

      Der Arbeitgeber hat hierüber im Einzelfall eine Entscheidung im Rahmen des billigen Ermessens nach § 315 BGB unter Einbeziehung der wechselseitigen Interessen zu treffen.

      Regelmäßig wird der Beschäftigte zunächst gehalten sein, Erholungsurlaub nach § 26 TVöD zu beantragen oder positive Arbeitszeitsalden zu nutzen.

      Beispiele

      Hochwasser, Brand, extremer Schneefall, fehlende Betreuung von Kindern unter 12 Jahren während der sog. Corona-Krise bei besonderen Härtefällen.

       Absatz 3 S. 2: Arbeitsbefreiung in begründeten Fällen:

      kurzfristige Arbeitsbefreiung

      127

      Unter Verzicht auf das Entgelt kann dem Beschäftigten kurzfristige Arbeitsbefreiung erteilt werden, wenn die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse es gestatten.

      Auch insoweit handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Arbeitgebers, jedoch ist der Freistellungsanspruch als unbezahlter bereits zu gewähren, wenn vernünftige, nachvollziehbare dienstliche oder betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.

      Wie der Protokollnotiz zu Absatz 3 Satz 2 zu entnehmen ist, können hierzu auch Anlässe gehören, für die nach Absatz 1 kein Anspruch besteht, wie etwa der Umzug aus privaten Gründen oder die über Absatz 1 hinausgehende Arbeitsbefreiung wegen Krankheit eines zu pflegenden Kindes. Anzuerkennen ist ebenfalls die Eheschließung des Beschäftigten, der Tod der Großeltern, Schwiegereltern, Stiefeltern und Geschwister, Taufe, Erstkommunion, Konfirmation und Firmung eines Kindes und silberne Hochzeit des Beschäftigten.

      Kurzfristig i.S.d. § 29 Abs. 3 S. 2 TVöD wird eine Freistellung sein, soweit diese dem in Absatz 1 benannten Umfang entspricht.

      In der Praxis kommt Absatz 3 keine große Bedeutung zu, da die Hürde für Satz 1 entsprechend hoch ist und Satz 2 kaum von den Beschäftigten begehrt wird, da diese auf das Entgelt verzichten müssen.

      128

       Absatz 4 Satz 1: Arbeitsbefreiung für die Teilnahme an gewerkschaftlichen Tagungen:

      bis zu acht Werktage im Jahr

      Unter Fortzahlung des Entgelts kann Gewerkschaftsvertretern für die Teilnahme an Tagungen Arbeitsbefreiung gewährt werden, sofern nicht dringende dienstliche Interessen entgegenstehen. Diese Kann-Bestimmung setzt wiederum eine ermessenfehlerfreie Entscheidung des Arbeitgebers voraus.

      Den Antrag auf Arbeitsbefreiung hat nicht etwa die das Mitglied anfordernde Gewerkschaft, sondern der gewählte Vertreter selbst zu stellen.

      Nicht erfasst vom Begriff der Tagungen i.S.d. Vorschrift sind gewerkschaftliche Schulungsveranstaltungen. Ebenso wenig fallen die Teilnahme an einer Demonstration oder Werbeveranstaltungen hierunter.

      129

       Absatz 4 Satz 2: Arbeitsbefreiung für die Teilnahme an Tarifverhandlungen:

      ohne zeitliche Begrenzung

      Auf Anfordern einer der vertragsschließenden Gewerkschaften kann dem Beschäftigten unter Fortzahlung des Entgelts Arbeitsbefreiung zur Teilnahme an Tarifverhandlungen erteilt werden.

      Im Gegensatz zur Teilnahme an Tagungen können dienstliche Interessen nicht entgegengehalten werden wie auch die Dauer zeitlich unbegrenzt ist.

      Nicht umfasst werden hiervon allerdings gewerkschaftsinterne Vor- oder Nachberatungen.

      130

      Stehen dringende dienstliche oder betriebliche Interessen nicht entgegen, kann zur Teilnahme in Prüfungs- und Berufsbildungsausschüssen sowie Tätigkeiten für Organe von Sozialversicherungsträgern Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts nach § 29 Abs. 5 TVöD gewährt werden. Es bedarf auch hierbei einer Ermessensentscheidung nach § 315 BGB.

      131

      Wie bereits erwähnt, können weitergehende Arbeitsbefreiungstatbestände, soweit nicht ausdrücklich in § 29 TVöD erwähnt, den Tarifbeschäftigten nicht gewährt werden.

      Da sich jedoch herausgestellt hat, dass es darüber hinausgehende förderungswürdige Anwendungsfälle für eine Freistellung gibt, hat das BMI mit Rundschreiben vom 20.7.2016 – D5-31001/7#18 – die entsprechende Anwendung der SUrlV der Beamten hinsichtlich einzelner Fallkonstellationen gebilligt.

      Im Gegensatz zu dem tarifierten Begriff der Freistellung verwendet die SUrlV den des Sonderurlaubs, der inhaltlich jeweils eine Freistellung unter Fortzahlung der Besoldung bzw. in analoger Anwendung des Entgelts erfasst.

      Bedeutsam hinsichtlich der SUrlV ist der Hinweis auf die in § 24 SUrlV vorgesehene Option des Widerrufs der Arbeitsbefreiung, soweit dies aus zwingenden dienstlichen Gründen erforderlich ist, diese zweckentfremdet genutzt wird oder andere, vom Beschäftigten zu vertretende Gründe dies erfordern.


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