Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов
Grundsätze des Verfahrens
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Verfahrensstandards und Kodifizierungsbemühungen
Für die EU-Eigenverwaltung gibt es derzeit noch keine Kodifikation des von ihr anzuwendenden allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts. Bestrebungen zu einer allgemeinen EU-(Eigen)Verwaltungsverfahrensverordnung gibt es bereits[100] und wurden von wissenschaftlicher Seite begleitet durch den ReNEUAL-Vorschlag.[101] Punktuell finden sich bereits Regelungen, etwa hinsichtlich der von dezentralen Agenturen einzuhaltenden Verfahren, wenn sie mit Entscheidungsbefugnissen dem Einzelnen gegenüber ausgestattet sind. Unbeschadet solcher bereichsspezifischer Regelungen haben sich auch für das Verfahren und die Anwendung insbesondere von Eingriffsbefugnissen bereits frühzeitig aus den Garantien des Unionsrechts für das Verwaltungsverfahren allgemeine Standards und Anforderungen herausgebildet, die Teil der allgemeinen Rechtsgrundsätze der EU sind und sich insbesondere als Ausfluss von Grundrechten und rechtsstaatlichen Bindungen der Eigenverwaltung erweisen. Sie wurden vom EuGH auch im Hinblick auf die Erfordernisse seiner Rechtsschutzfunktion entwickelt, um Beurteilungsspielräume der Kommission zumindest an Verfahrensanforderungen messen zu können. So kann der EuGH prüfen, ob die für die Wahrnehmung des Beurteilungsspielraums maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben.
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Untersuchungsgrundsatz
In Zusammenhang mit dem Grundsatz einer effizienten und unparteiischen Verwaltung[102] steht der Grundsatz, dass für Verwaltungsverfahren der EU grundsätzlich die Untersuchungsmaxime gilt, wonach die Europäische Verwaltung die für ihre Sachentscheidung erforderlichen Informationen und Aspekte sorgfältig und unparteiisch untersucht und einbezieht.[103] Europäische Verwaltungsverfahren sind daher vom Untersuchungs-/Amtsermittlungsgrundsatz bestimmt, der eine Sorgfaltspflicht in der Sachverhaltsermittlung und der anschließenden Ermessensausübung erfordert. Demgemäß liegt die Beweislast für belastende Maßnahmen grundsätzlich bei der Behörde.[104] Dies schließt nicht aus, dass die fehlende Mitwirkung eines Betroffenen zu einer Entscheidung aufgrund der vorhandenen Informationen führt.[105] Die aus dem Untersuchungsgrundsatz folgende Pflicht zur Sachverhaltsklärung wird unterstützt durch Partizipation: Denn die insoweit sekundärrechtlich vorgesehenen Instrumente der Anhörung und Stellungnahmerechte in bestimmten Verwaltungsverfahren (etwa im Wettbewerbs- und Außenwirtschaftsrecht) dienen der Informationsversorgung.[106]
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Wahrung der Verfahrens- und Verteidigungsrechte
Zu den tradierten Verfahrensgrundsätzen gehört generell die Wahrung der Rechte der von einem Verfahren Betroffenen, insbesondere das Recht, sich in der eigenen Sprache an die Organe zu wenden (Art. 41 Abs. 4 GRCh), und die Rechte der Verteidigung in Verfahren, die zu einer belastenden Entscheidung führen können (Art. 48 Abs. 2 GRCh; das gilt nicht nur in strafrechtlichen Verfahren[107]). Darunter zählt das Recht der Betroffenen, ihren Standpunkt zu Gehör zu bringen und zu einer beabsichtigten Entscheidung Stellung zu beziehen (Art. 41 Abs. 2 lit. a GRCh). Das rechtliche Gehör schließt auch ein Recht auf Akteneinsicht ein (Art. 41 Abs. 2 lit. b GRCh). Das allgemeine Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Verwaltung ist Teil der grundsätzlichen Transparenzverpflichtung, während der Anspruch auf rechtliches Gehör gerade der Wahrung der Verteidigungsrechte dient.
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Begründungspflicht
Den Verfahrensrechten zuzurechnen ist der Anspruch auf eine ausreichende Begründung der Entscheidung, wie es nun als subjektives Recht aus dem Recht auf gute Verwaltung folgt (Art. 41 Abs. 2 lit. c GRCh). Ein objektives Begründungsgebot war seit jeher Teil des Unionsrechts (nun Art. 296 AEUV). Die Begründung muss die Überlegungen der Behörde so klar und unzweideutig wiedergeben, dass der von der Maßnahme Betroffene zur Wahrnehmung seiner Rechte die tragenden Gründe dafür erkennen und dass auch gerichtliche Kontrolle ausgeübt werden kann.[108]
4. Aufsicht
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Institutionen
Das Grundprinzip der Verantwortlichkeit wird umgesetzt unter anderem durch Aufsicht[109], deren Strukturen auch demokratisch-legitimatorischen und rechtsstaatlichen Zwecken dienen. Die allgemeinste Aufsichtsfunktion ist der Kommission eingeräumt (Art. 17 Abs. 1 S. 3 EUV), und sie ist nicht beschränkt auf die Aufsicht über den nationalen Vollzug. EU-Institutionen unterliegen – neben einigen Mechanismen der internen Eigenkontrolle[110] – ferner der Verwaltungskontrolle durch spezifische unabhängige Stellen, die die Einhaltung des Rechts durch die EU-Verwaltung sicherstellen, aber teilweise auch darüber hinausgehende Funktionen wahrnehmen wie Beratung oder Wahrung der Rechte Einzelner.[111] Insoweit sind als Einrichtungen der Eigenkontrolle das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF), als Einrichtungen der Fremdkontrolle der Europäische Rechnungshof, die Menschenrechtsagentur, der Europäische Bürgerbeauftragte (Art. 228 AEUV) und der Europäische Datenschutzbeauftragte zu nennen. Des Weiteren übt die Kommission selbst Aufsicht über die Agenturen der EU aus.[112] Andererseits untersteht die Kommission in ihrer Verwaltungstätigkeit selbst mitgliedstaatlicher Aufsicht in den Komitologieausschüssen.[113]
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Strukturen und Instrumente
Die Aufsichtsbeziehungen sind detailliert geregelt im einschlägigen Sekundärrecht – das weite Gestaltungsermessen insoweit hat der EuGH anerkannt[114] –, so dass sich insgesamt eine komplexe und diverse Struktur der Aufsicht über die EU-Eigenverwaltung ergibt.[115] Die Instrumente der Aufsicht sind sehr unterschiedlich und schließen ex ante und ex post bindende wie unverbindliche Maßnahmen und Untersuchungsbefugnisse[116] ein. So kann die Kommission interne Verwaltungsvorschriften oder Verwaltungsschreiben erlassen oder nimmt (Rechenschafts-)Berichte entgegen. Letztlich können auch Instrumente der Selbstkontrolle wie etwa die der Kommission auferlegten Konsultationspflichten und Impact Assessments hierzu gezählt werden.
1. Rechtsquellen
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Primär-, Sekundär-, Tertiärrecht
Wie erläutert, ist das Eigenverwaltungsrecht der EU in seinen Grundzügen im Primärrecht niedergelegt; ferner gibt es insoweit ungeschriebene allgemeine Rechtsgrundsätze des Unionsrechts. Das Eigenverwaltungsrecht findet seine Grundlage aber hauptsächlich im Sekundärrecht. Regelmäßig handelt es sich dabei um in den EU-Gesetzgebungsverfahren erlassene Verordnungen und, eher weniger, Richtlinien, die der Kommission bestimmte Verwaltungsaufgaben zuweisen oder die konkret Einrichtungen der EU gründen, ihre Aufgaben und Befugnisse festschreiben und die einschlägigen Verfahrensregeln verankern. Dadurch werden die allgemeinen Grundsätze auch bereichsspezifisch ausgestaltet. Auf dieser Grundlage werden häufig weitere Regelungen in einschlägigen delegierten Rechtsakten und in Durchführungsrechtsakten erlassen, letzteres regelmäßig in Form von Beschlüssen der Kommission. Eine erhebliche Bedeutung im Eigenverwaltungsrecht hat die exekutive Rechtsetzung nach Art. 290 und Art. 291 Abs. 2 AEUV durch die Kommission und ausnahmsweise den Rat. Bei dieser exekutiven Rechtsetzung der Kommission wirken teilweise dezentrale Agenturen vorbereitend mit. Doch kommen ihnen auch begrenzte eigene exekutive Rechtsetzungsbefugnisse nach Art von Durchführungsbeschlüssen gemäß Art. 291 Abs. 2 AEUV zu.[117] Eine weitere Rechtsquelle sind interinstitutionelle Vereinbarungen (Art. 295 AEUV). Für das EU-Eigenverwaltungsrecht ist insoweit die Vereinbarung über Bessere Rechtsetzung zentral, weil sie – zusammen mit ihrer jüngsten Ergänzung – nähere Regelungen für den Erlass von Durchführungs- und delegierten Rechtsakten durch die Kommission enthält.[118]
2. Handlungsformen
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Traditionelle Rechtsaktsformen
Entsprechend dem allgemeinen Katalog der Rechtsakte in Art. 288 AEUV findet man auch im EU-Eigenverwaltungsrecht