Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов
Gründen viel dafür, bei der Anerkennung neuartiger Rechtsquellen zurückhaltend zu verfahren. Neuartige oder hybride Rechtsquellen müssen auch neue Rechtsfragen aufwerfen. Die hiermit verbundenen Anpassungsprobleme gilt es gegen die Vorteile größerer Passgenauigkeit neuer Formen der Rechtssetzung abzuwägen. Im Binnenbereich der Verwaltung spricht viel dafür, nicht von einem abschließend definierten Kanon der Rechtsquellen auszugehen. Problematisch ist das Außenverhältnis zum Bürger, weil der rechtsstaatlichen Formenklarheit auch eine machtbegrenzende Funktion zukommt.[277] Prüfstein für die Anerkennung eines neuen Normtypus muss das Legitimationsniveau des Art. 80 Abs. 1 GG sein. Jenseits des Sonderfalles des Sozialversicherungsrechts[278] dürften daher kaum Spielräume für weitere Rechtsquellen verbleiben.
V. Rechtsformenwahl und Regelungsdichte
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Wahl der Rechtsquelle
Aus dem Nebeneinander verschiedener Formen der Rechtserzeugung innerhalb eines Rechtskreises folgt nicht, dass dieses Differenzierungspotenzial auch vollumfänglich ausgeschöpft werden muss. Eine Regelung, die auch auf einer niederen Rangstufe in Kraft gesetzt werden könnte, kann auch auf einer höheren Ebene normiert werden. Wenn neuere verfassungsändernde Gesetze das GG mit Detailfragen überfrachten (z. B. Art. 16a GG, 91e GG), mag dies die Verfassungsfunktion beeinträchtigen, ist aber verfassungsrechtlich irrelevant.[279] In umgekehrter Richtung bleiben bestimmte Regelungen höherrangigen Normebenen vorbehalten oder müssen doch in einer höherrangigen Ebene vorgezeichnet sein. Tertiärrecht (Art. 290, 291 AEUV) kann nur erlassen werden, soweit sich die Unionsorgane hierfür auf eine ausreichende Rechtsgrundlage auf Ebene des Sekundärrechts stützen können. Entsprechendes gilt für das Verhältnis von Rechtsverordnungen (Art. 80 Abs. 1 GG) und Satzungen zum einfachen Gesetzesrecht.
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Regelungsdichte
Eng hiermit verwandt ist die Frage nach der Detaildichte der erlassenen Normen.[280] Hier hat sich die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes mit dem Bestimmtheitsgrundsatz verschränkt. Im Sicherheitsrecht ist bei heimlichen Grundrechtseingriffen beispielsweise eine normenklare und bereichsspezifische Regelung gefordert,[281] die den Sicherheitsbehörden noch geringe Spielräume für eine Selbstprogrammierung offen lässt. Das als Zugewinn an demokratischer Legitimation zu feiern, greift zu kurz. Die Legitimation, die die parlamentarisch-gubernative Rechtssetzung vermitteln kann, ist keine unerschöpfliche Ressource. Wenn es der parlamentarisch-gubernativen Regelungsebene verwehrt wird, sich auf Grundsatzfragen zu beschränken, droht die Problemlösungskapazität des parlamentarischen Verfahrens überdehnt zu werden. Die Folge sind „parlamentslose“ Parlamentsgesetze,[282] in denen selbst die Fachausschüsse darauf beschränkt bleiben, die mit Detailregelungen überfrachteten Gesetzentwürfe durchzuwinken.
I. Rechtmäßigkeitsanforderungen
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Höherrangiges Recht als Prüfstein der Rechtmäßigkeit
Das Urteil über die Rechtmäßigkeit einer Rechtsnorm ist davon abhängig, ob die Rechtmäßigkeitsanforderungen erfüllt sind, die sich aus den übergeordneten Rechtsebenen ergeben.[283] Üblicherweise wird zwischen formellen und materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen differenziert. Im Grundsatz lässt sich dieses Gliederungsschema auch auf die ungeschriebenen Rechtsquellen übertragen.
1. Formelle Rechtmäßigkeitsanforderungen
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Formelle Rechtmäßigkeit
Bei den formellen Rechtmäßigkeitsanforderungen hat sich eine Dreiteilung durchgesetzt, die nach Kompetenz, Verfahren und Form unterscheidet. Beim Richterrecht als der zentralen ungeschriebenen Rechtsquelle ergeben sich diese Anforderungen aus den geltenden Verfahrensordnungen.
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Kompetenz
Die Gesetzgebungskompetenzen sind ein Spiegel der politischen Aktionsräume der Akteure der Normsetzung. Dies ist in gestuften Rechtsordnungen keine Quantité négligeable. Nur wenn die Kompetenzordnung strikte Beachtung findet, ist sichergestellt, dass politische Verantwortung klar zugerechnet werden kann. Dies umzusetzen, fällt schwer, wenn die Normsetzungsbefugnisse auf den verschiedenen Ebenen nach unterschiedlichen Ordnungsprinzipien verteilt werden. Dies zeigt sich mit besonderer Deutlichkeit bei den Grundrechten (Art. 1–19 GG, Art. 101–104 GG, GRCh), aber auch den Grundfreiheiten des Unionsrechts. Ihr potenziell universeller (wertbezogener) Geltungsanspruch, der in ihrem Prinzipiencharakter wurzelt, liegt quer zu den eher nach Politikbereichen geordneten Kompetenzkatalogen des AEUV und des GG. Die Folge sind vielfältige Interventionen des Richterrechts in nahezu sämtliche Politikbereiche.[284]
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Verfahren
Verfahrensrechtliche Anforderungen beziehen sich auf den Ablauf des Rechtssetzungsverfahrens und das Zusammenspiel der daran beteiligten Akteure. Inwieweit eine Norm das ihr innewohnende Legitimationspotenzial auszuschöpfen vermag, ist entscheidend vom Faktor Zeit und den in die Rechtssetzung eingehenden personellen wie sachlichen Ressourcen abhängig. Die Akzeptanz einer Norm (förmliches Gesetz, Richterrecht) korreliert im Allgemeinen damit, wie sorgfältig sie ausgearbeitet und begründet worden ist. Beides ist mit häufig übersehenen Opportunitätskosten verbunden, weil auch Ressourcen, die dem „Gesetzgeber“ zur Verfügung stehen, nicht beliebig vermehrt werden können.
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Form
Die Beachtung der Form sichert die Authentizität und die Zugänglichkeit des gesetzten Rechts. Dies ist bei den primären Rechtsquellen in der Regel unproblematisch, obwohl sich auch hier – beim sog. Redaktionsversehen – Fragen stellen können, welche textliche Fassung verbindlich ist.[285] Deutlich schwieriger ist es, das geltende Richterrecht zu bestimmen. Hier leisten Leitsätze eine wichtige Hilfestellung, die aber häufig interpretationsbedürftig sind und dann unter Rückgriff auf die Entscheidungsgründe konkretisiert werden müssen.[286]
2. Materielle Rechtmäßigkeitsanforderungen
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Vereinbarkeit mit Vorgaben des höherrangigen Rechts
Prüfstein der materiellen Rechtmäßigkeit sind die inhaltlichen Vorgaben der höherrangigen Normebenen (Vorrang der Verfassung, Vorrang des Gesetzes, Vorrang des Primärrechts).[287] Diese einzuhalten, wird umso eher zum Problem, je deutungsoffener die Normtexte des höherrangigen Rechts abgefasst sind. Damit steigt auch das Risiko, dass sie richterrechtlich in einer Weise konkretisiert werden, die bei der Normsetzung auf den untergeordneten Ebenen noch nicht berücksichtigt werden konnte. Besondere Schwierigkeiten sind hier mit dem Prinzipiencharakter der rechtlichen Grundordnungsebene verbunden. Konfligierende Prinzipien müssen durch Vorrangregeln im Wege praktischer Konkordanz zum Ausgleich gebracht werden.[288] Dies kann nur über eine Präjudizienbindung gelingen, die Pfadabhängigkeiten begründet.[289]
II. Fehlerfolgen
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Nichtigkeitsdogma und Vernichtbarkeit
Die Fehlerfolgenlehre von Rechtsnormen wird durch zwei Grundpositionen abgesteckt.[290] Nach dem Nichtigkeitsdogma ist die rechtswidrige Norm ipso iure unwirksam und vermag keinerlei Rechtswirkungen zu entfalten. Denkbar erscheint es aber auch, von der bloßen Vernichtbarkeit der rechtswidrigen Norm auszugehen. Die Norm bleibt solange wirksam, bis sie durch den Gesetzgeber selbst aufgehoben oder durch Richterspruch vernichtet wird. Diese Auffassung hat den Vorzug, den Widerspruch zwischen rechtlicher Geltung im Außenbereich und soziologischer Geltung sowie der Normgeltung im Binnenbereich zu vermeiden, mit dem sich das Nichtigkeitsdogma konfrontiert sieht. Bis