Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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Die verschiedenen Normtypen stehen für unterschiedliche Modi der Rechtserzeugung. Unterscheidungskriterien sind ihre Stabilität (z. B. Primärrecht, Sekundärrecht, flexibles Tertiärrecht), ihr Niveau demokratischer Legitimation (z. B. verfassungsänderndes Gesetz, einfaches Gesetz, Rechtsverordnung), der in die Regelung eingehende Sachverstand, die Transparenz der Normsetzung, die Flexibilität sowie die (örtliche) Sachnähe. Damit bietet das Nebeneinander die Chance, Verfahren, Akteure sowie den in die Normsetzung eingehenden Sachverstand der jeweiligen Materie anzupassen. Die Pluralität der Rechtsquellen ist deshalb kein Webfehler der Rechtsordnung, sondern Ausdruck unterschiedlicher Regelungsbedürfnisse.[136] Ungeachtet aller Unterschiede im Detail zeichnen sich rechtskreisübergreifend verschiedene Modi der verwaltungsrechtlichen Rechtserzeugung ab, die allerdings unterschiedlich akzentuiert sind.[137]

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      Bestimmung der Rechtsquelle

      In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle bereitet die Bestimmung der Rechtsquelle keine besonderen Schwierigkeiten. Die Verfahren der Normsetzung sind bei den primären Rechtsquellen hochgradig formalisiert. Letzter Akt ist die Verkündung in einem Gesetzes- oder Amtsblatt, sodass sich der Rang unschwer bestimmen lässt. Nicht möglich ist dies hingegen bei den ungeschriebenen Rechtsquellen, wie etwa dem Gewohnheitsrecht. Auch diese sind aber einer konkreten Rechtsschicht zuzuordnen. Für die Einordnung ist zu überlegen, auf welcher Ebene eine entsprechende Regelung im Wege eines förmlichen Gesetzgebungsverfahrens getroffen worden wäre.[138] Ungeschriebenes Recht kann sich in allen Rechtskreisen und in allen Rechtsschichten bilden. Brisanz kommt diesem Befund insbesondere für die richterliche Auslegung und Fortbildung des Primärrechts sowie des Verfassungsrechts zu, weil Richterrecht nur durch die Rechtsprechung selbst oder im Wege der Vertrags- bzw. Verfassungsrevision verändert werden kann. Wenn Form und Inhalt einer Regelung auseinanderfallen, ist der entsprechende Rechtsakt rechtswidrig, also wenn beispielsweise anstatt eines Gesetzes unter Missachtung des Vorbehalts des Gesetzes eine Rechtsverordnung erlassen wird[139] oder eine abstrakt-generelle Regelung nicht im Wege einer Rechtsverordnung, sondern durch Allgemeinverfügung getroffen wird.[140] Unterschiedlich beurteilt wird, welche Konsequenz eine Divergenz von Form und Inhalt für den Rechtsschutz hat.[141]

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      Widerspruchsfreiheit und Einheit der Rechtsordnung

      Der Funktion der Rechtsquellenlehre, Normkollisionen aufzulösen, entspricht das Axiom der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Innerhalb eines Rechtskreises kann nicht etwas zugleich durch die eine Rechtsnorm erlaubt und durch die andere Rechtsnorm verboten sein.[142] Das Axiom gilt allerdings nur auf Regel- und nicht auf Prinzipienebene. Wertungswidersprüche in verschiedenen Teilen der Rechtsordnung sind nichts Ungewöhnliches.[143] Das Rechtssystem muss sie aushalten, weil sie Kehrseite der (begrenzten) Autonomie der Regelungsebenen bzw. der Herrschaft auf Zeit sind. Äußerste Grenzen setzt hier allein ein Verbot der Beeinträchtigung von Zielsetzungen anderer Teilrechtsordnungen.[144] Die Rechtsquellenlehre vermeidet Normkollisionen auf Regelebene, indem sie verschiedene Konkordanzmuster ausgebildet hat. Dabei ist zwischen Kollisionen gleichrangiger Normen und Normkollisionen auf unterschiedlichen Ebenen zu differenzieren.[145]

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      Stufenbau der Rechtsordnung

      Das wohl wirkmächtigste Konzept, Normkollisionen aufzulösen, führt auf das Konzept des Stufenbaus der Rechtsordnung[146] zurück. Von Hans Kelsen ist dieses wie folgt beschrieben worden: „Die Rechtsordnung ist … nicht ein System von gleichgeordneten, gleichsam nebeneinander stehenden Rechtsnormen, sondern eine Stufenordnung verschiedener Schichten von Rechtsnormen.“[147] Zwischen diesen Stufen besteht ein hierarchischer Zusammenhang. Nur wenn alle Bedingungen der Ermächtigungsnorm erfüllt sind, kann eine Norm der jeweiligen Rechtsordnung zustande gekommen sein.[148] Das Modell erklärt die Unwirksamkeit der niederrangigen Norm damit, dass die Rechtserzeugungsregeln einer höherrangigen Norm missachtet worden sind.[149] Darüber hinaus kann auch eine Kollision gleichrangiger Normen über das Stufenmodell aufgelöst werden. Möglich ist dies unter der Annahme, dass in der jeweiligen Rechtserzeugungsnorm eine (höherrangige) Vorrangregel eingebaut ist.

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      Polyzentrische Rechtsordnungen

      Nicht weiterzuhelfen vermag das Stufenbild, wenn in polyzentrischen Rechtsordnungen zwischen den konfligierenden Normen kein sie verbindender Rechtserzeugungszusammenhang besteht. Von Polyzentralität ist prima facie im Verhältnis von Völkerrecht und nationalem Recht auszugehen. Ob sich Völkerrecht gebildet hat, beurteilt sich nach seinen eigenen Maßstäben und nicht nach denen des nationalen Rechts. Umgekehrt kann das nationale Recht nicht aus dem Völkerrecht abgeleitet werden. Deshalb kann eine Norm in beiden Rechtskreisen unterschiedlich, nämlich einmal als rechtmäßig und einmal als rechtswidrig eingeordnet werden. Vergleichbare Fragen stellen sich auch im Verhältnis von Außenrecht und dem staatlichen Binnenrecht.[150]

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      Unionsrecht und deutsches Recht

      Das Verhältnis des Unionsrechts zum deutschen Recht lässt sich bruchlos weder in das eine noch in das andere Modell einordnen.[151] Dies gilt sowohl aus Sicht des BVerfG wie auch für die abweichende Position des EuGH. Für das BVerfG steht das Unionsrecht in einem Rechtserzeugungszusammenhang, der im nationalen Recht wurzelt.[152] Zur Ausübung von Hoheitsgewalt in Deutschland sind die Organe der Union daher nur insoweit ermächtigt, als sie die Grenzen einhalten, die durch die deutsche Integrationsermächtigung gesetzt sind (Art. 23 GG). Rechtsakte, die darüber hinausgehen, können in Deutschland keine Rechtswirkungen entfalten.[153] Mit diesen Einschränkungen setzt sich aber das Unionsrecht generell gegenüber dem nationalen Recht durch und entfaltet auch gegenüber Verfassungsrecht Anwendungsvorrang. Damit wird die Normhierarchie legitimatorisch quasi auf den Kopf gestellt. Im Normfall ist Unionsrecht dem nationalem Recht übergeordnet, leitet seine Legalität und Legitimität aber aus dem nationalen Recht ab. Aus Sicht des EuGH kann nationales Recht dagegen nur in dem Rahmen Rechtswirkungen entfalten, den das höherrangige Unionsrecht lässt.[154] Das Unionsrecht stellt damit eine emergente Ordnung dar, die sich von ihrem Entstehungskontext abgelöst hat. Abweichend vom tradierten Stufenmodell besteht zwischen dem Unionsrecht und dem nationalen Recht kein Rechtserzeugungszusammenhang, sodass das Stufenmodell mit polyzentrischen Elementen angereichert wird.

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      Normativer Charakter der Rechtsquellenlehre

      Die Rechtsquellenlehre, die über die Anerkennung von Geltungsansprüchen befindet, hat selbst normativen Charakter. Ähnlich wie andere Bereiche der juristischen Methodenlehre[155] ist sie in den verschiedenen Rechtskreisen nur in Teilen kodifiziert (z. B. Art. 288 AEUV, Art. 6 Abs. 1 und 3 EUV). Art. 31 GG statuiert den Vorrang des Bundes- vor dem Landesrecht. Die sich jenseits der kodifizierten Rechtsquellenregeln eröffnende Lücke wird durch Gewohnheitsrecht bzw. allgemeine Rechtsgrundsätze geschlossen. Auch das Rechtsquellenrecht ist nicht autointerpretativ, sondern darauf angewiesen, richterrechtlich konkretisiert zu werden. Mangels eines gemeinsamen Höchstgerichts ist es daher auch nicht ausgeschlossen, dass Rangfragen von den Höchstgerichten ihres Rechtskreises unterschiedlich beantwortet werden.

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      Unterschiedliche Modi der Rechtserzeugung

      Bei der Normsetzung lassen sich zwei grundlegend unterschiedliche Modi der Rechtserzeugung unterscheiden.[156] Ein Teil des positiven Rechts wird in streng formalisierten Verfahren der Rechtserzeugung in Kraft gesetzt. Diese basieren auf dem Konzept vom Stufenbau der Rechtsordnung und finden ihren Abschluss mit der Publikation in einem amtlichen Verkündungsblatt.


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