Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band. Hugo Friedländer

Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band - Hugo Friedländer


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namens Tausend, habe sich einmal krank gemeldet. Er (Zeuge) habe ihn zu Dr. Bodet geführt. Dieser habe ihn aber für gesund erklärt. Der Mann mußte weiterarbeiten und sei nach drei Tagen gestorben. Einen anderen Häuslings, namens Schumacher, habe er dem Direktor als krank gemeldet. Der Mann mußte aber trotzdem weiterarbeiten, und da er dies nicht konnte, wurde er in die Cachotte gesperrt, wo er auch gestorben sei. Es seien auch Häuslinge mit Anlegen von Hand- und Fußschellen bestraft worden. Es sei richtig, daß Häuslinge geäußert hätten, sie wären lieber im Zuchthaus, als in Brauweiler. Ein Häusling habe zu diesem Zwecke einmal eine Anzahl Möbel demoliert. Er selbst sei von dem Direktor Schellmann wegen der geringsten Vergehen bestraft worden. Auf Befehl oder auch nur mit Wissen des Direktors Schellmann sei dagegen niemals jemand mißhandelt worden.

      Auf Befragen des Angeklagten Hofrichter gab der Zeuge zu, daß einmal ein kleiner buckliger Mensch zum Rübenbau nach Jülich kommandiert worden sei.

      Am fünften Verhandlungstage wurde zunächst Polizeiarzt Dr. Wolff vernommen: Er habe in seiner Eigenschaft als Polizeiarzt diejenigen Personen zu untersuchen, die nach Brauweiler geschickt werden sollen. Schwache, kranke, insbesondere lungenkranke Personen und auch schwangere werden nach Brauweiler nicht gesandt. Er habe die Leute, die aus Brauweiler kommen, vielfach gesehen und sei stets erstaunt gewesen über das gute Aussehen der Leute, die dort zweifellos nicht gedarbt haben. Leute, die aus der Sommerfrische kommen, sehen vielfach nicht so gut aus, als die aus Brauweiler Kommenden.

      Vert.: Herr Doktor, Sie sagen, lungenkranke Personen würden nach Brauweiler nicht gesandt. Nun besagen die Obduktionsprotokolle und Herr Direktor Schellmann hat es auch bekundet: die meisten Brauweiler Häuslinge sterben an Tuberkulose!

      Dr. Wolff: Selbstverständlich können nur derartige Lungenkranke von der Verschickung nach Brauweiler ausgeschlossen werden, bei denen diese Krankheit erkennbar ist.

      Es wurde hierauf die Aussage des kommissarisch vernommenen 44jährigen Tagelöhners Auweiler verlesen. Danach hatte dieser bekundet: Er sei im Brauweiler Arbeitshause gewesen. Direktor Schellmann habe ihm einmal fünf Tage Arrest diktiert. Er habe infolgedessen bemerkt, daß er dann lieber sechs Wochen Arrest haben wolle. Direktor Schellmann habe seine Personalakten nachgesehen und alsdann gesagt: Gut, dann erhalten Sie sechs Wochen Arrest, Sie bleiben also bis zu Ihrer Entlassung im Arrest. Er sei nun in Arrest gebracht worden. Einige Tage darauf sei er von dem Aufseher Tappert aus seiner Arrestzelle in den Flur geführt, von diesem mit dem Kopf niedergedrückt worden und nun habe er, während er von Tappert festgehalten wurde, 12 Hiebe mit einem Rohrstock erhalten. Er gebe zu, daß er gegen einige Aufseher frech gewesen sei. Ob Direktor Schellmann den Befehl zu dieser Prozedur gegeben habe, wisse er nicht.

      Aufseher Tappert: Direktor Schellmann sei ein strenger, aber gerechter Mann. Dieser habe den Beamten oftmals eingeschärft, die Häuslinge nicht zu schlagen, ihnen ordentlich zu essen zu geben, sie gut zu behandeln und auch die Arbeitssäle gut zu heizen. Eines Tages habe er von dem Oberaufseher Schmitz den Auftrag erhalten, den Häusling Auweiler aus der Arrestzelle zu führen, da dieser Hiebe bekommen müsse. Er habe den Auweiler auf den Flur geführt, ihm den Kopf niedergedrückt, ihn festgehalten und nun habe Oberaufseher Schmitz dem Auweiler mit einem Rohrstock 12 Hiebe versetzt. Vors.: Wissen Sie, weshalb Oberaufseher Schmitz den Mann schlug?

      Zeuge: Nein.

      Vors.: Wußte Herr Direktor Schellmann von dieser Mißhandlung?

      Zeuge: Das weiß ich nicht.

      Vors.: Was war das für ein Rohrstock, mit dem Schmitz den Mann schlug?

      Zeuge: Ein Rohrstock, der zum Kleiderausklopfen benutzt wurde.

      Vors.: Ist nicht in den Arrestzellen auch ein Gummischlauch?

      Zeuge: Nur eine 1/2 Zentimeter dünne Gummischnur.

      Vors.: Was geschieht mit dieser Gummischnur?

      Zeuge: Das weiß ich nicht.

      Vors.: Sind sonst noch Mißhandlungen vorgekommen?

      Zeuge: Nein, nur ganz junge Leute sind noch geschlagen worden.

      Vors.: Haben Sie diese jungen Leute geschlagen?

      Zeuge: Jawohl, im Auftrage des Oberaufsehers.

      Vors.: Wieviel mal haben Sie jugendliche Häuslinge geschlagen?

      Zeuge: Ein- oder zweimal.

      Vors.: Wie alt waren diese Jungen?

      Zeuge: 12 bis 14 Jahre.

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