Maria Stuart / Мария Стюарт. Фридрих Шиллер
Majestät!
Mein Neffe, der ohnlängst von weiten Reisen
Zurückgekehrt, wirft sich zu deinen Füßen
Und leistet dir sein jugendlich Gelübde.
Empfange du es gnadenvoll und laß
Ihn wachsen in der Sonne deiner Gunst.
Mortimer (läßt sich auf ein Knie nieder).
Lang lebe meine königliche Frau,
Und Glück und Ruhm bekröne ihre Stirne!
Elisabeth.
Steht auf. Seid mir willkommen, Sir, in England.
Ihr habt den großen Weg gemacht, habt Frankreich
Bereist und Rom und Euch zu Reims verweilt.
Sagt mir denn an, was spinnen unsre Feinde?
Mortimer.
Ein Gott verwirre sie und wende rückwärts
Auf ihrer eignen Schützen Brust die Pfeile,
Die gegen meine Königin gesandt sind.
Elisabeth.
Saht Ihr den Morgan und den ränkespinnenden
Bischof von Roße?
Mortimer.
Alle schottische
Verbannte lernt’ ich kennen, die zu Reims
Aschläge schmieden gegen diese Insel.
In Ihr Vertrauen stahl ich mich, ob ich
Etwa von ihren Ränken was entdeckte.
Paulet.
Geheime Briefe hat man ihm vertraut,
In Ziffern, für die Königin von Schottland,
Die er mit treuer Hand uns überliefert.
Elisabeth.
Sagt, was sind ihre neuesten Entwürfe?
Mortimer.
Es traf sie alle wie ein Donnerstreich,
Daß Frankreich sie verläßt, den festen Bund
Mit England schließt; jetzt richten sie die Hoffnung
Auf Spanien.
Elisabeth.
So schreibt mir Walsingham.
Mortimer.
Auch eine Bulle, die Papst Sixtus jüngst
vom Vatikane gegen dich geschleudert,
Kam eben an zu Reims, als ich’s verließ,
Das nächste Schiff bringt sie nach dieser Insel.
Leicester.
Vor solchen Waffen zittert England nicht mehr.
Burleigh.
Sie werden furchtbar in des Schwärmers Hand.
Elisabeth (Mortimer forschend ansehend).
Man gab Euch Schuld, daß Ihr zu Reims die Schulen
Besucht und Euren Glauben abgeschworen?
Mortimer.
Die Miene gab ich mir, ich leugn’ es nicht,
So weit ging die Begierde, dir zu dienen!
Elisabeth (zu Paulet, der ihr Papiere überreicht).
Was zieht Ihr da hervor?
Paulet.
Es ist ein Schreiben,
Das dir die Königin von Schottland sendet.
Burleigh (hastig darnach greifend).
Gebt mir den Brief.
Paulet (gibt das Papier der Königin).
Verzeiht, Lord Großschatzmeister!
In meiner Königin selbsteigne Hand
Befahl sie mir den Brief zu übergeben.
Sie sagt mir stets, ich sei ihr Feind. Ich bin
Nur ihres Lasters Feind; was sich verträgt
Mit meiner Pflicht, mag ich gern erweisen.
(Die Königin hat den Brief genommen. Während sie ihn liest, sprechen Mortimer und Leicester einige Worte heimlich miteinander.)
Burleigh (zu Paulet).
Was kann der Brief enthalten? Eitle Klagen,
Mit denen man das mitleidsvolle Herz
Der Königin verschonen soll.
Paulet.
Was er
Enthält, hat sie mir nicht verhehlt. Sie bittet
Um die Vergünstigung, das Angesicht
Der Königin zu sehen.
Burleigh (schnell).
Nimmermehr!
Talbot.
Warum nicht? Sie erfleht nichts Ungerechtes.
Burleigh.
Die Gunst des königlichen Angesichts
Hat sie verwirkt, die Mordanstifterin,
Die nach dem Blut der Königin gedürstet.
Wer’s treu mit seiner Fürstin meint, der kann
Den falsch verräterischen Rat nicht geben.
Talbot.
Wenn die Monarchin sie beglücken will,
Wollt Ihr der Gnade sanfte Regung hindern?
Burleigh.
Sie ist verurteilt! Unterm Beile liegt
Ihr Haupt. Unwürdig ist’s der Majestät,
Das Haupt zu sehen, das dem Tod geweiht ist.
Das Urteil kann nicht mehr vollzogen werden,
Wenn sich die Königin ihr genahet hat,
Denn Gnade bringt die königliche Nähe —
Elisabeth (nachdem sie den Brief gelesen, ihre Tränen trocknend).
Was ist der Mensch! Was ist das Glück der Erde!
Wie weit ist diese Königin gebracht,
Die mit so stolzen Hoffnungen begann,
Die auf den ältsten Thron der Christenheit
Berufen worden, die in ihrem Sinn
Drei Kronen schon aufs Haupt zu setzen meinte!
Welch andre Sprache führt sie jetzt als damals,
Da sie das Wappen Englands angenommen
Und von den Schmeichlern ihres Hofs sich Königin
Der zwei britann’schen Inseln nennen ließ!
– Verzeiht,