Von Bagdad nach Stambul. Karl May

Von Bagdad nach Stambul - Karl May


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besser, wenn du ihn mir sagst. Das Pferd ist für deinen Freund Allo, den du nicht betrügen wirst.«

      »Ich betrüge ihn nicht.«

      »Nun wohl, so will ich versuchen, den Fehler zu entdecken. Nimm das Gepäck herab und leg einen Reitsattel auf!«

      »Warum, Herr?«

      Diese Frage verriet mir, daß ich auf der richtigen Fährte sei.

      »Weil ich es so haben will!« antwortete ich kurz.

      Er gehorchte, und dann hieß ich ihn aufsteigen.

      »Herr, ich kann nicht,« entschuldigte er sich.

      »Warum nicht?«

      »Ich habe das Gewitter[19] im Beine. Ich kann nicht reiten.«

      »So werde ich es selbst tun!«

      Ich sah es ihm an, daß ich der Entdeckung jetzt nahe sei. Das Pferd ließ mich herantreten, doch sobald ich den Fuß erhob, um in den Bügelschuh zu treten, wich es zur Seite. Es wollte mir nicht gelingen, in den Sattel zu kommen, bis ich es hart an die Mauer des Gebäudes stellte. Jetzt saß ich auf, sofort aber ging es hinten in die Höhe, daß es sich fast nach vorn überschlug; dann stieg es vorn empor, beinahe mehr als kerzengerade; es bockte zur Seite und machte so gewaltige Luftsprünge, daß ich die erste Gelegenheit ergriff, mich aus dem Sattel zu werfen. Ich tat dies mit Vorbedacht so, daß ich zur Erde fiel und es den Anschein hatte, als ob ich abgeworfen worden sei.

      »Mann, dieses Pferd ist keinen Para, viel weniger zweihundert Piaster wert! Kein Mensch kann es reiten. Es ist verdorben worden.«

      »Herr, es ist gut. Vielleicht will es nur dich nicht dulden.«

      »Ich kenne das! Es hat lange Zeit unter einem schlechten Sattel und unter einem noch schlimmeren Reiter gelitten; das merkt sich so ein Tier. Wer soll es nun besteigen? Es ist höchstens noch als Packpferd zu verwenden.«

      »Brauchst du kein Packpferd, Herr?«

      »Nein. Jetzt nicht, sondern erst später.«

      »So kaufe es, denn du wirst nicht gleich ein Pferd finden, wenn du es brauchst.«

      »Soll ich mich mit einem Tiere schleppen, das mir jetzt zur Last ist?«

      »Du sollst es um hundertfünfzig Piaster haben!«

      »Ich gebe dir hundert, und keinen Para mehr.«

      »Herr, du scherzest!«

      »Behalte es! Ich finde in Banna ein anderes. Komm, Allo!«

      Ich bestieg meinen Rappen, und der Köhler folgte mir mit betrübter Miene. Wir hatten aber kaum fünfzig Schritte zurückgelegt, so hörten wir rufen:

      »Gib hundertdreißig, Herr!«

      Ich antwortete nicht.

      »Hundertzwanzig!«

      Ich ritt weiter, ohne mich umzublicken.

      »Komm zurück, Herr; du sollst es für hundert haben!«

      Jetzt blieb ich halten und fragte, ob er auch einen Reitsattel und eine Decke zu verkaufen habe. Als er bejahte, kehrte ich zurück und kaufte einen ganz passablen Sattel nebst Decke für vierzig Piaster. Und was das Vorteilhafteste war: der Händler nahm den Preis ganz willig in altem Beschlik[20] an, der sich nach und nach in meiner Tasche angesammelt hatte. Ich legte, nachdem ich bezahlt hatte, dem Pferd den Sattel und das Zaumzeug an und nahm dann von dem Kurden Abschied.

      »Lebe wohl! Du wolltest deinen Freund betrügen, aber du wirst gleich sehen, daß er das Pferd für den dritten Teil seines Wertes hat.«

      Der Mann antwortete mir nur mit einem schlauen, überlegenen Lächeln. Auch Allo verabschiedete sich von ihm und wollte dann sein Pferd besteigen. Sein behaartes Gesicht, oder vielmehr nur die Teile desselben, die man sehen konnte, erglänzte vor Freude und Entzücken darüber, daß er nun hoch zu Roß in die Welt hineinreiten konnte. Aber der Kurde ergriff ihn beim Arme.

      »Um des Propheten willen, steige nicht auf! Das Pferd wird dich abwerfen, und du brichst den Hals.«

      »Dieser Mann hat recht,« stimmte ich bei. »Steig du jetzt auf mein Pferd. Es wird dich sicher tragen, und ich will mich hier auf dieses setzen, um ihm zu zeigen, daß es zu gehorchen hat.«

      Allo kletterte wirklich mit größtem Vergnügen auf den Rücken meines Hengstes, welcher sich dieses ehrenrührige Attentat ganz ruhig gefallen ließ, weil er mich in der Nähe wußte. Ich aber drängte den Klepper an die Mauer und kam glücklich in den Sattel. Wieder stieg er empor; ich ließ ihm einige Augenblicke lang den Willen, dann aber nahm ich ihn kurz und faßte ihn zwischen die Schenkel. Er wollte steigen – es ging nicht mehr; er brachte es bloß zu einem krampfhaften Spielen der Hufe, und endlich ging ihm der Atem aus, der Schweiß stand ihm auf allen Poren, und von seinem Maul tropfte der Schaum in großen Flocken – er stand, trotzdem ich ihm die Schenkel wieder nahm.

      »Er ist bezwungen, Mann,« lachte ich vergnügt. »Paß auf, wie er sich reiten läßt, und versuche nicht wieder, einen Freund zu übervorteilen! Allah sei mit dir!«

      Ich ritt voran, und mein Rih folgte mit edler Bescheidenheit dem Klepper.

      »Chodih,« fragte der Köhler, »nun ist wohl dieser Schwarze mein?«

      Hm! Auch eine Frage!

      »Nein,« antwortete ich.

      »Warum nicht?«

      »Dieser Schwarze würde dich abwerfen, sobald ich nicht mehr in seiner Nähe bin. Du sollst ihn nur heute reiten, denn morgen wird dieses Pferd hier gehorsam geworden sein.«

      »Und wird es mir auch dann gehören, wenn ich von euch scheide?«

      »Ja, wenn wir nämlich mit dir zufrieden sind.«

      »O ich werde alles tun, was du von mir forderst!«

      Wir gelangten an das Dickicht, wo sich die Gefährten verborgen hielten. Sie schlossen sich uns wieder an und zeigten sich sehr zufrieden über den guten Handel, den ich gemacht hatte. Nur Halef war ungehalten.

      »Sihdi,« sagte er, »das wird dir Allah nie vergeben, daß du deinen Rih eine solche Kröte tragen lässest. Er mag sich auf mein Pferd setzen, während ich den Rappen nehme.«

      »Laß ihn, Halef! Es würde ihn beleidigen.«

      »Maschallah, wie kann ein Kurde beleidigt werden, der Kohlen brennt und den Schmutz mit Fingern ißt!«

      Es blieb trotzdem bei meiner Anordnung.

      Am Nachmittag gelangten wir in die Höhe von Banna und nach einem scharfen Ritte öffnete sich vor uns der Paß, der nach Süden führt. Wir hatten unsere Pferde auf den unwegsamen Höhen sehr in Anspruch nehmen müssen; darum wollten wir ihnen heute eher Ruhe gönnen und zogen uns seitwärts des Passes in ein kleines, aber tiefes Tälchen zurück, dessen Seiten sehr dicht mit Zwergeichen bewachsen waren. Wir hatten Wild genug geschossen, um nicht hungern zu müssen, und losten nach dem Mahle um die Reihenfolge der Nachtwache. Hier in der Nähe des Passes hielten wir die Vorsicht ganz besonders für notwendig, denn die Kunde von dem Herdenraube war ganz sicher bereits bis Banna gedrungen, und es ließ sich vermuten, daß dabei die Rede auch von uns gewesen sei.

      Die Nacht verging ohne die geringste Störung, und mit dem Grauen des Tages ritten wir bereits in den Mund des Passes ein. Wir hatten diese Zeit gewählt, um völlig unbeachtet zu sein.

      Der Weg führte über nackte Höhen und kahle Steinflächen, durch dunkle Schluchten und melancholische Täler, in denen kaum ein Wässerlein zu finden war. Man sah und fühlte hier so recht deutlich, daß man sich auf einem Boden befand, den vielleicht noch kein Europäer betreten hatte.

      Es war nahe am Mittag, als wir ein Quertal zu durchschneiden hatten. Gerade als wir bei der gegenüberliegenden Ecke anlangten, blieb Dojan stehen und sah mich bittend an. Ich kannte seine Manieren; er hatte etwas Verdächtiges bemerkt und wollte nun die Erlaubnis haben, mich verlassen zu dürfen. Ich ließ halten und sah mich um, fand aber nicht die geringste Spur eines lebenden Wesens.

      »JürüСкачать книгу


<p>19</p>

Das Reißen.

<p>20</p>

Geringes Metallgeld.