Verwehte Spuren. Franz Treller

Verwehte Spuren - Franz Treller


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Euer Gnaden; wenn ich nur das Beest nicht an der Hand hätte.«

      »Hast du wieder viel Last mit ihm gehabt, Michael?«

      »Heute ging‘s. Euer Gnaden, ich habe dem Vieh hie und da mit meinem Shilallah zugeredet, wenn es gar zu störrisch war, und das half. Das Tier will immer seinen eigenen Weg gehen, und oftmals bleibt‘s stehen, und meiner Mutter Sohn kann‘s kaum von der Stelle bringen,« sagte der Irländer.

      »Nun, wir sind bald am Ziele unsrer Reise, und dann wirst du des, wie ich bemerkt habe, leider sehr störrischen Tieres ledig.«

      »Michael O‘Donnel wird darum nicht weinen. Euer Gnaden.«

      Er warf einen Blick auf den Indianer, der ruhig etwa fünfzig Schritt vor ihnen einherging, und ließ sich, die Stimme dämpfend, vernehmen: »Können denn Euer Gnaden dem roten Mann da vorn auch ganz trauen?«

      »Ich denke wohl, Michael, er hat uns gute Dienste geleistet und wird sie uns gewiß noch leisten.«

      »Seien doch Euer Gnaden ja recht vorsichtig,« fuhr Michael fort, den des Grafen gütige Weise zu vertraulichen Aeußerungen ermutigte, »es kann ja in diesen braunen Kerlen nicht viel Gutes stecken. Ich habe schon genug an diesem und mich überläuft‘s jedesmal, wenn mich der Mensch mit seinen schwarzen Augen, die manchmal wie Kohlen funkeln, ansieht.«

      »Nun, du wirst dich mit der Zeit an ihn gewöhnen, er ist ein ganz ehrlicher Mann.«

      »Aber, Euer Gnaden, er tut ja den ganzen Tag den Mund nicht auf,« meinte Michael, der stets zur Unterhaltung aufgelegt war, »und solchen stillen, finstern Leuten ist nie recht zu trauen.«

      Der Graf, welcher des Iren Schwäche, sich gern und lebhaft zu unterhalten, bald kennen gelernt hatte, lächelte über diese Aeußerung, denn einen größeren Gegensatz als den stolzen, wortkargen Indianer und den redseligen Iren konnte es wohl kaum geben.

      »Es ist die Art dieser Leute, Michael, sich schweigend zu verhalten, und du darfst deshalb keine üble Meinung von ihm haben.«

      »Euer Gnaden, ich will wünschen, daß alles gut geht, aber der Mann ist mir ganz unheimlich. Und wie er so seinen Weg findet in diesen schauerlichen Wäldern und Grasebenen ohne Kompaß und Wegweiser, das geht doch sicher nicht mit rechten Dingen zu.«

      »Diese Fähigkeit, den Weg nach Anzeichen zu finden, die wir nicht bemerken und uns so sicher zu führen, ist es ja, welche ihn für unsern Marsch so wertvoll macht. Du hast ja selbst gesehen, wie unnütz der Kompaß im Walde war.«

      »Euer Gnaden mögen ja das alles besser verstehen als ich, der ich nur ein armer Bursche aus Leitrim bin, aber Euer Gnaden müssen doch vorsichtig sein, und wenn wir nun gar noch mehr von der Sorte bekommen?« der Ire machte ein ganz bedenkliches Gesicht, »so —«

      »Gib dich zufrieden, wir werden mit den roten Herren die beste Freundschaft halten.«

      Der Graf verließ ihn und ging wieder zu Heinrich.

      Athoree, war es Zufall oder hatte er etwas von der Unterredung des Grafen mit dem Iren erhascht, blieb jetzt ebenfalls stehen und erwartete Michaels Herankommen.

      Der kluge Indianer hatte sehr bald bemerkt, daß er dem Manne aus Leitrim unsympathisch war, aber dies nicht beachtet, und da er das gutmütige, ehrliche Wesen des Burschen nicht verkannte, ihm den Widerwillen, den er gegen ihn zu haben schien, nicht nachgetragen. Bis jetzt hatte er aber auf den langen Märschen und abends an dem Lagerfeuer noch nicht einmal das Wort an ihn gerichtet.

      Michael war höchst erstaunt und gar nicht angenehm berührt, als Athoree, nachdem er zu ihm gelangt war, ihn erst mit seinen dunklen Augen anstarrte und dann ruhig neben ihm herging. Er brummte auf Gälisch in sich hinein: »Hol dich der Teufel, brauner Bursche, was willst du hier neben meiner Mutter Sohn?«

      Noch größer ward die Ueberraschung Michaels, als ihn der Indianer jetzt, zum erstenmal seit ihrem Zusammensein, anredete.

      »Warum trägt Rothaar,« es war nicht zu leugnen, Michael erfreute sich eines ungewöhnlich starken, blondrötlichen Haarwuchses, der unter seiner wollenen Mütze in wirren Locken hervorquoll, »keine Waffen?«

      »Rothaar? Rothaar? Wen meinst du denn damit?«

      »Ihn meinen.«

      »So? Na,« brummte Michael, »hättest du mir das woanders gesagt, so sauste jetzt mein Shilallah auf deinen Schädel, daß dir Hören und Sehen vergehen sollte. Was so ein Kerl einem für Namen gibt? Rothaar?«

      Der Indianer wiederholte ruhig seine Frage.

      »Waffen? Waffen? Was sagst du denn hierzu, Indianer?« und er zeigte seinen gewichtigen zugespitzten Stock aus ebenso zähem als festem Holze. »Damit fertige ich ein Dutzend von deiner Art ab.«

      Ueber des Indianers Angesicht zog ein kaum bemerkbares Lächeln.

      »Büchse trägt weiter als dicker Stock, he?«

      »So gescheit bin ich auch, um das zu wissen.«

      »Puff, kleines Loch in Brust und der Irisch tot.«

      »Nu, nun hör auf mit solchen Geschichten, unheimlicher Kerl,« brummte er dazwischen, »wer soll denn hier schießen, es sind doch hier keine Räuber und Mörder?«

      »Gutherz tragen Flinte, andrer Mann, Athoree tragen Flinte, warum du keine Flinte?«

      »Ach, ich versteh‘ mit dem Schießeisen nicht umzugehen, ich habe in meinem Leben noch keine Büchse abgefeuert. Nein, Indianer, im gesegneten Erin machen wir die Sache ehrlich mit dem Shilallah ab.«

      »Flinte gut, kommen jetzt zu wildem Indianer, nicht wissen, ob nicht fechten müssen.«

      »So? Fechten? Das ist mir schon recht, aber es muß dann regelrecht hergehen,« und er schwang den gewichtigen Stock mit einer Leichtigkeit ums Haupt, die auf außerordentliche Körperkraft schließen ließ.

      »Fechten? Mit der braunen Bande? Na, da haben wir es ja. Ich habe es Seiner Gnaden gesagt, daß hier nicht zu trauen ist. Na, wehren werde ich mich,« sagte der Ire, dem es weder an Mut noch an Kampfeslust fehlte.

      »Rothaar müssen Flinte tragen.«

      »Ich will dir einmal etwas sagen, Indianer, wenn wir gute Freunde bleiben sollen. Der Herr Graf sagt ja, du wärst ein ganz reputierlicher Kerl trotz deiner verwünschten Hautfarbe, also wenn wir gute Freunde bleiben sollen, dann nennst du mich Michael, wie ich getauft bin, der heilige Michael ist mein Schutzpatron. Verstehst du?«

      »Warum nicht nennen Rothaar? Guter Name, he?«

      »Ich sage dir, laß es gut sein, Rotfell,« brummte Michael, der anfing ärgerlich zu werden, mürrisch.

      »Nicht verstehen.« Er deutete auf sich: »Roter Mann du sagen, ich sage Rothaar — Rothaar schön.«

      »Nun, ja, schlecht ist es ja nicht, es tragen‘s« bei mir zu Hause ziemlich viele,« sagte der Irländer, der sich doch geschmeichelt fühlte, daß der Indianer seine Haarfarbe schön fand.

      »Warum Rothaar nicht Flinte tragen?« fuhr der hartnäckige Indianer fort.

      »Bei St. Patrick, ich habe es ja schon gesagt, ich kann nicht schießen.«

      »Womit dann Skalp verteidigen, wenn Feinde kommen, wollen nehmen Skalp?«

      »Was ist das? Was wollen sie nehmen? Skalp? Meinen Skalp?«

      »Wenn roter Mann Krieg, er schießen Feind tot, puff, gehen zu ihm, fassen Skalplocke so,« er fuhr mit der einen Hand nach seinem Kopfe und faßte einen Büschel seines schwarzen, lang herunterhängenden Haares, während er mit der andern sein Messer zog, »und schälen Kopfhaut ab,« hierbei fuhr er mit der messerbewehrten Hand ums Haupt, »so — das Skalpnehmen.« Dies und der grimmige Gesichtsausdruck des Indianers erschreckten den guten Michael sehr.

      »Jässus? Was meinst du, Indianer? Willst du damit sagen, daß sie einem hier die Haut vom Kopfe abziehen?«

      »Das gerade so — jeder Krieger nehmen Skalp.«

      »Na, da


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