Die Räuber. Friedrich von Schiller
mit aufgeworfenen Hüten. Wir sinds zufrieden.
MOOR. Nun dann, so laßt uns gehn! Fürchtet euch nicht vor Tod und Gefahr, denn über uns waltet ein unbeugsames Fatum! Jeden ereilet endlich sein Tag, es sei auf dem weichen Kissen von Flaum, oder im rauhen Gewühl des Gefechts, oder auf offenem Galgen und Rad! Eins davon ist unser Schicksal! Sie gehen ab.
SPIEGELBERG ihnen nachsehend, nach einer Pause. Dein Register hat ein Loch. Du hast das Gift weggelassen. Ab.
Dritte Szene
Im Moorischen Schloß, Amaliens Zimmer
Franz. Amalia.
FRANZ. Du siehst weg, Amalia? Verdien ich weniger als der, den der Vater verflucht hat?
AMALIA. Weg! — Ha des liebevollen, barmherzigen Vaters, der seinen Sohn Wölfen und Ungeheuern preisgibt! daheim labt er sich mit süßem, köstlichem Wein und pflegt seiner morschen Glieder in Kissen von Eider, während sein großer, herrlicher Sohn darbt — schämt euch, ihr Unmenschen! schämt euch, ihr Drachenseelen, ihr Schande der Menschheit! — seinen einzigen Sohn!
FRANZ. Ich dächte, er hätt ihrer zween.
AMALIA. Ja, er verdient solche Söhne zu haben, wie du bist. Auf seinem Todbett wird er umsonst die welken Hände ausstrecken nach seinem Karl und schaudernd zurückfahren, wenn er die eiskalte Hand seines Franzens faßt — oh es ist süß, es ist köstlich süß, von deinem Vater verflucht zu werden! Sprich, Franz, liebe brüderliche Seele! was muß man tun, wenn man von ihm verflucht sein will?
FRANZ. Du schwärmst, meine Liebe, du bist zu bedauren.
AMALIA. O ich bitte dich — bedauerst du deinen Bruder? — Nein, Unmensch, du hassest ihn! Du hassest mich doch auch?
FRANZ. Ich liebe dich wie mich selbst, Amalia!
AMALIA. Wenn du mich liebst, kannst du mir wohl eine Bitte abschlagen?
FRANZ. Keine, keine! wenn sie nicht mehr ist als mein Leben.
AMALIA. O, wenn das ist! Eine Bitte, die du so leicht, so gern erfüllen wirst, Stolz. — Hasse mich! Ich müßte feuerrot werden vor Scham, wenn ich an Karln denke und mir eben einfiel’, daß du mich nicht hassest. Du versprichst mirs doch? — Itzt geh, und laß mich, ich bin so gern allein!
FRANZ. Allerliebste Träumerin! wie sehr bewundere ich dein sanftes liebevolles Herz. Ihr auf die Brust klopfend. Hier, hier herrschte Karl wie ein Gott in seinem Tempel, Karl stand vor dir im Wachen, Karl regierte in deinen Träumen, die ganze Schöpfung schien dir nur in den Einzigen zu zerfließen, den Einzigen widerzustrahlen, den Einzigen dir entgegenzutönen.
AMALIA bewegt. Ja wahrhaftig, ich gesteh es. Euch Barbaren zum Trutz will ichs vor aller Welt gestehen — ich lieb ihn!
FRANZ. Unmenschlich, grausam! Diese Liebe so zu belohnen! Die zu vergessen —
AMALIA auffahrend. Was, mich vergessen?
FRANZ. Hattest du ihm nicht einen Ring an den Finger gesteckt? einen Diamantring zum Unterpfand deiner Treue! — Freilich nun, wie kann auch ein Jüngling den Reizen einer Metze Widerstand tun? Wer wirds ihm auch verdenken, da ihm sonst nichts mehr übrig war wegzugeben, — und bezahlte sie ihn nicht mit Wucher dafür mit ihren Liebkosungen, ihren Umarmungen?
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