Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas. Balduin Mollhausen

Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas - Balduin  Mollhausen


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der Abenteuer am Nebraska — Das Lager beim Yuma-Dorf — Besuch von Yuma-Indianern — Chimehwhuebe- und Mohave-Indianer auf dem Ufer — Benehmen der Indianerinnen — Der angeschwemmte Talboden — Gute Reise am 23. Januar — Chimehwhuebe-Indianer im Lager — Der Sandsturm — Die Sonntagsfeier — Änderung des Reiseplans — Gebirge nach allen Richtungen — Half Way Range — Riverside Mountains — Charakter der Schluchten in der Kieswüste — Zahlreiche Sandbänke — Der Ausflug den Fluß hinauf — Lager auf der Sandinsel

      Ich schloß meine Erzählung in Fort Yuma damit, daß durch die Hilfe der Post der Vereinigten Staaten der Wagen des Herzogs Paul von Württemberg aus den Fluten des Nebraska aufs Trockene gebracht worden war und daß wir uns beeilten, aus der unsicheren Nähe der Indianer zu gelangen. Ich fahre also fort:

      »Wir folgten auf dem südlichen Ufer des Nebraska der breiten und ebenen Emigrantenstraße. Wenn die Nächte auch schon empfindlich kalt waren, so begünstigte uns doch immer trockenes, gutes Wetter, so daß wir noch gar nicht bezweifelten, daß wir vor dem Beginn der Schneestürme die Ansiedlungen am Missouri erreichen würden. Zwei Tagereisen mochten wir ungefähr vom Übergangspunkt des Nebraska entfernt sein, als gutes Gras uns veranlaßte, schon um die Mittagszeit unseren Tagesmarsch für beendet zu erklären. Wir überließen die Pferde der Freiheit und befanden uns bei dem schönen, warmen Herbstwetter recht glücklich und zufrieden in der stillen Einsamkeit der endlosen Prärie. Als wir gegen Abend auf dem trockenen Rasen lagen und uns über das Eigentümliche unserer Lage, über die Vergangenheit und über die nächste Zukunft unterhielten, dabei eine Büffelherde beobachteten, die auf uns zuschritt und von der wir ein Mitglied zu erlegen hofften, näherte sich uns von Westen her ein kleiner Trupp Reiter, die wir sogleich für Weiße erkannten, die aber auch leider unsere Büffel verjagten. Als sie unserer ansichtig wurden, lenkten sie auf uns zu, begrüßten uns freundlich und teilten uns mit, daß sie Mormonen seien und sich auf der Reise vom Großen Salzsee (Utah Lake) nach dem Missouri befänden. Sie ritten am gleichen Abend noch einige Meilen weiter und schlugen ihr Lager so auf, daß wir während der Nacht den Schein ihres Feuers vor Augen hatten.

      Fast zu gleicher Zeit brachen wir am folgenden Morgen auf, die Mormonen behielten also einen Vorsprung vor uns, der durch ihre besseren Pferde von Stunde zu Stunde vergrößert wurde. Wellenförmiges Land entzog sie bald ganz unseren Blicken, und wieder allein auf der weiten Fläche, zogen wir, so schnell es die schwindenden Kräfte unserer Tiere nur erlauben wollten, unsere Straße weiter. Plötzlich erschallten einige Schüsse in der Richtung, wo die Mormonen verschwunden waren; wir wurden indessen dadurch nicht weiter beunruhigt, sondern lebten in der Meinung, daß die vor uns Reisenden Jagd auf Büffel gemacht hätten, und wir freuten uns darauf, unseren schwachen Fleischvorrat wieder durch einige frische Büffelrippen vermehren zu können. Es ist nämlich ein alter Präriebrauch, daß jeder Vorüberziehende sich von einem frisch erlegten Büffel soviel abschneidet, wie ihm beliebt, ohne sich weiter mit dem Jäger über einen Preis zu verständigen.

      Wir näherten uns allmählich der Stelle, wo die Schüsse gefallen waren, und ich erblickte endlich von der Höhe einer Schwellung des Bodens über die folgende Schwellung hinweg in der Niederung eine Gruppe von Menschen, die anscheinend einen Gegenstand betrachteten, der auf dem Boden lag. Wir beide wurden dadurch noch in unserem Glauben bestärkt, und der Herzog gab mir infolgedessen den Auftrag, hinüberzureiten, von dem Büffel ein tüchtiges Stück abzuschneiden und demnächst mit ihm weiter oberhalb in der Straße wieder zusammenzutreffen. Ich spornte meinen armen Schimmel an, und nach einigen Minuten befand ich mich auf der nächsten Höhe, von der ich die Szene vor mir übersehen konnte.

      Wider alles Erwarten erblickte ich aber keinen einzigen weißen Menschen, wohl aber zwanzig bis dreißig Indianer, die, nach ihrem wilden Schmuck zu urteilen, sich auf dem Kriegspfad befanden. Welcher Art meine Überraschung war, wird jeder leicht erraten können, denn das Zusammentreffen mit einer indianischen Kriegsabteilung wird für nicht ganz ungefährlich gehalten, und man geht daher einer solchen, wenn man ihr nicht an Stärke überlegen ist, gern aus dem Weg. Indem ich dies berücksichtigte, wandte ich mein Pferd und eilte dem Herzog nach, um ihn von der unwillkommenen Neuigkeit in Kenntnis zu setzen.

      »Wenn es eine Kriegsabteilung ist«, antwortete der Herzog, indem er mir meine Doppelbüchse aus dem Wagen reichte, »so werden wir sie bald genug zu sehen bekommen; halten Sie sich bereit, für Ihr Leben zu kämpfen, schießen Sie aber nicht ohne Not, und wenn Sie schießen, so fehlen Sie nicht Ihren Mann.« Das war gewiß ein sehr schöner, wohlgemeinter Rat, doch leugne ich nicht, daß es mir etwas mehr Freude gemacht hätte, wenn die Veranlassung zu demselben gar nicht vorhanden gewesen wäre. Ich untersuchte indessen meine Pistolen und legte das Gewehr vor mir quer auf den Sattel, während der Herzog sich mit einem ganzen Arsenal scharf geladener Büchsen, Flinten und Pistolen umgab.

      Nach diesen Vorkehrungen setzten wir unseren Weg fort, waren aber kaum zweihundert Schritt weitergezogen, als zu Pferd und zu Fuß ein ganzer Trupp der wilden Steppenbewohner auf dem nahen Hügel erschien und vor uns in die Straße eilte. Es waren Oglala-Indianer, ein Nebenstamm der Dakotas, und so schöne Krieger, wie man sie nur auf der anderen Seite der Rocky Mountains irgend finden kann. Alle waren mehr oder weniger mit den buntfarbigsten Stoffen bekleidet; Gesicht, Brust und Arme hatten sie sich auf eine wahrhaft teuflische Weise bemalt und ihr Haar an den Schläfen in lange Zöpfe gedreht, während die eigentliche Skalp- oder Wirbellocke auf den Rücken herunterfiel. An Waffen fehlte es ihnen auch nicht, denn außer Bogen, Pfeil, Tomahawk und Messer führten sie auch noch Karabiner und Lanzen.

      Solcherart also war die Gesellschaft, die uns entgegenrückte. Als sie sich bis auf fünfzig Schritt genähert hatte, hielten wir still und legten unsere Gewehre auf die vordersten der ungebetenen Gäste an, wobei der Herzog ihnen zu verstehen gab, daß wir bei der geringsten Bewegung schießen würden. Auf unsere Vorsichtsmaßregeln antworteten die Indianer mit den gewöhnlichen Friedenszeichen, worauf wir ihnen gestatten, zu uns heranzukommen.

      Es ist eigentümlich, wie diese Wilden ein bestimmtes Auftreten und den Beweis persönlichen Mutes achten, denn nachdem wir uns vollständig in der Gewalt dieser Oglalas befanden, rührten sie unser Eigentum nicht an, sie fragten wohl nach Whisky, doch nahmen sie nichts, wo sie es hätten ungestraft tun können, und begnügten sich hinsichtlich des Feuerwassers auch sehr bald, als der Herzog einem von ihnen die Essigflasche reichte und dieser nach einem derben Zug daraus mit den Zeichen des größten Abscheus die genossene Flüssigkeit wieder ausspie. Wir warteten nur so lange, bis ein Indianer, der auf des Herzogs Frage nach Fleisch ins Lager geeilt war, mit einem tüchtigen Braten zurückkehrte und denselben in den Wagen warf; der Herzog bot als Gegengeschenk ein Tischmesser, dasselbe wurde aber ausgeschlagen, die Indianer entfernten sich, und wir zogen unsere Straße weiter.

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