Die Regulatoren in Arkansas. Friedrich Gerstacker

Die Regulatoren in Arkansas - Friedrich  Gerstacker


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hab’ ich mit meinen eigenen Augen beobachtet, wie sie mit den Vorderbeinen sich an irgendeinem Stück Holz aufrichteten und nach den Kuhglocken horchten, und die Flöhe gehen abends ordentlich zu Wasser an den Fluß, wie anderes Viehzeug auch. Und was für Flüsse haben wir! Der Herr sei uns gnädig – die See drängen sie mit aller Gewalt ein ganzes Stück Weges zurück, wenn sie hineinkommen.«

      »Sie kommen aber nicht hinein«, meinte Harper.

      »Kommen nicht hinein? Wo gehen sie denn hin?« fragte Bahrens entrüstet, »sie verschwitzen sich wohl, he? Wo läuft denn der Petite-Jeanne hin?«

      »In den Arkansas.«

      »Nun, und der Arkansas?«

      »In den Mississippi.«

      »Und der Mississippi?«

      »In den Golf von Mexiko.«

      »Als ob das nicht alles eins wäre. – Da nehmen Sie einmal den südlichen Teil von Missouri. Ist schon jemand im südlichen Teil gewesen?«

      »Wahrscheinlich wir alle«, erwiderte Roberts.

      »Auch am Elevenpointsriver oben? – Gentlemen, ich will nicht übertreiben, aber dort war’s so felsig, daß wir die Schafe bei den Hinterbeinen einzeln aufheben mußten, damit sie nur zwischen den scharfen Steinen das bißchen Gras herausholen konnten; die Wölfe wurden so mager, und schwach, daß sie sich an einen Baum lehnten, wenn sie heulen wollten. Nun seh’ einer den Unterschied zwischen Missouri und Arkansas. Was fingen wir zum Beispiel im Winter an, wo wir nichts für das arme Viehzeug zu fressen hatten? Nun? Raten Sie einmal.«

      »Ließt es doch wohl im Walde herumlaufen?« fragte Curtis.

      »Was hätte ihm denn das für Nutzen gebracht, das möcht’ ich wissen? Der Boden war ja so dürr, daß nicht einmal Rinde an den Büschen und Bäumen wuchs – nein, ich verfiel auf ein ganz anderes Mittel. Ihr kennt Tom, Roberts, der später in aller Eile eine Geschäftsreise nach Texas machen mußte – ih – der große Tom, erinnert Euch doch nur, er war so lang, daß er jedesmal niederknien mußte, wenn er sich auf dem Kopfe kratzen wollte. – Gut, der war früher einmal, in Philadelphia glaub’ ich, Mechanikus gewesen und hatte noch eine ganze Menge Handwerkszeug mitgebracht; der mußte mir eine Partie großer grüner Brillen anfertigen, die setzt’ ich den Kühen auf, gab ihnen Hobelspäne zu fressen, und verdammt will ich sein, wenn sie’s nicht für Gras fraßen und fett wurden.«

      »Gott sei uns gnädig!« rief Harper.

      »Da haben wir’s hier besser«, fuhr Bahrens entzückt fort, »hier sitzen wir gewissermaßen im Moos drin, und die Jagd…«

      »Hallo!« rief Harper jetzt dazwischen, »auf die laß’ ich, was Missouri anbetrifft, nichts kommen. Die kann nirgends besser sein.«

      »Besser sein?« lachte Bahrens höhnisch, »besser? Wenn ein Bär hier nur drei Zoll Fett auf dem Rücken hat, heißt er mager, die Hirsche…«

      »… fängt man bei den Beinen!« lachte Roberts. Bahrens sah ihn verwundert an, und Harper schnitt ein außerordentlich freundliches Gesicht.

      »Nun, Roberts, das müßt Ihr selber sagen«, fuhr Bahrens fort – »aber, Betsy, das Wasser kocht; nun brau das Getränk, mein Mädchen, du weißt, wie wir es gern haben – das müßt Ihr selber eingestehen, Roberts, im Jagen tut mir’s hier keiner gleich. Kleines Wild schieß’ ich gar nicht mehr, da hab’ ich so meine eigenen Manieren, das zu fangen!«

      »Wie bei uns die Jungen«, sagte Harper, »die fangen auch die Kaninchen in Fallen.«

      »Fallen!« Bahrens lächelte verächtlich, »da braucht’s auch noch Fallen dazu? Kommt nach Arkansas, wenn Ihr etwas lernen wollt. Liegt ein bißchen Schnee, dann geh’ ich hinaus in den Wald, nur weit genug, daß ich das Haus nicht mehr sehen kann…«

      »Das ist nicht weit«, meinte Curtis.

      »Gut – dort steck’ ich kleine Stücke rote Rüben in den Schnee und streue Schnupftabak darauf – morgens liegen die Kaninchen tot daneben.«

      »Fressen sie denn den Schnupftabak?« fragte der Krämer verwundert.

      »Fressen? Nein, sie riechen daran und niesen so stark, daß sie sich den Hals brechen.«

      »Bei dem Halsbrechen«, sagte Harper, »fällt mir ein, wie ich’s neulich mit einer Eule machte. Die Kanaille hatte mir drei Nächte hintereinander jede Nacht ein Huhn fortgeholt, und ich war immer vergebens hinausgeschlichen. Endlich, am vierten Tage, kommt sie morgens früh, es regnete ein wenig, ans Haus geflogen. Ich merkt’ es gleich an den Hühnern, die flatterten so sonderbar hin und her. Schnell griff ich nach der Büchse und lief hinaus, fand auch bald, daß die Eule in einem kleinen, dichtbelaubten Hickory saß, ich konnte aber nur den Kopf von ihr sehen, und da ich sie nicht gleich totschießen, sondern den Hunden auch noch einen Spaß lassen wollte, so ging ich im Kreise herum, um eine passende Stelle zum Schießen auszusuchen. Überall waren aber die Blätter gleich dicht, und die Eule guckte mich indessen mit ihren großen rollenden Glotzaugen fest an. Dreimal war ich auf die Art, mit der Büchse im Anschlag, um den Baum herumgegangen, als auf einmal etwas in den Zweigen raschelte und die Eule herunterkam. Hol’ mich der Böse, wenn sie sich nicht dadurch, daß sie mich immer im Auge behielt, ganz in Gedanken den Kopf abgedreht hatte.«

      »Das ist keine Kunst!« rief Bahrens, der nicht daran dachte, die Wahrheit der Erzählung zu bezweifeln. »Wie ich noch ein junger Bursche war, konnt’ ich’s mit jedem Truthahn im Rennen aufnehmen, und wenn er zu fliegen anfing und stieg nicht zu hoch, so hatt’ ich ihn gewiß.«

      »Was das Laufen anbetrifft«, – meinte Harper, »so hätt’ ich gewünscht, daß Sie meinen Bruder gesehen hätten, wenn er hinter Rebhühnern her war!«

      »Sie wollen uns doch wohl nicht etwa hier erzählen, daß er Rebhühner im Fliegen gefangen hätte!« rief Bahrens erschrocken aufspringend.

      »Nein«, sagte Harper, »das nicht, aber verdammt will ich sein, wenn er ihnen nicht bei jedem Sprung eine Handvoll Federn aus dem Schwanze riß.«

      »Gentlemen, hier kommt der Stew! Gott segne es, Betsy, Sie haben ihn stark gemacht!« rief Roberts. »Nein, ich danke, kein Wasser mehr drunter, das nimmt ihm den würzigen Geruch, es muß mitgekocht werden. Aber, Bahrens, Ihr hattet wahrhaftig recht – das Bärenfett schmeckt ausgezeichnet darin; so etwas Mildes und doch so feurig!«

      Das Gespräch wurde jetzt für einen Augenblick unterbrochen, und die Männer gaben sich ganz dem Genuß des Getränkes hin. Endlich brach Curtis das feierliche Schweigen und sagte schmunzelnd:

      »Mrs. Roberts und Mr. Rowson sollten nur den gestrengen Herrn Roberts hier sitzen und Whisky-Stew trinken sehen, die würden schöne Gesichter schneiden.«

      Roberts, der schon beim dritten Glase war und anfing warm zu werden, setzte ab und rief aus:

      »Mr. Rowson mag… Jedenfalls weiß ich, daß er mir in nichts hineinschwatzen soll, was mich angeht! Mit meiner Frau und Tochter mag er’s machen, wie er will, oder – wie die wollen vielmehr.«

      »Ich glaube, die wollen ziemlich, wie er will«, sagte Curtis.

      »Leider Gottes – der glatte, geschmeidige Schleicher ist mir von jeher ein Dorn im Auge gewesen – schimpft immer auf die Römisch-katholischen – hol’s der Henker, wenn ich glaube, daß er um eine Prise Schnupftabak besser ist!«

      »Der Rowson ist wohl höllisch in das Mädchen, in Eure Tochter, verschossen?« fragte Curtis.

      »Nun natürlich – in vier Wochen wollen sie zum Friedensrichter und halbpart machen – mir recht!«

      »Hört, Roberts, ich war auch einmal unmenschlich verliebt«, sagte Bahrens schmunzelnd. »Es war ein Mädchen aus der Stadt – aus Saint Louis. Ich handelte damals mit den Osagen oben, nach dem Missouri- und Yellowstoneriver hinauf, und lagerte etwa drei Meilen westlich von der Stadt. Wollt Ihr’s wohl glauben? Alle drei Tage bekam ich einen großen Brief, in dem gewiß von lauter Liebe und Treue geschrieben stand. Nur schade, daß ich es selbst nicht lesen konnte, und die Indianer, mit denen ich zusammen lebte, wußten an einem Brief nicht das Inwendige vom Auswendigen zu unterscheiden. Eine Liebesglut


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