Der beiden Quitzows letzte Fahrten. Karl May

Der beiden Quitzows letzte Fahrten - Karl May


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Aber schon stand Bismarck vor ihm, und die Klingen Beider kreuzten sich zum lebensgefährlichen Waffentanze.

      Fast hätte man meinen sollen, der skelethagere Knecht sei dem Ritter überlegen; er führte sein Schwert gleich einem Satan und machte Herrn Henning gar viel zu schaffen. Wer weiß, welches Ende der Kampf genommen hätte, wenn nicht Detlev noch zur rechten Zeit an die Seite seines hart bedrängten Gefährten getreten wäre. Es war ihm gelungen, einem der Knechte den Flamberg zu entwinden, und so bewaffnet, hatte er sie nach wenig Augenblicken in die Flucht geschlagen. Nun wandte er sich gegen Balthasar, dieser that das Seinige, dem doppelten Angriffe kraftvoll zu widerstehen; als er aber bemerkte, daß dies unmöglich sei, und zudem wahrnahm, daß sich die Seinen aus dem Staube gemacht hatten, holte er zum letzten wuchtigen Hiebe aus und rief:

      »Fort, alle miteinander? So, also, da stelle ich mich auch nicht allein her und lasse mir das Leder gerben!«

      Der Hieb wurde geschickt parirt, und mit zwei Schritten seiner langen Beine war er verschwunden. Detlev versuchte, ihn einzuholen, mußte aber die Fruchtlosigkeit dieses Beginnens einsehen und kehrte daher zu den Anderen zurück.

      Bald war das Pferd gefunden; es befand sich noch an demselben Platze, wo sein Herr es angebunden hatte, und schnaubte demselben freudig entgegen. Nach kurzer Berathung ward beschlossen, das Mädchen auf das Thier zu heben und zu Fuße den Weg zum nächsten Orte einzuschlagen, um sich dort wieder beritten zu machen.

      Der Zug setzte sich in Bewegung; nach kurzer Wanderung war die Straße erreicht, und nun ging es ungesäumt in der Richtung auf Lenzen zu, in welcher das nächste Dorf zu finden war. —

      Kapitel 7: Ein Uchtenhagen

      Es war zu Spandau, und fast noch niemals hatte die Stadt so viel fremde Gäste in ihren Mauern beherbergt als jetzt, denn Unzählige eilten von Nah und Fern herbei, um ein Ereigniß mit anzuschauen, von welchem die Kunde weithin durch das Land erklungen war: Werner von Holzendorf, als markgräflicher Hauptmann auf Schloß Bötzow gestellt, hatte einen offenen Feind des Markgrafen, auf welchem die kaiserliche Acht ruhte, in seinen Schutz genommen und sollte nun über diese That zur Rechenschaft gezogen werden. Nach damaligem Gebrauche wurde die Verhandlung auf öffentlicher Dingstätte vorgenommen, und da dies seit langer Zeit der erste Felonieprozeß war, welcher in den Marken vorgenommen wurde, so erregte er ein gar gewaltiges Aufsehen, und ein Jeder wollte Augen— und Ohrenzeuge sein von dem, was dabei zu sehen und zu hören war.

      Schon vorher hatte Markgraf Friedrich einen Landtag nach Berlin berufen und Herren, Mannen und Städte dazu eingeladen. Es sollte besonders über die eroberten Quitzowschen Güter eine gesetzliche Bestimmung getroffen werden, und auch Werner von Holzendorf mußte sich dazu einfinden, was er ohne Bedenken thun konnte, weil er sicheres Geleit hatte.

      Nach Beschlußfassung über die Quitzowschen Angelegenheiten hatte sich Friedrich von seinem Sitze erhoben und folgende Ansprache gehalten:

      »Euch allen, Ihr Herren, Ritter und Abgesandten Meiner getreuen und liebenwerthen Städte ist bekannt, daß Dietrich von Quitzow Mein und Meiner Lande Feind war und auch noch heute ist, der Meine Dienstleute und viele Meiner Unterthanen gefangen, geschlagen und ihnen das Ihrige genommen hat und sich seit der Eroberung der Burg Friesack auf der Flucht vor Mir befindet. Unbekannt aber wird es Euch sein, daß er von Werner von Holzendorf zu Bötzow aufgenommen worden ist, der ihm die verschlossenen Thüren und Räume geöffnet hat, so daß er mit seinem vollkommenen Wissen und Zustimmen hindurchreiten konnte. Ferner hat er ihn auf Neumühl zugelassen, wie Mir berichtet worden ist, und ihn deshalb hegen, speisen und bedienen lassen als einen kranken Knecht, an dem Mir nichts gelegen sei. Meine Diener und Boten hat Der von Holzendorf mit Schmach überfallen, geschlagen und gefangen genommen, sodaß Ich Mich mit Meiner fürstlichen Würde und Ehre tief gekränkt und beleidigt sehen muß. Jetzt nun ist Dietrich aus Neumühl weiter entflohen und der gerechten Strafe entzogen worden. So frage Ich Euch denn, Herr Werner, ob Ihr Euch zu den vorgedachten und beschriebenen Thaten bekennt oder Meine Beschuldigung der Unwahrheit zeihen möget!«

      Auf diese Worte hatten sich Aller Augen auf Werner gerichtet. Dieser aber war in stolzer Haltung aufgestanden und hatte also geantwortet:

      »Ich bin mit nichten ein Mann, welcher abläugnen möchte, was er gethan. Es ist so, wie Ihr gesagt habt, hoher Herr! Allein Ihr möget auch gar wohl bedenken, daß Dietrich von Quitzow schon längst vorher mein Freund und Waffenbruder war, ehe Ihr mein Gebieter wurdet, und daß dieser redlichen Freundschaft wegen sein Verhältniß zu Euch kein Grund werden konnte, auch mein Verhältniß zu ihm zu ändern!«

      Darauf hatte Friedrich erwidert:

      »Ihr hört, Herren, Mannen und Städte, wozu sich der Ritter Werner von Holzendorf bekennt. Ich behalte es mir vor, vor vollbesetzter Lehnsbank meine Klage gegen ihn vorzubringen!«

      Darauf war die Sache anhängig gemacht worden, und Friedrich hatte Herrn Hans von Torgau als Richter in dem zu erwartenden Prozesse gewählt. Dieser suchte sich dazu die erforderliche Anzahl von schildgeborenen Schöppen und Beisitzern, wie sie das Lehenecht verlangte, und berief sie zusammen, um mit ihnen die Lehnsbank zu besetzen. Friedrich brachte seine Klage vor, wie er sie bereits ausgesprochen hatte, gab die Thatsachen an, deren Werner von Holzendorf eingeständig war, und fragte dann das Gericht, ob Werner als sein gehuldigter und geschworener Diener damit die gelobte Treue lehnsrechtlich gegen ihn gebrochen hätte. Da die Schuld nicht bezweifelt werden konnte, so sprach das Gericht das Urtheil, nach welchem Werner vorgeladen wurde, um sich zu verantworten, wie es das Lehnrecht so erforderte. Infolge dessen erhielt er die Ladung, sich den Tag vor dem Lehnsgerichte in Spandau einzufinden, und es wurde ihm dabei bedeutet, daß ihm sein Recht geschehen werde, ob er sich nun einfinde oder nicht. —

      Der erwartete Tag war herangekommen, und schon früh vor Sonnenaufgang rief die Glocke zu Spandau die Einwohner und alle Fremden zur Dingstätte.

      Vor der Schloßbrücke stand ein Tisch und an zweien seiner Seiten je zwei Bänke in einer Reihe, also vier Bänke. An dem einen Ende stand ein ziemlich hoher Stuhl mit zwei vergoldeten Knöpfen; er war für den Richter bestimmt. Auf dem Tische lag ein weißer Stab, und hinter dem Stuhle hing ein Heerschild an einer fest in den Boden gestoßenen Lanze. Das Alles waren die Attribute der damaligen Gerichtsstätte, und nach damaligem Brauche hatte man den langen Tisch in der Richtung von Westen nach Osten aufgestellt, so daß der Richter am Westende saß und gegen Morgen schaute.

      Allmälig fand sich das Volk ein und umgab die Gerichtsstätte. Wie Meereswogen rauschte das Gemurmel der vielen Stimmen durch den kalten Morgen und dämpfte selbst dann nicht, als Hans von Torgau als fürstlicher Rath und Richter mit den Schöppen oder Urtheilern der Gerichtsbank aus dem Schlosse trat.

      Mit Aufgang der Sonne nahmen Alle ihre Plätze ein. Richter und Schöppen hatten Mäntel über die Schultern und erschienen unbewaffnet mit bloßem Kopfe und ohne Handschuhe, wie es der Gebrauch erforderte. Die Schöppen setzten sich auf die Bänke. Hans von Torgau aber setzte sich auf den Stuhl, indem er vorschriftsmäßig ein Bein über das andre schlug, in jenen Zeiten der Ruhe, der Beschaulichkeit und des Nachdenkens. Die Namen der Schöppen sind uns aufbewahrt; es waren: der junge Hans von Uchtenhagen, Heinrich von Strantz, Kunz von Hohendorf, Hans Barfuß, Czaslau von Conradsdorf, Siegmund von Knoblauch, Albrecht von Buste, Wieprecht von Thömen, Raven von Neukirchen, Albrecht von Quast, Cuno von Thömen, Witza Wolf und Herrmann Itzenplitz.

      Hans von Torgau ergriff den weißen Stock und hielt ihn aufrecht in der Hand. Dann fragte er:

      »Ist es an der Tageszeit, daß ich meinem Herrn das Lehnrecht hegen möge?«

      »Es ist hoch am Tage,« antwortete Wieprecht von Thömen, und die Sonne scheinet, so daß Ihr, wenn Ihr von Gott und von unserm Herrn, dem Markgrafen, die Macht und Gewalt habt, ein öffentliches Lehnricht hegen, halten und spannen möget!

      »Ist der Stuhl zu der Hege genugsam besetzt?« frug Hans weiter.

      Cunz von Hohendorf erhob sich und überblickte die Zahl der auf den Bänken Sitzenden. Dann antwortete er:

      »Er ist zur Hege genugsam besetzt, und wir sind alle vorhanden, die zum Rechte erforderlich sind.«

      Darauf schlug Hans mit dem Stabe auf den Tisch.

      »So gebiete ich denn Stille und befehle


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