Der Oelprinz. Karl May

Der Oelprinz - Karl May


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für ihn gibt es: hat er vielleicht eine Redensart wiederholt?«

      »Nicht daß ich wüßte.«

      »Hat er nicht einigemal gesagt: Wenn ich mich irre?«

      »Möglich, daß er etwas dem ähnliches gesagt hat; ich habe nicht darauf geachtet.«

      »So war er es doch nicht. Sam Hawkens sagt so oft: Wenn ich mich nicht irre, daß es einem jeden auffallen muß; dies wäre auch hier der Fall gewesen, und ich habe mich also geirrt.«

      Er schwang sich, wie sein Gefährte schon gethan hatte, vom Pferde und ließ es laufen. Seine Ahnung hatte ihn nicht betrogen, doch hatte Sam sich seiner Redensart zufälligerweise nicht so oft bedient, daß sie besonders in die Ohren gefallen wäre.

      Der Kleine war nach der Schenke zurückgekehrt und hatte sich wieder zu Dick und Will gesetzt. Um doch etwas zu verzehren, ließen sie sich je noch einen Whisky geben, den sie mit Wasser verdünnt tranken. Die Finders lachten über diese Nüchternheit, ließen die Drei aber sonst in Ruhe.

      Als es dunkel geworden war, brannte der Irländer eine Laterne an, welche aufgehängt wurde und den Platz vor dem Hause zur Not erleuchtete; in das Innere desselben sollte erst später, beim Essen, gegangen werden. Nach einiger Zeit stand Buttler vom Tische auf, gab dreien seiner Gefährten einen Wink und entfernte sich mit ihnen.

      »Das hat irgend einen Zweck,« sagte Will Parker leise. »Wohin mögen sie wollen?«

      »Kannst du dir das nicht denken?« fragte ihn Sam.

      »Nein. Ich bin nicht allwissend.«

      »Ich auch nicht; aber wer kein solches Greenhorn wie Will Parker ist, der muß wissen, was sie wollen.«

      »Nun, was, altes gescheites Coon?«

      »Fleisch.«

      »Woher?«

      »Von den Auswanderern.«

      »Ah, ja! Die haben gewiß Rauchfleisch mit, und das soll ihnen gestohlen werden.«

      »Fällt keinem Menschen ein! Die Finders haben Appetit nach frischem Fleische, und da draußen bei den Wagen gibt es sechzehn Ochsen. Weißt du nun, woran du bist, mein süßer Will?«

      »Ah, die Ochsen, richtig, richtig!« nickte der Gefragte.

      »Es ist diesen Gentlemen wirklich zuzutrauen, daß sie einen Ochsen stehlen, was viel leichter ist, als in einen bewachten Wagen zu steigen, um einen harten Schinken herauszuholen. Man legt sich auf die Erde, schleicht sich an das Tier und treibt es langsam und vorsichtig vom Lager fort, bis man es sicher hat.«

      »So ist es; ja, so wird’s gemacht, hihihihi! Scheinst in früherer Zeit ein feiner Ochsendieb gewesen zu sein, wenn ich mich nicht irre.«

      »Schweig, altes Coon! Mir sollten diese Leute leid thun, wenn sie ein Zugtier einbüßen. Ist dir deine Vermutung erst jetzt gekommen?«

      »Nein, sondern gleich als Buttler vom Fleische sprach.«

      »Und bist bei den Emigranten gewesen und hast sie nicht gewarnt?«

      »Wer sagt dir denn, daß ich dies nicht gethan habe? Aber man nannte mich einen Hanswurst, dessen guten Rat niemand braucht. Sam Hawkens ein Hanswurst, hihihihi! Hat mir ungeheuern Spaß gemacht. Bin zwar nicht ganz salonmäßig gekleidet; aber dieser Kantor emeritus sieht doch noch weit eher wie ein Bajazzo aus als ich, wenn ich mich nicht irre.«

      »Du lachst. Denkst du denn auch daran, daß wir zum Essen eingeladen sind?«

      »Natürlich denke ich daran! Fühle ja einen Hunger

      wie ein Prairiewolf, dem die Sonne zwei Wochen lang in den leeren Magen geschienen hat.«

      »Willst also der Einladung folgen und gestohlenes Fleisch mitessen?«

      »Yes, sogar sehr!«

      »Sam, das wird mir schwer, zu glauben, da du eine so grundehrliche alte Haut bist. Doch thu, was du willst; ich aber mache nicht mit. Gestohlene Ware ißt Will Parker nicht!«

      »Sam Hawkens auch nicht, außer er weiß, daß sie hinterher bezahlt wird.«

      »Ach, du meinst – — —?«

      »Ja,« nickte der Kleine. »Bin ein Hanswurst genannt worden und mußte mich mit meinem Rate abweisen lassen, werde also nichts verhindern. Strafe muß sein, besonders wenn sie zur Lehre und zur Besserung dient, wie mir scheint. Werde auch mit dem größten Appetit mitessen, dann aber dafür sorgen, daß die Bestohlenen voll entschädigt werden.«

      »Wenn das ist, esse ich auch mit. Müssen uns aber dabei sehr in acht nehmen. Sollte mich wundern, wenn uns die Finders ungerupft von dannen lassen wollten.«

      »Werden ihre eigenen Federn lassen müssen; paß nur auf!«

      Buttler mochte mit seinen Gefährten vielleicht drei Viertelstunden fortgewesen sein, als sie zurückkehrten. Sie brachten eine Rindslende mit, welche in das Haus geschafft wurde, um dort gebraten zu werden. Bis sie gar war, wurden noch mehrere Flaschen Whisky geleert. Als die Negerin endlich meldete, daß der Braten fertig sei, kam Buttler zu dem »Kleeblatt« herüber, um dasselbe aufzufordern, sich mit in das Innere des Hauses zu begeben.

      »Können wir das, was ihr uns spenden wollt, nicht lieber herausbekommen?« fragte Sam.

      »Nein,« lautete die Antwort. »Wer unser Gast sein will, muß bei uns sitzen. Uebrigens wißt ihr vielleicht, daß der Wein nur in Gesellschaft mundet.«

      »Wein? Woher soll der hier kommen?« that Sam erstaunt.

      »Ja, woher! Nicht wahr, das wundert euch? Ich sage euch, ihr seid bei echten Gentlemen zu Gaste geladen. Wir haben gesehen, daß ihr keinen Whisky mögt, und darum euch zu Liebe und euch zu Ehren den Wirt überredet, uns das einzige Fäßchen abzulassen, was er noch im Hause hat. Es ist ein Wein, wie ihr wohl noch keinen gekostet habt. Also kommt, Mesch’schurs!«

      Er wendete sich nach der Thür, in welcher seine Leute schon verschwunden waren. Dadurch gewann Sam Gelegenheit, seinen Gefährten zuzuraunen:

      »Wollen uns betrunken machen und dann ausrauben. Denken, wir haben Kindermagen, weil wir den Giftschnaps des Iren verschmähen. Hihihihi, sollen sich täuschen, wenn ich mich nicht irre! Sam Hawkens trinkt wie ein Kellerloch, und hat man je ein Kellerloch berauscht gesehen? Hört also, Boys: Richtet euch genau nach mir. Wir thun, als könnten wir nichts vertragen, trinken sie aber dennoch alle unter den Tisch.«

      »Wenn sie uns nicht vorher schon massakrieren!« bemerkte Will.

      »Fällt ihnen nicht ein! Müßten doch auf Widerstand gefaßt sein. Würden zwar denken, uns überwältigen zu können, zwölf gegen drei, doch nicht ohne daß auch wir ihnen einige Kugeln oder Stiche in das Fleisch geben. Werden es also jedenfalls vorziehen, uns schwer betrunken zu machen, daß wir uns dann nicht zu wehren vermögen. Also keine Sorge, altes Greenhorn! Hast immer Angst. Sam Hawkens aber ist kein solcher Neuling wie Will Parker und weiß ganz genau, wieviel er wagen darf.«

      Während dieses kurzen Gespräches thaten sie, als ob sie nach ihren Tieren sähen, die sich in der Nähe befanden, und traten dann in das Haus.

      Rechts lag die Küche mit einem höchst primitiven Herd, auf welchem ein Feuer brannte; über diesem hatte die Negerin das Fleisch gebraten. Links standen zwei lange Tafeln, welche aus ungehobelten Pfählen und Brettern bestanden, daran je zwei Bänke aus demselben Materiale. Es war also für alle Anwesenden Platz zum Sitzen vorhanden. Das Weinfaß lag in der Ecke auf einem Klotze; der Ire füllte daraus zwei Krüge, aus denen getrunken wurde. Gläser gab es nicht.

      Die Finders hatten sich vorgenommen, wenig zu trinken, bis ihre drei Gäste vollständig berauscht seien. Sie ließen also die Krüge fast ununterbrochen kreisen und thaten so, als ob sie tüchtig tränken, nahmen aber nur kleine Schlucke. Der Wein war aber wirklich gut; er schmeckte ihnen, und so kam es, daß ihre Schlucke immer größer wurden.

      Auch der Braten war vorzüglich; man sprach ihm tüchtig zu und war mit ihm schon fast auf die Neige gelangt, als eine Unterbrechung des Mahles eintrat. Es erschien nämlich der schon erwähnte Führer der Auswanderer unter der Thür, hinter ihm der alte Schmidt und


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