Die Juweleninsel. Karl May

Die Juweleninsel - Karl May


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bleibt unverbesserlich. Ich gebe sie auf.«

      »Was befehlen Ew. Hoheit mit ihr?«

      »Sie kommt in das Verließ.«

      »Entschuldigung, das wird nicht gehen!«

      »Warum?«

      »Es sind nur zwei sichere Steinkammern vorhanden, und diese sind besetzt. Die beiden Letzten sind noch nicht todt.«

      »Noch nicht? Sie scheinen sehr luxuriös zu leben!«

      »Das nicht; aber sie waren beide kerngesund, und mit einem Morde kann ich mein Gewissen denn doch nicht beschweren.«

      Der Prinz lachte cynisch.

      »Ja, ich weiß, daß Sie ein außerordentlich zartes Gewissen besitzen! Weiß Ihre Frau von den Beiden?«

      »Daß sie da waren weiß sie natürlich, nicht aber wo sie hingekommen sind. Sie ganz und vollständig in meine Geheimnisse einzuweihen halte ich nicht für nöthig.«

      »Das läßt sich begreifen. Sie könnte sonst einen Anflug von demjenigen überflüssigen Gefühle bekommen, welches man Eifersucht nennt. Und nun weiß ich auch, warum die Beiden noch leben. Sie waren schön, die Sängerin sowohl als auch die Gouvernante.«

      »Hoheit glauben doch nicht etwa, daß – — » stockte der Vogt verlegen.

      »Pah, wir kennen uns! Doch, ich will nicht zanken. Also die Komtesse hat keinen Platz da unten? Was meinen Sie, wie wäre es bei den Nonnen?«

      »Sehr praktisch. Da steckt sie gut und bleibt Ew. Hoheit immer aufgehoben. Ich wette, daß sie in kurzer Zeit so wohl erzogen ist, daß sie Ihren Besuchen mit Sehnsucht entgegensieht.«

      »Meinen Sie? Sollten die frommen Schwestern so gute Erziehungsmittel haben?«

      »Allerdings.«

      »Strenge?«

      »O nein, sondern das Beispiel. Das Beispiel ist in der Liebe ebenso mächtig wie irgend wo anders, in der Angst, in der Furcht oder im Hasse. Das Beispiel erzieht mehr als Bitte oder Strafe. Sprechen Sie mit dem Prior!«

      »Von ihm weiß ich, daß er sie aufnehmen wird. Aber die Gefahr! Sie wird gegen die Nonnen sprechen.«

      »Pah, das schadet nichts, denn diese werden kein Wort weiterreden, sondern sie vielmehr zu überreden suchen. Es gibt in dem Klosterkirchhofe einen Winkel, in welchem man beim Nachgraben nichts finden würde als die Ueberreste neugeborener Kinder.«

      »Nicht möglich! Wer wären dann die Väter?«

      »Die Mönche. Wer anders?«

      »Alle Teufel!«

      »Ja. Die frommen Väter und Mütter haben einander sehr lieb, und der alte Basaltfelsen hat nicht umsonst so tiefe Klüftungen und unterirdische Gänge.«

      »Ich weiß allerdings bereits Verschiedenes; von einem so nahen Umgange zwischen den beiden Klöstern aber erfuhr ich noch nichts. Sind Sie sicher?«

      »Pater Philippus, der Küchenmeister, ist mein leiblicher Bruder. Wir haben keine zahlreichen Geheimnisse vor einander.«

      »Dann bin ich überzeugt und werde sofort zum Prior gehen. Die Komtesse muß schon deshalb fort, um der Müllerstochter Platz zu machen.«

      »Ah, diese soll noch heute – —?«

      »Wollen erst sehen.«

      »Erlauben mir Hoheit die Bemerkung, daß es gefährlich ist, uns einer Person zu bemächtigen, welche hier in der Nähe wohnt. Und die Gefahr wächst, wenn dies noch heut geschehen sollte. Bei solchen Dingen ist es gut, den geeignetsten Augenblick geduldig abzuwarten.«

      »Ich kann nicht hier bleiben, bis es einem geeigneten Augenblick beliebt zu erscheinen.«

      »Aber Hoheit könnten wiederkommen!«

      »Meinen Sie, daß Unsereiner über seine Zeit zu bestimmen vermag wie jeder beliebige Privatmann?«

      »Ich bin vom Gegentheile überzeugt. Bestimmen Ew. Hoheit, ich werde gehorchen.«

      »Ich habe außer alledem noch eine Aufgabe für Sie, deren Lösung nicht ganz leicht sein wird. Sie kennen den Prinzen von Raumburg?«

      »Welchen?«

      »Den General, welcher sich bei der letzten Verschwörung in Norland kompromittirte und zu lebenslänglicher Haft verurtheilt wurde.«

      »Ihn kenne ich.«

      »Er hat es fertig gebracht, auf irgend einem heimlichen Wege einige Zeilen an mich gelangen zu lassen. Er sehnt sich natürlich nach der Freiheit, doch kann man offiziell nicht das mindeste für ihn thun, und ich am allerwenigsten, da ich mich nicht der Simpathie der norländischen Herrscherfamilie erfreue. Der ominöse Fall im Seebad Fallum hat diesen Riß bedeutend vergrößert, und ich bin wahrhaftig nicht abgeneigt, diesen Norländern einen Streich zu spielen, der ihnen zu schaffen macht. Die größte Verlegenheit würde ihnen bereitet, wenn es Prinz Raumburg gelänge zu entspringen. Dazu bedarf es der Hilfe von außen her, und ich bin sehr bereit ihm dieselbe zu gewähren, wobei ich mich allerdings auch gern auf Sie verlassen möchte.«

      »Ich stehe zu Diensten. In welcher Weise würde ich mich zu betheiligen haben?«

      »Raumburg muß natürlich über die See, doch nicht sofort, denn das wäre eine Unvorsichtigkeit. Er ist nicht blos politischer Gefangener, sondern man hat die Güte gehabt, ihn auch krimineller Punkte anzuklagen und zu überführen; er müßte also selbst vom Auslande ausgeliefert werden. Er kann sich erst, und zwar unter einem fremden Namen, in See wagen, wenn der Lärm, den sein Entkommen verursacht, vorüber ist, und bedarf daher eines Asyles, in welchem er Sicherheit findet. Dies wird Schloß Himmelstein sein. Er soll als Ihr Verwandter bei Ihnen wohnen. Dies wird die passive Theilnahme sein, welche ich von Ihnen fordere. Ob Sie vorher oder nachher auch aktiv eingreifen müssen, werden die Umstände ergeben. jetzt nun bringen Sie einen Imbiß, und dann werde ich mich zum Prior begeben.«

      Eine halbe Stunde später stieg er den Burgweg herab und nach dem Kloster zu. Er setzte den großen ehernen Klopfer in Bewegung, und der Bruder Pförtner erschien, um den Einlaß Begehrenden zu examiniren. Er erkannte natürlich den Prinzen, da derselbe oft hier am Orte verweilte, auf der Stelle und riß beide Flügel des Thores auf, um ihn mit einer tiefen Verneigung und salbungsvoller Ansprache zu begrüßen. Dann zog er die Glocke, auf deren Ton sämmtliche Insassen des Gott geweihten Ortes herbeieilten.

      Der Prior trat heran. Er war ein mit solcher Leibesfülle begabter Mann, daß sein Durchmesser fast seine Länge erreichte. Sein Gesicht glänzte von Fett, Salbung und Unterthänigkeit, und seine Rede duftete von himmlischem Weihrauch und göttlicher Ambrosia. Er geleitete den Prinzen zunächst in das Refektorium und dann in den Speisesaal, wo der Bruder Küchenmeister unter Beihilfe des Bruders Kellermeister schnell ein Ehrenmahl aufgetragen hatte. So wenig Zeit er dazu gehabt hatte, es ließ doch kaum etwas zu wünschen übrig und gab den deutlichen Beweis, daß die frommen Brüder wohl geistlich der Welt entsagt hatten, körperlich aber mit ihr in sehr innigem Zusammenhange geblieben waren.

      Am Schlusse der Tafel sprach der Prinz seine Anerkennung aus und ersuchte den Prior um einen Rundgang durch die Räume des Klosters, verbat sich aber jede weitere Begleitung. Er wurde durch die Kirche, durch Küche und Keller, in alle Zellen und auch hinaus in den Klostergarten geführt. Dieser lag nicht eben, was ja das Terrain gar nicht erlaubte, sondern zog sich bergauf gegen das Schloß hinan. Rundum von einer sehr hohen und wohl erhaltenen Mauer umgeben, zeigte er in seinem höchsten Theile den Klosterfriedhof, wo die sterblichen Leiber ruhten, deren einstige Bewohner nun im höheren Lichte wandelten. je ein Kreuz bezeichnete die Stätte, an welcher Staub zu Staub geworden war. Der Prinz wanderte mit dem Prior zwischen den Hügeln dahin, auf denen fromme Hände allerlei duftende Zierde gepflanzt hatten.

      »Hier ruhen die Väter Ihres Klosters?« frug Hugo.

      »Welche eingingen in die Hütten der Seligen,« antwortete der Prior.

      »Und die Mütter dort unten, haben sie einen eigenen Friedhof?«

      »Nein. Die beiden Klöster


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