Die Juweleninsel. Karl May

Die Juweleninsel - Karl May


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Briefträger verfolgte seinen Weg weiter, der Andere suchte seine Genossen auf.

      Diese drei Männer waren die entsprungenen Züchtlinge, deren Aeußeres sich allerdings bedeutend verändert hatte. Sie trugen feine Touristenanzüge, und jeder von ihnen hatte eine grüne Botanisirbüchse über die Achsel gehängt.

      »Wir sind sicher,« meinte Raumburg. »Der General ist nicht anwesend und seine Schwestern ebensowenig. Die andern Personen kennen mich nicht. Ich werde mir das Vergnügen machen, hier zu übernachten und dann später dem General zu schreiben, daß ich auf meiner Flucht seine Gastfreundschaft in Anspruch genommen habe. Er wird außer sich gerathen vor Aerger. Kommen Sie, wir umgehen das Dorf. Wir sind Touristen, das heißt Botaniker und Geologen; da kann es nicht auffallen, wenn wir über die Felder kommen.«

      »Wird man uns auch behalten?«

      »Versteht sich. Lassen Sie dies nur meine Sorge sein, und richten Sie sich ganz nach mir!«

      Auch sie schritten dem Schlosse zu, dessen Fenster nun bereits im halben Lichte lagen.

      Dort war die Zigeunerin von der Wirthschafterin sehr freundlich aufgenommen worden. Die beiden Kinder konnten das was sie erfahren hatten, nicht einen Augenblick verschweigen.

      »Wissen Sie, wen wir Ihnen gebracht haben, meine gute Frau Hartig?« frug Magda.

      »Nun?«

      »Das ist die berühmte Zarba, von der uns Papa so viel erzählt hat.«

      »Wirklich?« rief die Frau mit einem ehrerbietigen Blicke auf die Vajdzina.

      »Ja. Sie kann weissagen und ist allwissend. Sie hat auch mir bereits prophezeit.«

      »So! Was denn, wenn ich es erfahren darf?«

      »Daß Kurt einmal mein Mann wird.«

      »Ah!« lächelte die Wirtlischafterin. »Da würde ich doch Deine Schwiegermutter!«

      »Allerdings. Und das freut mich sehr, denn eine bessere Schwiegermutter könnte ich im ganzen Leben niemals finden. Aber nun kommt die Hauptsache für Sie: Zarba kennt nämlich Ihren Bräutigam und weiß auch, wo er sich befindet.«

      »Meinen Bräutigam? Ich habe ja keinen. Wen meinst Du, mein Kind?«

      »Kurts Vater.«

      »Ist es möglich? Nein, der ist todt, sonst wäre er gekommen.«

      »Im Gegentheile, er lebt; nicht wahr, Zarba?«

      »Ja, er lebt, und ich habe mit ihm gesprochen.«

      Die Wirthschafterin erbleichte im freudigen Schrecke.

      »Mein Gott, wenn dies wirklich wahr wäre! Schnell, schnell, sprechen Sie!«

      »Sagen Sie mir erst alles, was Sie von ihm wissen!«

      »Er hieß Balduin Schubert und war Steuermann auf einem Kauffahrer, als ich ihn kennen lernte. Verwandte hatte er nicht, als nur einen Bruder, von dem er mir erzählte, daß er bei dem Hofschmied Brandauer in der Residenz gelernt habe und jetzt dort Geselle sei. Dann ging er in See und ließ nichts wieder von sich hören. Oder ist er gekommen und hat mich nicht gefunden, denn ich wurde gezwungen, einen Andern zu heirathen und mußte mit diesem die Heimath verlassen.«

      »Haben Sie sich nicht einmal an seinen Bruder gewendet?«

      »Ich wollte ihm einmal schreiben, obgleich ich nicht wußte, ob er noch bei Brandauer sei; aber mein Mann kam dazu und las den Brief. Er behandelte mich darauf in der Weise, daß ich es nie wieder wagte, einen Brief zu verfassen. Er mochte meinen, Kurt zu verlieren, der fast ganz allein uns ernähren mußte. Also er lebt wirklich noch?«

      »Ja. Er ist jetzt Obersteuermann auf dem »Tiger,« den der Kommodore Arthur von Sternburg befehligt. Dieser ist mehr sein Freund als sein Vorgesetzter, und ich kann versichern, daß es ihm sehr gut geht.«

      »Wo haben Sie mit ihm gesprochen?«

      »Droben in den Bergen, während des letzten Krieges.«

      »Wie sah er aus? War er gesund?«

      »O, man sah ihm keine Krankheit an.«

      »Hat er von mir gesprochen?«

      »Nein, denn dazu gab es weder Zeit noch Gelegenheit.«

      »Er hat mich sicher nicht vergessen, das weiß ich ganz gewiß. Könnte ich ihn doch einmal sehen!«

      »Das wird wohl geschehen, jetzt zwar nicht, aber später sicher!« meinte Zarba. »Aber wer kommt denn da über den Hof?«

      Sie traten an das Fenster und sahen den Mann, welcher sich im Gasthofe so genau erkundigt hatte. Ueber die Züge der Zigeunerin ging ein leises Lächeln. Sie mußte ihn kennen. Die Wirthschafterin bemerkte es und frug:

      »Wer ist es?«

      »Sie werden es gleich von ihm selbst erfahren. Ich werde mich einstweilen verbergen.«

      Sie trat hinter das Kamin. Kaum war dies geschehen, so ging die Thüre auf. Der Eintretende grüßte und wandte sich an die Wirthschafterin.

      »Entschuldigen Sie, Madame! Werden Sie pei dem Namen Hartig gerufen?«

      »Ja.«

      »So sind Sie die Frau Wirthschafterin des Herrn Generals von Helpig?«

      »Allerdings.«

      »So sind Sie diejenige Dame, mit der ich zu reden hape. Ich pin nämlich der Gastwirth und Schmiedemeister Schupert aus der Residenz.«

      »Schubert? Ah! Wir haben soeben von Ihnen gesprochen. Seien Sie mir herzlich willkommen!«

      »Freut mich sehr, daß ich Ihnen willkommen pin! Sie hapen soepen von mir gesprochen? Da muß ich Ihnen doch pereits ein Pischen pekannt sein.«

      »O, ich kenne Ihren Namen schon fünfzehn Jahre lang.«

      »Mein Pruder Palduin hat Ihnen denselben wohl gesagt?«

      »Ja. Aber bitte, setzen Sie sich!«

      »Ja, ich will Platz nehmen, denn wir werden wohl viel zu sprechen hapen.«

      »Kann ich erfahren, wie Sie zu meiner Adresse gelangt sind?«

      »Ich hape sie von Herrn General von Helpig pekommen. Sie müssen nämlich wissen: Der Hofschmied Prandauer, mein früherer Meister, gipt sein Geschäft auf, und der König Seine Majestät will mich zum Hofschmied machen. Die peiden Gesellen, nämlich der Heinrich und der Paldrian, werden da pei mir arpeiten, opgleich ich Ihnen unsere Gastwirthin und Kartoffelhändlerin Parpara Seidenmüller weggefischt hape, die nun meine Frau ist. Alle hohen Herrschaften, welche pei dem Meister arpeiten ließen, kommen nun zu mir, und auch der Herr General von Helpig kam gestern mit dem Kronprinzen Max. Wr hapen von Ihnen und meinem Pruder gesprochen; ich erfuhr, daß der alte Schwede einen Sohn hat, und hape mich sofort aufgemacht, um Sie und ihn aufzusuchen. Kann ich den jungen einmal zu sehen pekommen?«

      »Hier ist er!«

      »Das? Dieser da? Sapperlot, ist das ein Prachtkerl! Junge, ich pin Dein Onkel und Du pist mein Neffe. Komm an mein Herz und giep mir einen tüchtigen Schmatz!«

      »Da ist er!« jubelte Kurt, der ganz glücklich war, so plötzlich einen Oheim zu bekommen.

      »So! junge, Du gefällst mir ganz ausgezeichnet. Willst Du Schmied werden? Ich nehme Dich in die Lehre, und Du sollst es pei uns gut hapen!«

      »Das geht nicht, Onkel, denn ich soll Marineoffizier werden.«

      »Was? Marineoffizier? Das ist verteufelt hoch hinaus. Aperich hape nichts dagegen, opgleich ich Dir sagen muß, daß es nach Offizier nichts Pesseres gipt, als ein tüchtiger Schmied zu sein. Was wird sich meine Parpara freuen, wenn sie erfährt, daß sie einen so schmucken Neffen hat! junge, Du mußt mit mir nach der Residenz, damit sie Dich zu sehen pekommt.«

      »Ich gehe mit, denn ich habe Ferien, weil unser Hauslehrer verreist ist; nicht wahr, Mutter?«

      »Ich weiß nicht, ob es der Herr General erlauben wird.«

      »Op der? Natürlich erlaupt er es; das versteht sich ja ganz von selper!«

      »Ja,


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