Durch das Land der Skipetaren. Karl May

Durch das Land der Skipetaren - Karl May


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hast du aber unternommen, um diesen Auftrag auszuführen?«

      »Wir beide haben die Nachbarn zusammengeholt und sind dorthin gelaufen, wo du uns hingeschickt hattest.«

      »Das ist sehr schön von euch, sehr schön! Ich muß dich loben. – Weiter!«

      »Jetzt kommen wir wieder.«

      »So! Das sehe ich beinahe. Ist nichts passiert?«

      »Nein, Effendi.«

      »Auch das ist gut, denn sonst hätte vielleicht gar etwas passieren können. Wie viele Männer hattest du denn bei dir?«

      »Wir waren zwölf.«

      »Das hätte genügt: Zwölf gegen vier.«

      »Und bewaffnet waren wir auch. Wir hätten alles niedergeschossen und niedergestochen.«

      »Ja, ich weiß gar wohl, daß Ostromdscha berühmt ist wegen seiner tapferen Bewohner.«

      »O, auch die Umgegend!« meinte er.

      »Ja wohl! Du bist ja aus derselben. Hat sich denn nichts sehen oder hören lassen?«

      »O doch! Mehreres.«

      »Was denn? Berichte nur!«

      »Wir sahen das Feuer und freuten uns natürlich sehr darüber.«

      »Ah! Warum?«

      »Weil wir glaubten, ihr hättet die Diebe in der Hütte verbrannt.«

      »Nein, so übermäßig tapfer bin ich nicht; übrigens befanden sie sich gar nicht in der Hütte.«

      »Dann sahen wir Leute mit einer Fackel durch die Büsche kommen.«

      »Das war ich mit meinen Freunden.«

      »Dann hörten wir euch rufen und schimpfen.«

      »Erkanntet ihr nicht die Stimmen?«

      »Sehr wohl. Erst rief der alte Mübarek zu euch hinauf, und dann brüllte dein Hadschi von oben herunter.«

      »Also hast du gewußt, daß es der Mübarek war?«

      »Natürlich. Wir alle erkannten seine Stimme.«

      »So mußtet ihr ihn und seine Begleiter aufhalten.«

      »Das ging ja nicht.«

      »Doch, sehr leicht. Ihr seid tapfere Leute.«

      »Wir durften aber nicht.«

      »Warum nicht?«

      »Das wäre ja gegen deinen Befehl gewesen.«

      »Wie? Was? Inwiefern?«

      »Du hattest uns befohlen, ihnen die Straße zu verlegen, und das haben wir auch getan.«

      »Weiter!«

      »Sie waren aber so klug, nicht auf der Straße zu reiten, sondern über die Brache, welche zwischen der Straße und dem Fluß liegt.«

      »Und ihr begabt euch nicht dorthin?«

      »Nein. Durften wir unsern Posten verlassen? Ein tapferer Mann hält da, wohin man ihn gestellt hat, bis zum Tode aus.«

      Er sagte das in stolzem Selbstbewußtsein und blickte mich so herausfordernd an, als ob er ein ganz besonderes Lob erwartet hätte. Es ist höchst wahrscheinlich, daß ich in diesem Augenblick kein sehr geistreiches Gesicht gemacht habe, denn Halef gab mir einen Stoß und flüsterte mir zu:

      »Sihdi, mach‘ den Mund zu. Willst du einen so wackeren Kerl verschlingen?«

      Ich war allerdings über die sonderbare Logik einer solchen Verteidigungsrede etwas verblüfft geworden. Und war das ein Wunder? Was soll man mit solchen Leuten machen? Tadeln? Nein. Loben? Noch weniger. Glücklicherweise erschien ein Retter in der Not, nämlich der Anwalt. Diesen – als obrigkeitlichen Leiter der Angelegenheit – hätte der Bericht des tollkühnen Gastwirtes und Herbergsvaters auf das höchste interessieren sollen; aber er hatte gar nicht darauf gehört, sondern ohne Unterlaß den Hadschi betrachtet. Jetzt schob er sich zwischen diesen und mich und sagte leise:

      »Effendi, jetzt ist es wohl die beste Zeit!«

      »Wozu?«

      »Zu deiner Fürsprache bei dem Hadschi, welche du mir versprochen hast. Oder willst du dein Wort nicht halten?«

      War das zum Aergern oder zum Lachen? Der gute »Staatsanwalt« interessierte sich viel mehr für die Kugelfestigkeit des Hadschi als für den ihm übergebenen Kriminalfall.

      »Am Morgen, wenn wir ausgeschlafen haben, nicht jetzt,« antwortete ich ihm. »Jetzt hast du deine Pflicht zu tun.«

      »Wie denn?«

      »Dort steht der Kodscha Bascha, und hier hast du den Kaftan am Arm.«

      »Ich soll ihm denselben zeigen?«

      »Natürlich! Auch das Geld hast du. Diese Leute warten alle darauf, daß er überführt wird, und du zögerst noch? Es scheint nicht, daß du deiner Pflicht genügen willst.«

      »O doch, Effendi! Du sollst sogleich erfahren, wie ernst und streng ich mich dieses wichtigen Falles annehmen werde.«

      »Ich hoffe es und werde ja wohl hören.«

      Die Mägde waren beordert worden, wieder einige der bereits erwähnten Feuer anzuzünden, und so war der Hof wenigstens so weit erleuchtet, daß man die Gestalten zu erkennen vermochte.

      Der Anwalt trat vor und rief:

      »Ihr Söhne des Kuran und Kinder des wahren Glaubens, ich stehe hier an Stelle des Padischah, dem Allah einst die Freude des Paradieses verleihen möge. Ich habe euch zu verkündigen, daß der Kodscha Bascha überführt ist. Wir haben seinen Kaftan gefunden, aus welchem der fremde Effendi ein Stück gerissen hat. Er wird dem Kodscha Bascha zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes den Kaftan bezahlen müssen, was er sehr gern tun wird, denn er ist reich, und das Geld kommt in die Kasse des Gerichtes« – — das sollte natürlich eigentlich heißen, in seinen eigenen Beutel – — »aber er hat damit glänzend bewiesen, daß der Kodscha Bascha oben auf dem Berg gewesen ist. Auch das Geld haben wir gefunden, welches der Bascha erhalten hat, um die vier Halunken frei zu lassen. Ebenso erfuhren wir, daß er ihnen seine vier Pferde zur Flucht gegeben hat. Es ist also kein Zweifel mehr an seiner Schuld, und so frage ich dich denn, edler Effendi, wie viel du für den Kaftan bezahlen willst?«

      »Allah akbar – Gott ist groß!« rief Halef neben mir.

      Ich war natürlich nicht weniger erstaunt als er. Ich hatte unbedingt als nächste Folge dieser Beweisführung erwartet, daß der Kodscha Bascha als gefangen erklärt würde; anstatt dessen aber war die Wirkung die, daß ich den elenden Kaftan bezahlen sollte. Ich antwortete laut:

      »Zu meiner Freude höre ich, o Kasa-Mufti, daß deine Gerechtigkeit ebenso groß wie dein Scharfsinn ist. Darum frage ich dich, wer eigentlich den Kaftan zerrissen hat.«

      »Doch du, Effendi!«

      »O nein!«

      »Herr, ich erstaune! Es ist ja bereits erwiesen und uns allen bekannt.«

      »Ich bitte dich um die Güte, mich anzuhören.«

      »So sprich!«

      »Ist es erlaubt, einen Mann, welcher auf den Wegen des Verbrechens geht, anzuhalten?«

      »Ja, das ist sogar die Pflicht eines wahren Gläubigen.«

      »So kann ich doch nicht dafür bestraft werden, daß ich den Kodscha Bascha festhalten wollte!«

      »Dafür nicht.«

      »Und weiter habe ich nichts getan.«

      »O doch! Du hast ihm den Kaftan zerrissen.«

      »Nein. Ich forderte ihn auf, still zu stehen, und hielt ihn am Kaftan fest. Wäre dieses Kleid zerrissen, wenn sein Besitzer stehen geblieben wäre?«

      »Sicherlich nicht.«

      »Ist er aber stehen geblieben?«

      »Nein, er entsprang.«

      »Wer also hat den Kaftan zerrissen?«

      Es


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