Durch das Land der Skipetaren. Karl May

Durch das Land der Skipetaren - Karl May


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Merwan Abul Achmed Abu Baschar Chatid esch Schonahar.«

      Die beiden Wegelagerer hielten sich die Hände vor die Ohren und stießen ein lautes Gelächter aus. Sie schienen gar keine Lust zu haben, sich durch meine Eigenschaft als Scherif imponieren zu lassen. Wären sie griechisch-katholische Skipetaren gewesen, so hätte mich das gar nicht gewundert; da ich aber ihrer Kleidung nach annehmen mußte, daß sie sich zum Islam bekannten, so war zu vermuten, daß sie sich aus den Lehren und Satzungen desselben nur blutwenig machten.

      »Woher kommst du denn, du mit dem langen Namen, den kein Mensch sich merken kann?« fragte der Eine weiter.

      Ich warf ihm über die Brille weg einen langen, ernsten, ja vorwurfsvollen Blick zu und antwortete:

      »Den kein Mensch sich merken kann! Habe ich dir denn nicht soeben meinen Namen gesagt?«

      »Allerdings.«

      »Also muß ich ihn doch wissen und ihn gemerkt haben.«

      Alle beide lachten wieder hellauf.

      »Ja du! Das wäre doch auch gar zu schlimm, wenn du nicht deinen eigenen Namen wüßtest. Aber du wirst wohl der Einzige sein, der ihn hat merken können.«

      »Er kann nie vergessen werden, denn er ist in dem Buch des Lebens eingetragen.«

      »Ah so! Du bist ja Scherif, und von euch kommt keiner in die Hölle. Aber du wolltest doch uns aus derselben erlösen und uns erklären, daß der Raki verboten ist.«

      »Das ist er auch, und zwar streng.«

      »Und das steht im Kuran?«

      »Gewiß und wahr.«

      »Hat es denn, als der Prophet die Offenbarungen erhielt, schon Raki gegeben?«

      »Nein, denn davon steht in keiner Welt- und Naturgeschichte ein Wort geschrieben.«

      »So kann er also auch nicht verboten worden sein.«

      »O doch! Das betreffende Wort lautet nämlich: »Kullu muskürün haram« – alles, was trunken macht, ist untersagt, ist verboten, ist verflucht. Also ist auch der Raki verflucht.«

      »Er macht uns aber nicht trunken!«

      »Wohlan, so ist er euch auch nicht verboten.«

      »Und der Wein ist uns gleichfalls nicht gefährlich.«

      »So genießt ihn mit Andacht und in bescheidener Menge.«

      »Das ist gut! Das hört man gern! Du scheinst kein übler Ausleger zu sein. Wirst du denn betrunken vom Raki?«

      »Wenn ich nur wenig trinke, nicht.«

      »Und was nennest du wenig?«

      »Einen Fingerhut voll, mit einer solchen Flasche Wassers verdünnt.«

      Ich zeigte auf die große, dicke Schnapsflasche, welche vor uns stand.

      »Ja, dann kannst du allerdings nicht berauscht werden. So will ich dir Wasser holen, und dann trinkst du mit uns.«

      Er stand auf und brachte bald einen mit Wasser gefüllten Topf und ein Glas. Er goß das Glas zum vierten Teil voll Wasser und füllte es dann mit Raki bis oben an.

      »So,« sagte er, es vor mich hinstellend. »Jetzt ist Wasser dabei. Nun kannst du mit uns trinken, ohne dich an den Geboten des Kuran zu versündigen. Allah segne dein Leben!«

      Er setzte die Flasche an den Mund, tat einen langen Zug und gab sie dann seinem Bruder, der sich ebenso reichlich bediente. Ich nippte bescheiden aus meinem Glas.

      Dieser Eine schien überhaupt, während der Andere sich schweigend und beobachtend verhielt, das Wort führen zu wollen. Er fragte bald wieder:

      »Also, woher kommst du?«

      »Eigentlich komme ich von Avret Hissar.«

      »Und wo willst du hin?«

      »Nach Skopia, um die Gläubigen dort in den Gesetzen und Regeln des Kuran zu unterrichten.«

      »In Skopia? Da wirst du nicht viel Freude erleben.«

      »Warum?« fragte ich mit schüchternem Befremden.

      »Weißt du denn nicht, daß man dort die Frömmigkeit verlacht?«

      »Ich habe es vernommen und eben deshalb will ich hinreisen.«

      »So wirst du dir die Schwindsucht an den Hals reden, aber keinen Menschen bekehren.«

      »Was geschehen soll, das geschieht. Es ist in dem Buch des Lebens verzeichnet.«

      »Du scheinst dieses Buch sehr genau zu kennen?«

      »Allah kennt es, und nur er allein liest es. Ich hoffe, daß einige Bewohner von Skopia auch darinnen verzeichnet sind.«

      »Das bezweifle ich stark. Es sollen viele Skipetaren dort sein, und die taugen nichts.«

      »Leider habe ich das auch gehört.«

      »Daß die Skipetaren nichts taugen?«

      »Jawohl.«

      »Wieso denn?«

      »Der Scheïtan hat sie besessen. Ich kenne sie nicht, aber sie sollen Diebe, Räuber und Mörder sein. Die Hölle selbst ist noch viel zu gut für sie geschaffen.«

      »Hast du denn noch keinen Skipetar gesehen?«

      »Ich habe noch nie das große Unglück gehabt, einem dieser Sünder zu begegnen,« antwortete ich mit einem Seufzer. Dazu schnitt ich ein möglichst einfältiges Gesicht. Sie stießen sich unter dem Tisch mit den Füßen an und schienen großes Vergnügen an meiner Albernheit zu haben.

      »Aber hast du denn keine Furcht vor ihnen?« fragte er weiter.

      »Warum sollte ich mich fürchten? Könnten sie mir etwas Anderes tun, als was mir bereits vorher bestimmt wäre!«

      »Hm! Du reisest ja nach dem Land der Skipetaren. Wenn dich nun ein solcher Räuber überfällt?«

      »Das wäre jammerschade um seine Mühe. Dies ist mein ganzes Vermögen.«

      Sechs Piaster warf ich auf den Tisch, und ich hatte auch die Wahrheit gesagt, denn ich trug nicht mehr bei mir, weil ich dem kleinen Halef mein Geld übergeben hatte.

      »Da können sie sich bei dir allerdings nicht viel holen, aber du mußt doch auf der Reise Geld haben!«

      »Geld? – Wozu?«

      »Nun, um leben zu können.«

      »Dazu brauche ich nichts. Hat der Prophet nicht befohlen, gastfreundlich zu sein?«

      »Ah, du bettelst?«

      »Betteln! Willst du einen Scherif beleidigen? Speise, Trank und ein Nachtlager finde ich überall.«

      »Wo hast du denn in letzter Nacht geschlafen?«

      »In Ostromdscha.«

      »Ah, dort! Das ist uns interessant.«

      Beide warfen einander einen Blick zu, welcher heimlich sein sollte.

      »Warum? Seid ihr etwa von dort?«

      »Das nicht; aber wir hörten, daß in letzter Nacht dort ein großes Feuer gewesen sei.«

      »Groß? O nein!«

      »Es soll die halbe Stadt niedergebrannt sein.«

      »Das hat euch ein großer Lügner gesagt. Einen Brand hat es gegeben, das ist wahr; aber er war ganz unbedeutend und nicht einmal in der Stadt.«

      »Wo denn?«

      »Oben auf dem Berg.«

      »Dort gibt es doch gar kein Haus!«

      »Aber eine Hütte.«

      »Etwa diejenige des alten Mübarek?«

      »Ja, dieselbe.«

      »Kennt man denn den Brandstifter?«

      »Der Mübarek ist es selbst gewesen.«

      »Das glaube ich nicht. Ein solch frommer Mann soll ein Brandstifter sein?«

      »O,


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