Durch das Land der Skipetaren. Karl May

Durch das Land der Skipetaren - Karl May


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ich wissen, bei wem?«

      »Warum nicht? Ich bin ein Fremder und weiß es doch.«

      »Was! Du weißt es?«

      »Ja, ganz genau.«

      »So mußt du allwissend sein.«

      »Nein; ich habe aber gelernt, nachzudenken. Solche Halunken werden sich nur bei gleich schlechten Subjekten verstecken. Wer aber ist das schlechteste Subjekt in Ostromdscha?«

      »Meinst du den Mübarek?«

      »Du hast‘s erraten.«

      »Bei ihm sollen sie sein?«

      »Jedenfalls.«

      »Da irrst du dich.«

      »Ich irre mich so wenig, daß ich bereit bin, mit dir zu wetten. Wenn du die Diebe fangen willst, so mußt du hinauf zur Ruine gehen.«

      Er blickte zu dem Mübarek hinüber, und dieser erwiderte den Blick. Es war mir ganz so, als ob diese beiden doch in einem Einvernehmen ständen.

      »Der Weg würde vergeblich sein, Herr,« sagte er.

      »Ich bin vom Gegenteil überzeugt und sage dir, daß wir nicht nur die Diebe, sondern auch die gestohlenen Gegenstände finden würden. Darum fordere ich dich auf, mir mit deinen Kawassen zu folgen.«

      »Du scherzest doch?«

      »Nein, es ist mein Ernst.«

      »In dieser Dunkelheit?«

      »Fürchtest du dich?«

      »Nein; aber solche Menschen sind gefährlich. Sind sie wirklich oben, so werden sie sich verteidigen. Warte lieber, bis es morgen Tag geworden ist.«

      »Bis dahin könnten sie entkommen sein. Es hat übrigens den Anschein, daß es hier Leute gibt, welche die Diebe warnen würden.«

      »Das wird niemand tun. Ich selbst werde dafür sorgen, daß kein Mensch sich in dieser Nacht der Ruine nähern kann.«

      »Sorge lieber dafür, daß wir schnell aufbrechen können, und gib Befehl, daß Laternen mitgenommen werden.«

      »Herr, laß ab von diesem Beginnen!«

      »Nein! Wenn du deine Pflicht nicht tun willst, so bleibe daheim. Ich werde Leute finden, welche des Amtes eines Kodscha Bascha würdiger sind.«

      Das zog. Er wackelte zwar noch immer höchst bedenklich mit dem Kopf, sagte aber doch:

      »Du darfst mich nicht verkennen. Ich bin nur auf dein eigenes Wohl bedacht und wünsche nicht, daß du dich in Gefahr begibst.«

      »Kümmere dich nicht um mich! Mein Wohl wahre ich selbst.«

      »Nehmen wir den Mübarek mit?«

      »Ja. Er wird uns führen.«

      »So erlaube, daß ich für Beleuchtung und auch für Waffen sorge.«

      Er begab sich in das Haus.

      Viele der anwesenden Leute eilten fort; ich vermutete, um Laternen, oder etwas Aehnliches zu holen und uns zu begleiten. Ibarek hatte dieser Verhandlung still zugehört. Jetzt fragte er mich:

      »Effendi, glaubst du wirklich, daß wir die drei Spitzbuben fangen?«

      »Ganz gewiß.«

      »Und daß ich mein Eigentum zurückerhalte?«

      »Ich bin überzeugt davon.«

      »Herr, ich kann dich nicht begreifen! Es scheint, daß du alles weißt. Ich gehe natürlich mit Freuden hinauf zu der Ruine.«

      »Was sagst du nun zu dem Einsiedler? Du hast ihn gepriesen, obgleich du ihn fürchtetest. Und als du von ihm sprachst, ahnte ich bereits, daß er ein großer Halunke sei. Die Diebe deines Eigentumes befinden sich bei ihm.«

      Der Bascha kehrte bald zurück. Er brachte einige alte Laternen, mehrere Fackeln und eine Anzahl von Kienspänen. Andere Leute kamen mit ähnlichen Beleuchtungsgegenständen herbei, und dann setzte sich der Zug in Bewegung.

      Ein nächtlicher Zug zu der Ruine hinauf, um Diebe einzufangen, das war noch niemals dagewesen; das war den Leuten eine Lust. Darum wanderte fast die ganze Bevölkerung des Ortes hinter uns her.

      Da ich weder dem Kodscha Bascha noch seinen Kawassen recht traute, mußten Osko und Omar den Mübarek bewachen. Sie hatten ihn zwischen sich genommen.

      Voran schritten einige Kawassen. Dann kam der Bascha mit den Herren seines Gerichtes, hinter diesen der Mübarek mit seinen beiden Wächtern, dann ich mit Halef und den beiden verschwägerten Wirten, und hinter uns drein tummelte sich das Alter und die Jugend von Ostromdscha.

      Es war lustig, zu hören, welche Meinungen geäußert wurden, auch über unsere Personen. Der Eine meinte, ich sei ein großherrlicher Prinz, und der Andere hielt mich für einen persischen Fürstensohn. Ein Dritter schwur, ich sei ein indischer Zauberer, und ein vierter schrie überlaut, daß ich ein Kronprinz aus Moskau sei und gekommen wäre, um das Land für Rußland zu erobern.

      Je näher wir der Ruine kamen, desto stiller wurden die Leute. Sie sahen doch ein, daß man vorsichtig sein müsse, wenn man Spitzbuben fangen wolle.

      Da, wo der Wald begann, blieben viele zurück. Das waren die Furchtsamen. Sie versicherten aber doch hoch und teuer, daß sie sich nur darum hier postierten, damit die Diebe an dieser Stelle nicht durchkommen könnten, falls es ihnen gelingen sollte, oben zu entfliehen.

      Als wir dann die Lichtung erreichten, herrschte die Ruhe des Grabes auf derselben. Die Helden fühlten sich beklommen. Die Spitzbuben konnten ja jeden Augenblick erscheinen, konnten hinter jedem Baum stecken. Man trat so leise wie möglich auf, um sie ja nicht zu verscheuchen und – — um ja nicht etwa derjenige oder diejenige zu sein, der oder die mit ihnen in Kampf kommen werde. Denn Frauen waren auch dabei.

      Diese gespannte Stille erlitt freilich einmal eine kurze Unterbrechung. Ein schriller Schrei erscholl aus einer weiblichen Kehle. Als ich an die Stelle kam, fand ich, daß Nohuda, die »Erbse«, so unglücklich gewesen war, sich in die kalte Quelle zu betten, an welcher ich die Butterblume gefunden hatte. Sie saß im Wasser und hielt ihrem geliebten Gerichtsbeisitzer eine mehr als halblaute Rede, deren Inhalt dringend wünschen ließ, daß sie dieselbe in sehr leisem Ton gehalten hätte. Sie wollte sich nicht herausziehen lassen, denn sie werde sich erkälten, wenn sie durchnäßt in der kühlen Abendluft einhergehen müsse, und nur, als ich ihr erklärte, daß das Wasser noch kälter als die Luft sei, meinte sie:

      »Effendi, deinem Rat werde ich folgen. Du weißt das alles besser als andere Leute oder gar als mein Mann, der mich geraden Wegs in dieses Loch hineingeführt hat.«

      Ich zog sie heraus. Glücklicherweise stand das Wasser kaum einen Fuß hoch. Ob es in der Folge ihrer durch Eisenocker verjüngten Schönheit schädlich geworden ist, weiß ich leider nicht.

      Der Mübarek stand mit Omar und Osko an der Türe seiner Hütte. Er verlangte, hineingelassen zu werden. Da er sich aber mit Chemie abgab und in allerlei vermeintlichen Zauberkünsten bewandert war, so traute ich ihm nicht. Er konnte ja irgend eine Vorrichtung angebracht haben, welche für den Fall einer plötzlichen Verhaftung berechnet war.

      »Was willst du drin tun?« fragte ich.

      Er antwortete mir nicht. Der gute Mann schien gar nichts mehr von mir wissen zu wollen.

      »Wenn du nicht antwortest, so darfst du auch nicht erwarten, daß dein Wunsch erfüllt werde.«

      Jetzt antwortete er:

      »Ich habe Tiere drin, welche gefüttert werden müssen, wenn sie nicht verhungern sollen.«

      »Ich selbst werde sie morgen früh füttern. Deine Heimat ist von jetzt an das Gefängnis. Doch bin ich bereit, dir den Wunsch zu erfüllen, falls du mir einige Fragen der Wahrheit gemäß beantwortest.«

      »So frage!«

      »Hast du Besuch?«

      »Nein.«

      »Bewohnt außer dir jemand die Hütte oder die Ruine?«

      »Nein.«

      »Weißt du


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