Im Lande des Mahdi I. Karl May

Im Lande des Mahdi I - Karl May


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das Churdebin [Mikroskop,Vergrößerungsglas,]betrachtet.«

      »Nein, denn ich weiß, daß Sie die ganze große Gum [Raubkarawane]vernichtet haben; es ist Ihnen nicht ein einziger der Imoscharh oder Tuareg entkommen.«

      »Ich war ja nicht allein!«

      »Ein Engländer und zwei Diener waren mit Ihnen; das ist alles. Ich mußte später in Geschäften zu Latréaumont, und er hat mir die Geschichte ausführlich erzählt. Effendi, wo kommen Sie jetzt her?«

      Vom Bir Haldeh im Gebiete der Uelad Ali.«

      »Und wo wollen Sie hin?«

      »Nach Hause.«

      »Nach Deutschland? Werden Sie dort erwartet, oder haben Sie dort notwendige Geschäfte? Ein Effendi wie Sie kann aber doch keine Geschäfte haben!«

      Er erwartete meine Antwort mit dem Ausdrucke großer, offen gezeigter Spannung im Gesicht.

      »Nun, Geschäfte habe ich freilich nicht, und gerade mit Ungeduld erwartet mich auch niemand.«

      »So bleiben Sie hier; bleiben Sie, und reisen Sie mit mir!«

      »Wohin?«

      »Nach dem Sudan, nach Chartum.«

      Welches Anerbieten! Eine Reise da hinauf wäre die Erfüllung meines sehnlichsten Wunsches gewesen, aber leider konnte ich keinen andern Bescheid geben als:

      »Ich kann nicht; es ist mir unmöglich, zu bleiben; ich muß heim.«

      »Warum aber, da weder ein Geschäft noch ein Mensch Sie ruft?«

      »Dieser hier treibt mich fort,« antwortete ich, indem ich auf die Tasche schlug und den Lederbeutel zog, um ihm denselben vor der Nase zu schütteln. »Soll ich Ihnen die Krankheit, an welcher diese Börse leidet, türkisch oder arabisch nennen? Es ist die Sill, die Zajyflanmal [Schwindsucht], ein Übel, welches nur in der Heimat geheilt werden kann. Das heißt mit anderen Worten, daß mein Geld nur noch zu einem kurzen Kamelritt nach Suez und dann zur schleunigen Heimkehr reicht.«

      Ich erwartete natürlich ganz bestimmt, daß er nun die Angelegenheit auf sich beruhen lassen werde, hatte mich aber geirrt, denn er meinte:

      »O, Ihnen kann es nicht am Gelde fehlen. Wenn Sie zur Bank von Ägypten in der Muski, zu Oppenheim und Compagnie in der Esbekijeh oder zu Tod, Rathbone und Compagnie am Rosette-Garten gehen, so bekommen Sie sofort, was Sie verlangen. Ich kenne diese Leute.«

      »Aber sie kennen mich nicht!«

      »So gebe ich Ihnen ein Kiaghat [Zettel, Anweisung]mit!«

      »Ich danke! Ich borge nicht. Ich bin nicht so reich wie Sie und kann nicht weiter reisen, als meine Kasse reicht.«

      »Sie wollen also wirklich nicht?«

      »Nein.«

      »Schade, jammerschade!« meinte er, indem sein Gesicht den Ausdruck des aufrichtigsten Bedauerns zeigte. »Sie wären der Mann gewesen, den ich brauchen könnte. Ich freute mich als ich Sie sah, und nahm mir sofort vor, wenn Sie nichts anderes vorhätten, um Ihre Begleitung zu bitten.«

      »Sie hätten mich brauchen können?«

      »Ja.«

      »wozu?«

      »Allahl Das fragen Sie noch? Ich will nach Chartum, um meine Schwester ihrem Nischanly [Bräutigam]zuzuführen. Sie hat einige Dienerinnen bei sich, und ich muß mir Leute mieten, auf welche ich mich verlassen kann. Denken Sie, die lange und gefährliche Fahrt auf dem Nile und die halbwilden Araberstämme, durch deren Gebiet wir kommen! Ein Mann wie Sie, der es mit der Gum, mit einer ganzen Schar blutgieriger Tuareg aufgenommen hat, der fürchtet sich nicht. Haben Sie die Gewehre mit, welche Sie damals bei sich hatten?«

      »Ja.«

      »Nun, so überlegen Sie es sich! Die Reise soll Ihnen keinen Para kosten; ich werde für alles sorgen. Bezahlung, wie einen Diener, darf ich Ihnen freilich nicht bieten; aber ich werde da oben Geschäfte machen, gute Geschäfte, welche viel Geld einbringen, und wir wollen beraten, welchen Teil des Gewinnes Sie erhalten sollen.«

      Das war ein Wort! Ich gestehe aufrichtig, daß ich am liebsten gleich ja gesagt hätte, doch erkundigte ich mich:

      »Welche Geschäfte sind es, die Sie im Sinne haben?«

      Er zwinkerte mit den Augen, und sein Gesicht nahm einen so listigen Ausdruck an, wie ich ihm gar nicht zugetraut hätte.

      »Können Sie sich das nicht denken?«

      »Nein.«

      »Etwa Reqiq machen?«

      Er blickte mir mit gespannter Erwartung in das Gesicht. Reqiq heißt Sklaven. Ich antwortete schnell:

      »Dazu würde ich meine Hand niemals bieten; ich bin ein Christ! Übrigens sind die Sklavenjagden vom Khedive jetzt verboten.«

      Sein Gesicht nahm den früheren unbefangenen Ausdruck an, als er antwortete:

      »Ein professionierter Sklavenjäger fragt nicht nach dem Verbote des Khedive; aber ich bin keiner und kann auch gar nicht die Absicht haben, Neger zu fangen. Ich habe vielmehr mein Augenmerk auf Straußfedern, Gummi, Weihrauch, Sennesblätter, Büffelhörner und Elfenbein gerichtet. Von dem allen giebt es in Chartum große Vorräte, und ich habe die Absicht, bedeutende Einkäufe zu machen. Halten Sie das für eine Sünde, für gegen Ihre Religion?«

      »Ganz und gar nicht.«

      »So reisen Sie mit. Schlagen Sie ein!«

      Er hielt mir seine Hand entgegen.

      »Die Zeit ist zu kurz, und wir kennen uns nicht,« bemerkte ich.

      »Ich kenne Sie und wiederhole: Sie sind der Mann, den ich brauche. Ich gebe Ihnen mein Wort, daß Sie keinen Schaden davon haben werden. Sie werden ganz im Gegenteile bei Ihrer Rückkehr in die Heimat dann einen stark gefüllten anstatt einen leeren Beutel mitbringen.«

      Dieses Argument war, wenn nicht gerade maßgebend, so doch aufmunternd. Wenn nur nicht der gar so pfiffige Blick gewesen wäre, mit welchem er vorhin meiner Antwort entgegengesehen hatte! Dieser hatte mich trotz des ehrlichen Gesichtes des Türken mißtrauisch gegen ihn gemacht. Es war mir ganz so, als ob es ihm sehr recht gewesen wäre, wenn ich mich nicht als Gegner des Sklavenhandels zu erkennen gegeben hätte. Darum gab ich ihm jetzt den Bescheid:

      »Die Sache eilt nicht so sehr. Geben Sie mir Bedenkzeit!«

      »Ganz gern, Effendi. Aber ich denke, Sie wollen nach Suez, falls wir nicht einig werden. Wann würden Sie dahin gehen?«

      »Uebermorgen oder den Tag darauf.«

      »Nun, so haben wir ja Zeit. Darf ich fragen, wo Sie wohnen?«

      »Eigentlich wohne ich noch gar nicht. Ich habe meine wenigen Effekten im Hotel liegen und ging jetzt aus, mir ein Privatlogis zu suchen.«

      »Und Sie haben noch keins gefunden?«

      »Weder gefunden noch überhaupt gesehen, da Sie gleich bei Beginn meiner Entdeckungsreise die Güte hatten, mich hierher zu winken.«

      »Das ist sehr gut; das ist vortrefflich, denn ich habe eine Wohnung für Sie; es fragt sich nur, welche Ansprüche Sie machen.«

      »Wenig oder gar keine. Ich brauche eine einfache Stube, mit einem Teppich oder auch nur mit ganz gewöhnlichen Decken belegt. Nur reinlich muß sie sein. Und wenn es einen kleinen, freien Hofraum, in welchem man einen Mund voll frische Luft nehmen kann, dabei giebt, so bin ich mehr als zufriedengestellt.«

      »Das sind freilich sehr geringe Ansprüche!«

      »Wer gewöhnt ist, auf seinen Reisen unter freiem Himmel zu schlafen, der kann hier in der Stadt seine Bedürfnisse leicht mäßigen.«

      »Das ist gar nicht notwendig. Sie können wohnen wie ein Pascha. Das Logis, welches ich Ihnen empfehlen will, ist ein sehr feines. Sie können drei Zimmer haben, mit denen ein Minister höchst zufrieden sein würde.«

      »Danke sehr! Ich bin kein Minister und lebe auch nicht auf dem Fuße eines solchen. Gerade weil die Wohnung, weiche Sie mir empfehlen, eine so feine ist, paßt sie nicht für


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