Im Lande des Mahdi II. Karl May

Im Lande des Mahdi II - Karl May


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steht das Zelt, welches dein Eigentum ist?«

      »Ich bewohne kein Zelt, sondern ein Haus. Es steht in Suez.«

      »Was bist du?«

      Ich machte ein möglichst pfiffiges Gesicht und antwortete:

      »Ich handle mit allem möglichen, am liebsten aber mit – —«

      Ich hielt inne und machte eine Handbewegung, welche sagen sollte, daß es nicht geraten sei, den angefangenen Satz zu vollenden.

      »Mit verbotener Ware?« sagte er an meiner Stelle.

      »Wenn es so wäre, dürfte ich es eingestehen?«

      »Mir könntest du es sagen. Ich würde dich gewiß nicht verraten.«

      »Das Schweigen ist auf alle Fälle besser als das Reden.«

      »Nicht auf alle Fälle. Wenn ein Kaufmann ein Geschäft machen will, muß er doch von demselben sprechen.«

      »In diesem Falle pflege ich natürlich auch zu reden. Jetzt aber liegt ein Geschäft nicht vor.«

      »Vielleicht doch, falls ich dich nämlich recht verstanden habe. Ihr seid auf Kamelen gekommen. Wo wollt ihr hin?«

      »Einkaufen.«

      »Was?«

      »Das!« nickte ich, ihn im unklaren lassend.

      Er war nicht bloß freundlicher, sondern, wie man sich auszudrücken pflegt, warm geworden. Er hielt mich für einen Sklavenhändler, und ich war überzeugt, in ihm einen Untergebenen des Sklavenjägers Ibn Asl, den ich suchte, vor mir zu haben. Es galt, ihn in seiner Ansicht zu bestärken, ohne doch sofort einzugestehen, daß dieselbe die richtige sei, denn ein Sklavenhändler sagt nicht dem ersten besten Menschen, was er ist und was er treibt. Jedenfalls hatte der Mann die Aufgabe, das Erscheinen des Reïs Effendina hier abzuwarten und dann weiter zu melden. Der Noquer »Eidechse« gehörte in diesem Falle Ibn Asl und konnte nicht weit entfernt von hier, wahrscheinlich an der Dschesireh Hassanieh liegen.

      »Du bist verschwiegen, und das freut mich sehr,« meinte der Mann. »Nur mit verschwiegenen Leuten kann man sich auf Geschäfte einlassen.«

      »Ah, auch du treibst also diese Dinge, welche nicht jedermann zu wissen braucht?«

      »Wenn es nun so wäre?«

      »So paßten wir zusammen.«

      »Wirklich? Weißt du auch, daß es ein sehr gefährliches Geschäft ist, Requiq[22] zu machen?«

      »Pah! Ich möchte wissen, wieso gefährlich. Man zieht nach einem Dorfe der Schwarzen, umzingelt es, steckt es in Brand und nimmt die Neger in Empfang, wenn sie aus den brennenden Hütten gesprungen kommen. Die Alten und Schwachen sticht oder schießt man nieder, und mit den andern geht man fort. Wo ist da die Gefahr?«

      »Dabei allerdings nicht; sie beginnt erst mit dem Transporte.«

      »Man darf sich nicht erwischen lassen und muß die Sklaven an Ort und Stelle verkaufen.«

      »Das kann man nicht, denn es ist kein Käufer da.«

      »So nimmt man einen mit, welcher die Schwarzen sofort nach der Jagd kauft und bezahlt und dann die Gefahren des Transportes auf sich nimmt.«

      »Wo wäre ein solcher Mann zu bekommen?«

      »Wo? Hm!« brummte ich bedeutungsvoll.

      »Wer ist er?« fragte er.

      »Das wird dich wohl nicht sehr interessieren, denke ich.«

      »Mehr als du denkst. Ist der Mann reich?«

      »Er besitzt soviel, wie er braucht.«

      »Auch mutig muß er sein!«

      »Das ist er. Er war mehreremal in Abessinien, um Sklaven dort zu kaufen. Dazu gehört doch schon etwas.«

      »Allerdings. Wo befindet er sich jetzt?«

      »Am weißen Nile, vielleicht gar nicht weit von hier.«

      »Du bist wirklich außerordentlich vorsichtig. Meinst du dich selbst?«

      »Das sage ich natürlich nicht.«

      »Mir darfst du es sagen, denn – —«

      »Denn – —? Warum redest du nicht aus?«

      »Weil ich auch vorsichtig sein muß. Aber wenn ich mich in dir nicht irre, so könnte ich dir vielleicht sagen, bei wem du Requiq kaufen kannst.«

      »Nun, bei wem?«

      »Bei Ibn Asl.«

      »Allah! Bei diesem berühmten Sklavenjäger? Wo befindet er sich?«

      »Wo sich dein Händler befindet, nämlich am weißen Nil.«

      »In welcher Gegend?«

      »Vielleicht gar nicht weit von hier,« antwortete er, indem er meine vorigen Worte wiederholte.

      Ich that, als ob ich sehr freudig überrascht sei, und rief aus:

      »Das ist gut; das ist sehr gut! Ich hörte von ihm sprechen. Ein türkischer Händler, den ich kenne, sagte mir, daß er viel von ihm gekauft habe.«

      »Meinst du Murad Nassyr? Den kennst du also?«

      »Sehr gut. Ich habe oft Requiq von ihm gekauft.«

      »Ah, endlich gestehst du ein, daß du es selbst bist, von dem du sprachst!«

      »Allah w‘Allah! Es ist mir so herausgefahren.«

      »Sei unbesorgt! Es schadet nichts, denn nun kann auch ich offen sein. Ich sage dir, daß ich bei Ibn Asl im Dienst stehe.«

      »Ist das wahr? Oder willst du mich nur versuchen?«

      »Es ist die Wahrheit. Welchen Grund könnte ich haben, mich fälschlicherweise für einen Diener des Sklavenjägers auszugeben?«

      »Um mich zu fangen. Du könntest leicht im Dienste des Khedive stehen.«

      Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte ich dir jetzt nicht schaden. Ich müßte dich auf der That ertappen. Also, aufrichtig! Sage mir, ob du Requiq kaufen willst!«

      »Nun gut, ich will es wagen und dir Vertrauen schenken, obgleich ich dich noch nie gesehen habe. Ja, ich kaufe Sklaven, sobald ich sie bekommen kann.«

      »Wo wolltest du von hier hin?«

      »Nilaufwärts, noch weit über Faschodah hinaus, bis ich auf irgend einer Seriba finde, was ich suche.«

      Unter einer Seriba versteht man eine Niederlassung von Sklavenjägern. Diese Niederlassungen sind nach dortigen Begriffen festungsartig angelegt. Sie bestehen aus Hütten, welche teils zur Unterkunft der Sklavenjäger, teils als Vorratshäuser dienen und mit einer oft mehrfachen, dichten Stachelhecke umgeben sind.

      »Du hast gar nicht nötig, so aufs Geratewohl zu reisen,« meinte der Mann zutraulich. »Hast du Geld mit?«

      »Genug.«

      »So will ich dich zu In Asl bringen.«

      »Dafür würde ich dir herzlich dankbar sein und dir später ein gutes Bakschisch[23] geben. Aber hat Ibn Asl jetzt Sklaven?«

      »Noch nicht. Wir wollen eben jetzt eine Fahrt nach Requiq unternehmen. Murad Nassyr will Sklaven haben, und wenn uns das Glück wie immer begünstigt, so bleiben für dich mehr übrig, als du brauchen kannst.«

      »So ist Murad Nassyr bei Ibn Asl?«

      »Nein. Er ist nach Faschodah voraus.«

      Das war mir ungeheuer lieb. Ich hegte den kühnen Gedanken, Ibn Asl aufzusuchen, also mich in die Höhle des Löwen zu begeben. Er kannte mich ja nicht, denn am Wadi el Berd hatte er mich nur von weitem gesehen. Wäre aber Murad Nassyr bei ihm gewesen, der mich kannte, so hätte ich mich unmöglich sehen lassen können; es wäre einfach um mich geschehen gewesen. Freilich konnten auch der Mokkadem und der Muza‘bir bei dem Sklavenjäger sein. Die beiden Schurken kannten mich ebenso genau wie der Türke. Es galt also, unauffällig eine


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<p>22</p>

Sklaven.

<p>23</p>

Trinkgeld, Geschenk.