Die Höhlenkinder im Steinhaus. Sonnleitner Alois Theodor
und deckte sie mit einem Haufen Fichtenreisig auf einer Unterlage aus trockenem Nesselwerg.
Dann kehrte er zu Eva zurück und holte von ihrer Feuerstelle einen Topf voll Glut, die er mit Moderholz deckte. Laufend langte er wieder bei der Grubenesse an, brachte die Glut an die Holzkohle und setzte seine Blasebälge in Gang, indem er sie abwechselnd rechts und links mit dem Zugriemen blähte und mit den Füßen niedertrat. Unter den Gebläserohren begann die Holzkohle zu glühen; dieses Glühen setzte sich in der ganzen Füllung fort und teilte sich auch den Metallbrocken mit. Bläuliche, rauchlose Flämmchen züngelten aus der Glut. Kaum bemerkte Peter, daß die Blasebälge unter seinen Füßen dampften, als schon der linke Balg vom Fußrost bis zum Windgang platzte. In seinem Eifer hatte Peter nicht mehr daran gedacht, ein bewegliches Hindernis in den Windgang einzubauen. Für diesmal war der Schmelzversuch mißlungen. Erst mußten die Mängel und Schäden des Gebläses behoben werden.
Die Metallstücke in der Grubenesse glühten aber so lebhaft, daß Peter nicht widerstehen konnte und sich mit der Klemme ein faustgroßes Stück herausholte. Es zerbarst beim Hämmern, und der Schmied warf es in die Glut zurück und versuchte es mit einem zweiten, einem dritten und vierten. Dieses letzte Stück war eines, das den Schmiedeversuchen im vorigen Sommer zweimal widerstanden hatte. Und was Peter gerade an diesem Stück am wenigsten erwartet hatte, geschah: Es gab dem Druck des Hammers nach, ohne zu bersten. Selbst als es nicht mehr glühte, streckte es sich unter den wuchtigen Schlägen zu einem stumpfkantigen Keil. Ein Fehlschlag auf die federnde Klemme gab dem noch nicht fertigen Keil so viel Schwung, daß er in flachem Bogen vom Amboßstein in den Bach flog. Als Peter den Keil aus dem Wasser zog, war er lauwarm und an seiner Oberfläche blauschwarz angelaufen. Aussichtslos, ihn in der verlöschenden Glut wieder schmiedbar zu machen!
Die rauhe Oberfläche des granitenen Amboßsteines aber verlockte Peter, durch Schleifen zu erreichen, was er zu schmieden versäumt hatte. Sofort fiel ihm auf, daß der neue Keil seine Bronzebeile an Härte übertraf. So mühevoll und langsam das Schleifen vor sich ging — es verdroß Peter nicht. Je härter das Werkzeug war, desto länger mochte es die Schneide behalten.
Eva wunderte sich, daß ihr Mann, den sie vergeblich zum Essen erwartet hatte, erst in der Abenddämmerung und ohne Kalk heimkam und ihr freudestrahlend einen Keil in die Hände legte, dessen Schneide so glänzte wie die eines frischgeschliffenen Beiles zu Ähnls Zeiten! Es war wirklich Eisen, nicht schlechter als das, aus dem das Werkzeug des Ähnls bestanden hatte.
Das Blockhaus
Beim Frühstück, das die beiden Menschen wie in alter Zeit neben dem Feuer kauernd einnahmen, war Peter schweigsam. Er grübelte darüber nach, wie er eine schwere Axt schmieden könnte, ähnlich dem durchlochten Steinbeil. Und sie sollte an einem eichenen Stiel verläßlich festsitzen! Noch kaute er am letzten Bissen, als er schon die Schneeschuhe anschnallte, er wollte die an der Grubenesse verschneiten Geräte und Eisenbrocken heimholen.
Gegen Mittag kam Peter schwerbeladen zurück. Er brachte Gußeisen und Holzkohle. Einen Schritt vor Evas Feuerstelle, also ganz nahe am Höhlenausgang, baute er eine neue Grubenesse, flickte den zerrissenen Blasebalg und fügte in die Windwege rollende Hindernisse ein. Er schmiedete zunächst ein Beil, das mit dem eisernen Stiel ein Stück bildete. Schon die ersten Versuche zeigten, daß die Schwere des Stiels die Wucht des Beiles verminderte. Unverdrossen schmiedete er das Werkzeug, das ihn enttäuscht hatte, zu einem fingerdicken, drei Finger breiten Band um. Die eine Hälfte dieses Bandes hämmerte er über die Nase des Ambosses krumm, daß sie als Haube ein großes Öhr umschloß; die andere Hälfte schmiedete er breit und scharfkantig. Dann härtete er die so entstandene Axt. Als Schaft trieb er von oben her einen Eichenprügel mit dem dünneren Ende voran so in das Öhr ein, daß die Axt sich am dickeren Ende festrammte; ein Zweigstummel am dicken Ende sicherte sie vor dem Abgleiten.
Während des Abendessens hatte er das neue Werkzeug vor sich liegen und liebäugelte mit ihm wie mit einem neuen Arbeitsgenossen, der Gutes versprach. Immer wieder nahm er es in die Hand, immer wieder mußte Eva es bewundern. Und sie heuchelte nicht, als sie sagte: »Peter, du kannst doch alles, was du wirklich willst, alles!« Nach dem Essen wollte er die neue Axt schleifen, aber Eva nahm ihm die Arbeit ab.
Es kamen drei frostklare Tage; Peter benützte sie, um Fichtenstämme zu fällen.
Als die Axt stumpf geworden war, suchte er in den Trümmern des Neuen Steinschlags nach einem geeigneten Schleifstein. Er wählte einen aus, der viele Quarzkörner und wenig Glimmer enthielt. Der neue, nur daumendicke Schleifstein ließ sich mit beiden Händen gut an der Axtschneide entlangführen und nahm ohne allzu großen Kraftaufwand genug vom Eisen weg. Peter dachte auch an Eva und suchte für sie einige kleinere Wetzsteine. Mit seiner frischgeschärften Axt machte er sich von neuem an die Arbeit. Sie griff gut ins Holz, aber beim dritten Hieb flog sie vom Stiel: Der Zweigstummel daran, der das Eisen am Abgleiten gehindert hatte, war durchgerieben. Ärgerlich machte sich Peter daran, einen neuen Stiel zu schnitzen.
Schon am Abend des ereignisreichen Tages zog er einen der Baumstämme vor dem Eingang in die Höhe, behackte ihn auf vier Schritt Länge und kerbte die beiden Enden handtief ein, dort sollte der Stamm aufgelegt und eingelassen werden. Beim Abendessen und noch lange danach sprach er vergnügt davon, wie festgefügt seine neue Blockhütte werden sollte.
Außer der neuen Axt verwandte Peter beim Kerben der Stammenden noch die zweihändige bronzene Säge; sie griff trotz Evas Hilfe nicht tief ein, da ihr Band im Rücken stärker war als in der Schneide. Peter kam auf zwei Verbesserungen: Erst mußten die Zähne der Säge an ihren Spitzen auseinandergebogen werden, so daß ein Zahn schräg nach links, der nächste schräg nach rechts außen stand und so fort; dann mußte das Sägeblatt an beiden Enden in einen leicht angespaltenen Bogenstab geschäftet werden, so daß es gespannt wurde und sich von einem Arbeitenden allein handhaben ließ. Auch das Sägeblatt mußte länger und härter sein, und Peter hämmerte einen eisernen Stab flach und dünn. Eine ganze Woche brauchte er dazu, weil er erst einen Meißel schmieden, härten, schleifen und beim Ausstemmen der Zähne am Sägeblatt oft anglühen mußte. Endlich war die Säge zu seiner Zufriedenheit ausgefallen, und nun verarbeitete er einen großen Eisenbrocken zu einem wuchtigen Hammer und kleinere Eisensplitter zu einfachen Nagelstäben, trieb sie kammartig in einen kurzen, armdicken Prügel, schäftete in zwei vorgebohrte Löcher die beiden Spitzen eines gespaltenen langen Steckens und übergab das neue Ding Eva: »Da, das ist ein neuer Rechen. Schaut wie eine große Hand aus mit vielen Fingern dran. Damit wirst du dich leichter tun beim Laubzusammenscharren.«
Peter schmiedete ihr auch noch ein krummes Grasmesser, das er flach in einen gespaltenen Stiel schäftete, und gab ihr eines der schmalen Quarzsand-Schieferstücke als Wetzstein.
Bald darauf ging Eva in einer mondhellen Frostnacht hinaus und plünderte die Preiselbeerstauden an der Lehne des Alten Steinschlags, und Peter wagte sich zwischen die niedergegangenen Steinmassen des Neuen Steinschlags, um sie nach altem Brauch zu durchstöbern. Auch diesmal stieß er auf abgestürztes Wild, zwei Steinböcke, und fand, daß Fleisch, Gedärm, Felle und Hörner verwendbar waren. Als die zunehmende Kälte Eva gar zu arg zusetzte, half Peter ihr das Grünfutter heimschaffen und staunte nicht wenig, wieviel sie mit ihrem plumpen Grasmesser geschnitten hatte. Nach einem kräftigen Frühmahl holten beide den versäumten Nachtschlaf nach, erwachten aber, als die Sonne die Morgennebel zerteilt hatte, und verbrachten den hellen Tag in emsiger Arbeit.
Zunächst galt es, die Steinböcke abzuhäuten, Fleisch und Felle zum Räuchern vorzubereiten. Vergnügt schwang Peter draußen sein neues breitschneidiges Beil, entastete gefällte Stämme und kürzte sie auf die Länge von vier Schritten. Dann erst holte er sich den lange vergessenen Kalk, mauerte feste Steinsockel um die vorderen Eckständer und setzte den Blockhüttenbau, wie er ihn sich vorgezeichnet hatte, fort. Trotz Evas Hilfe dauerte es volle sechs Wochen, bis er das Dachgebälk mit Schilf decken konnte, während Eva die Fugen der Blockwände mit Lehm und Moos abdichtete. Sie wunderte sich, daß der Mörtel zwischen den Steinen weich blieb, hoffte aber, daß er bei wärmerem Wetter doch noch hart werden würde. Peters Allerlei räumte sie in die linke Hälfte des Hohlraumes unter dem Stubenboden. Die rechte Hälfte sollte einstweilen die Geiß beherbergen und eine Falltür die Abfallstoffe vom Wohnraum aufnehmen.
Während