Die Sandwich-Inseln. Anrep-Elmpt Reinhold
Eruption durch das vulkanisch steigende Meer vollständig zerstört, wurde darauf theilweise wieder neu erbaut und liegt nunmehr theilweise noch im Bau begriffen in einer seit 1869 trostlos verwüsteten Umgebung.
Um ½12 ritt ich weiter, stets bei dürrer, vegetationsloser Sicht, stellenweise durch oder über gigantisch, unbeschreiblich wild durch einander geworfenes Lavageröll der 1869 stattgefundenen Eruption bis Hanoápuu, einer ebenfalls 1869 verwüsteten Ortschaft. Von hier bei beständig ansteigendem weglosen Terrain, ermüdet durch das unausgesetzte Spornen meines matten Pferdes, erschlafft durch die glühenden Strahlen der Sonne und den unerträglichen Staub der Lava erreichte ich um 4 Uhr endlich Waiohino als – halber Mohr.
Eine halbe Meile vor Waiohino passirte ich die Plantage gleichen Namens, wo ich einen Makakau aufsuchte, der mein Pferd in Empfang nehmen sollte. —
Die Mühle der Plantage liegt 250 M. und die Kirche des Ortes als höchster Standpunkt desselben 350 Met. über dem Spiegel des Oceans.
In Waiohíno angelangt, suchte ich einen gewissen Herrn Meneke, der ein Deutscher ist, hier ein Handlungsgeschäft hat und dem ich empfohlen worden war, auf. Dank seiner Vermittlung fand ich, da hier kein Gasthaus vorhanden, ein Zimmer, und wurde von ihm aufgefordert, weil Waiohíno keine Restauration hatte, während meines hiesigen Aufenthaltes bei ihm zu speisen.
Von der Plantage bis Waiohíno, schon kurz vor Beginn derselben, beginnt die Gegend an Vegetation reicher und – näher zur Stadt – sogar eine üppige zu werden.
Die Lage Waiohínos und ihrer unmittelbaren Umgebung ist – obgleich auf einer Höhe von 350 Met., eine tiefe zu nennen. Die Stadt Dank dem sie umgebenden Gebirgskranze, gleichsam wie in denselben vertieft, ist überaus reich an Grundfeuchtigkeit und im Schutze der Alles verdörrenden Winde, wodurch ihr humusreicher Boden eine auffallend üppige Vegetation entwickelt, die man der eines tropisch-botanischen Gartens vergleichen kann.
Das Keimen und Wachsen der Pflanzen zeigen hier eine ganz eigenthümliche Kraft, die ich nirgends in der Welt gefunden habe, so z. B. 2½jährige Bäume aus der Saat erzogen ergeben oft Stämmchen von 6 Zoll im Durchmesser; ein frischer Stab in die Erde gesteckt, wurzelt und keimt; der Kohl steht perennirend baumartig mit Zweigen und daher mit mehreren Kopfbildungen und wird stets ertragreich viele Jahre alt u. s. w. Die Zuckerrohrfelder ziehen sich meist hoch bis an das Gebirge hinauf, werden zwar nicht bewässert, doch stehen sie demungeachtet üppig.
Meine Wohnung in dem Hause echter Kanaken war im Ganzen genommen eine leidliche. Das von schattigen Bäumen umgebene, etwas düstere Haus war verhältnissmässig gut erhalten. Mein Zimmer war geräumig, aber leider die Behausung diverser Familien des Wanzengeschlechtes und die der verschiedenartigsten sich emsig herumtreibenden, in Alles hineindringenden Ameisen, sowie der Wandelraum zahlreicher kleiner Eidechsen, die die von Alter und Staub dunkel gewordenen Wände belebten. Meine Wirthsleute waren herzlich liebe Frauen und zugleich recht hübsche Erscheinungen, die sich die grösste Mühe gaben, mir den Aufenthalt so bequem als möglich zu machen, und offenherzig den Wunsch aussprachen, mich recht lange zu beherbergen.
Den 7. August um 5 Uhr in der Früh durchwanderte ich die kleine recht hübsche Stadt mit ihren circa 800 Einwohnern, die gleich ihrer Plantage wenig Bemerkenswerthes hat, es sei denn ihre hügelige Lage, die auffallende Ueppigkeit der Vegetation, die günstige, völlig sichere Lage gegen die Wirkungen der vulkanischen Eruption, der Stillstand der hiesigen Geschäfte und das im Allgemeinen im ganzen Inselreiche herrschende dolce far niente der Bevölkerung.
Den Abend wanderte ich mit dem ungezogenen oder richtiger verzogenen sechsjährigen Meneke jun. durch das üppige Zuckerrohr der Schluchten und Abhänge des Gebirges bei oft prachtvollem Blicke auf den glänzenden Ocean.
Das Zuckerrohr war im Verhältniss zur herrschenden Dürre des Jahres auffallend üppig und lieferte den deutlichsten Beweis einer reichhaltigen Bodenfeuchtigkeit.
Das auffallend kräftige Zuckerrohr wird hier von den Bergen hinab, wie es eben stattfand, durch eine Rinnenwasserleitung mit auffallender Geschwindigkeit von den entferntesten Feldern zur Mühle geschwemmt.
Den 8. August verbrachte ich den Morgen unter den Kanaken und um 9 durchritt ich die Plantage, die ein Muster der Ordnung und der Ueppigkeit des Rohres war.
Den 9. August, nachdem ich den vorhergehenden Tag meine Zimmerrechnung mit 3 Dollar für 3 Nächte bezahlt, mir ein Pferd für 1½ Dollar, um die 7 Meilen bis zum Hafenort Kaálualú zu machen, bestellt hatte, verabschiedete ich mich von der liebenswürdigen Familie Meneke und ritt um 7 Uhr ab. Mein Sattelgepäck hatte ich leider einer sehr unsichern Fürsorge, nämlich dem Treiber eines zweiräderigen Ochsenkarrens in der Hoffnung anvertraut, dass das Versprechen einer guten Belohnung den indolenten Führer der 2 störrischen, weissen Ochsen des höchst morschen Karrens bewegen würde, meine Sachen auf dem schlechten Wege vor Beschädigung und namentlich vor Erdrückung zu hüten, eine Hoffnung, die sich leider nicht erfüllte.
Ueber Lavaplatten, durch Lavageröll, bald auf, bald ab, bald im Schritt, bald im Trab, bald im Galopp erreichte ich um ½9 den trostlos öde gelegenen Hafenort Kaálualú in Sicht des schon angelangten Dampfers, der „Likelíke“, und, nachdem ich einem gewissen Kiaaïna mein Pferd übergeben hatte, eilte ich mit meinem sehr zerdrückten Gepäck zum Schiff. —
VII. Abtheilung
Von Hawaii nach Honolulu
Um 11 Uhr ging der Dampfer heftig schwankend ab und bald schwand die Sicht des winzigen Kaálualú mit seinen drei Häusern, höchst zerfallener Werft und seiner öden Umgebung. Um ½3 hielten wir vor dem kleinen Hafenort Hoopúlo, desgleichen umgeben von wüstem Lavageröll und, soweit das Auge reicht, kaum bemerkbarer Vegetation. Nur unmittelbar um die 4 Häuser und die zahlreichen Grashütten herum, die den kleinen Ort bilden, sowie am Landungsplatze erhebt sich, gleichwie aus der Wüste, ein lieblicher Kokospalmen-Hain, in dessen Schatten zahlreiche Kanaken malerisch in ihren rothen Hemden, die Frauen in bunten Jacken und Röcken gruppirt sich zeigten.
Hoopúlo bildet die südlichste Spitze der Insel und liegt im Distrikt Kâu, welcher durch die Eruption von 1868 verwüstet worden ist.
Um 4 verliessen wir den trotz wüstem Lavageröll doch durch den Kokospalmen-Hain malerischen Ort. Bald ändert sich die Sicht der Küste. Eine zarte grüne Übertünchung derselben nimmt allmählich zu. Auf den vom Ufer aus sich erhöhenden Anhöhen sieht man seltener die so schrecklich wüsten Spuren der Lavaausströmungen und am schmalen Saume der Küste auf kleinen Anhöhen derselben zeigen sich öfters Ortschaften, Kirchen und Häuser, die, meist weiss gestrichen, mit zierlich rothen Dächern ein anmuthiges Bild entwerfen.
Von Wald, so weit das Auge schauen kann, ist keine Spur, nur hin und wieder und zwar sehr selten zeigt sich krüppeliger, niedriger, lichter Busch an den höchsten Höhen.
Um ½6 Halt vor der imposant steilen Felsenküste Kâuílií. Das Wasser ist hier bis zum Ufer unergründlich tief und die auffallend heftige Brandung erschwert das Landen. In unmittelbarer Nähe des Kaps gleichen Namens liegt der Ort Kapáa, der aus nur sehr wenigen kleinen Häusern besteht und in einer unbeschreiblich sterilen Umgebung liegt.
In der steilen Felsenküste zeichnen sich deutlich die finsteren Schattirungen zahlreicher Höhlen früherer Lavaausflüsse ab.
Um ¾6 bewegte sich unser Dampfer und wir zogen langsam der steilen, schwarzen, an gewaltigen Rissen reichen Küste entlang.
Um 6½ Uhr langten wir vor Hoókéna an, das flach aber reizend gelegen und von üppigen Kokospalmen und niedrigem Walde umgeben ist. Auf den die kleine Fläche umgebenden Höhen liegen malerisch zerstreut zahlreiche kleine Häuser in Mitte bedeutender „tarro“ – und Bataten-Pflanzungen. Wir luden hier Pfeffer ein, den sogenannten „ava“ und hatten daher einen längeren Aufenthalt.
Zahlreiche kleine Kanos dieses, wie man sagt, wohlhabenden Fischerortes umringen uns mit ihren auffallend gewandten Ruderern, die namentlich an dieser Küste den Ruf geniessen, rudernd oder segelnd der wildesten See zu widerstehen. Sie brachten uns zum Verkaufe Fische, Wassermelonen, Ananas, Kokosnüsse und diverse Cactus-Früchte. Die Qualität der Früchte war wässerig und nicht aromatisch.
Den Ort ziert eine unmittelbar am Ufer erbaute, schmucke, blendendweiss gestrichene