Reise in Südamerika. Erster Band.. Freiherr von Ernst Bibra

Reise in Südamerika. Erster Band. - Freiherr von Ernst Bibra


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oder schlägt man das Wasser mit einem passenden Stabe, so kommen häufig auch in anfänglich dunklem Wasser jene einzeln leuchtenden Punkte, welche sogleich das ganze Gefäß erhellen, zum Vorschein.

      Die geringe Menge einiger solcher Individuen ist also hinreichend eine im Verhältniß ihrer Masse bedeutende Quantität Wasser auf kurze Zeit leuchtend zu machen, und derselbe Fall, wie hier im Glase, findet außen in der See statt.

      Mit einiger Uebung gelingt es fast immer der leuchtenden Individuen habhaft zu werden, sie zu isoliren und das Wasser bleibt dann dunkel, es mag geschüttelt oder geschlagen werden. Sie waren mithin die Ursache des Leuchtens.

      Diese Individuen aber sind, wenn auch meist sehr klein, doch stets noch mit freiem Auge zu erkennen und gehörten sehr oft dem Geschlechte der Entomostraca oder Insekten-Krebse, bisweilen aber auch anderen Formen an, welche ich indessen nicht näher zu bezeichnen oder zu bestimmen vermag, obgleich ich eine ziemliche Anzahl derselben unter dem Mikroskope zu zeichnen versuchte.

      Auf solche Weise also habe ich das einförmige und schwache phosphorähnliche Licht der See niemals durch Infusorien, sondern stets durch Individuen bedingt gesehen, welche noch mit freiem Auge zu erkennen waren.

      Aus dem bisher Gesagten geht hervor, wie verschiedenartig das Leuchten auftritt, wenn auch die Grundursache ein- und dieselbe ist. Namentlich scheint in der Nähe des Aequators, wie ich schon öfter erwähnte, die prachtvolle Lichtentwicklung stattzufinden, indem dort vorzüglich die größeren Quallen und Salpen leuchtend gefunden werden. Meist stehen diese Thiere in einiger Tiefe unter dem Wasser, aber in welcher kann nicht wohl genau angegeben werden, da optische Täuschungen mit unterlaufen. Berührt durch das segelnde Schiff, gereizt und leuchtend werdend, scheinen sie glühenden Glaskugeln ähnlich vorüberzuziehen, und das zwar scheinbar kaum einen Fuß tief unter dem Wasser, während die demselben mitgetheilte glänzende Helle einige Fuß in der Breite beträgt. Ich habe bei Tag einigemal Quallen gefangen, Scheibenquallen, langarmige und kegelförmige Medusen, welche, auf Deck in großen Gefäßen mit frischem Seewasser verwahrt, nach eingebrochener Dunkelheit, wenn sie gereizt wurden, lebhaft leuchteten, aber es gelang mir sehr selten, des Nachts mit dem Netze ein solches größeres Thier zu erhaschen. Aber, wie auch schon andere Beobachter angegeben haben, fand auch ich, daß das intensivste Licht von einer Salpe (der Pyrosoma) hervorgebracht wird. Ich konnte nur in einer Nacht, am 22. Mai, unter 22° 37' Länge und 8° 30' Breite, einiger Exemplare habhaft werden, da sie dort fast an der Oberfläche umherschwammen. Bekanntlich besteht die Pyrosoma aus einer Verwachsung einer großen Menge kleiner Individuen, bei welchen der Mund nach außen, der After nach innen und einer zentralen Höhle zu liegt. Die ganze Menge dieser zusammenhängenden Thiere bildet so einen Cylinder, der an dem einen Ende geöffnet ist. Durch gemeinschaftliche Zusammenziehung aller Thiere wird die centrale Oeffnung erweitert oder verengt und so wahrscheinlich die Bewegung bedingt. Wir fingen in jener Nacht etwa sechs bis acht Exemplare und lasen beim Lichte derselben in sonst vollständig dunkler Koje mit Bequemlichkeit. Ich habe jenesmal meinem Freunde W., der unwohl im Bette lag, aus einem kleinen zoologischen Vademecum eine kurze Betreibung dieser Thiere bei ihrem eigenen Lichte vorgelesen.

      Wir hatten dieselben in eine Blechschüssel, mit Seewasser gefüllt, gelegt, und obgleich sie ungereizt vollständig dunkel waren, so reichte doch die leiseste Berührung hin, sie augenblicklich leuchten zu machen. Wurde die Schüssel von außen nur mit dem Fingernagel berührt, so leuchteten sogleich sämmtliche, in derselben befindliche Individuen mit dem schönsten Lichte. Wurde vorsichtig eines derselben (stets nämlich die Vereinigung der einzelnen Subjecte zum Ganzen, zur eigentlichen Salpe, als Thier gedacht) mit einem Stäbchen berührt, so leuchtete zuerst das gereizte Individuum, aber auch die anderen, direct nicht berührten fingen alsbald, wenn auch stets mit schwächerem Lichte, zu leuchten an.

      Das Licht der Pyrosoma atlant. ist bläulich grün, von einer sehr schönen Modifikation des Farbentones, und das Thier scheint, sobald es leuchtet, transparent zu sein. Am glänzendsten und am längsten dauernd ist die feurige Furche, die das segelnde Schiff hinterläßt an jenen Stellen des Oceans, wo jene Thiere häufig sind.

      Eine zierliche Erscheinung, geht ihr gleichwohl das Großartige der flammenden See um ein großes segelndes Schiff ab, sind die Tausende von Funken, die ein rasch gerudertes Boot begleiten, die durch jeden Ruderschlag funkelnd in die Höhe geworfen werden und die Ruder, so wie selbst die in See getauchte Hand feurig glänzend erscheinen lassen.

      Flüchtig will ich über die Organe hinweggehen, welche bei der ganzen Reihe der leuchtenden Seethiere dasselbe bedingen. Wissenschaftliche Abhandlungen sind ausführlicher hierauf eingegangen und man hat gefunden, daß während einzelne Arten gänzlich zu leuchten und von dem phosphorescirenden Lichte überzogen oder durchdrungen scheinen, andere blos an einigen Stellen des Körpers erleuchtete Stellen besitzen. Ich habe eine ziemlich bedeutende Anzahl von leuchtenden Thieren aller Art, und unter sehr verschiedenen Breitegraden untersucht und habe dasselbe gefunden.

      Im Allgemeinen gänzlich leuchtend sind die stets mehr oder weniger durchscheinenden Quallen und Salpen; mehr auf bestimmten Stellen, meist am untern Theile des Körpers, beschränkt, die Krebs-ähnlichen kleinen Thiere. Möglich, daß die Transparenz der Medusen und Salpen eine Täuschung vermittelt. Bei der überwiegenden Mehrzahl der kleinen von mir untersuchten und häufig auch unter dem Mikroskope gezeichneten Entomostraka habe ich mit Bestimmtheit gefunden, daß die bei Nacht leuchtenden Flecke bei Tage und selbst bei Lampenlicht röthlich gefärbt waren.

      Ich zweifle nicht, daß mit Schärfe und Genauigkeit und in kurzer Zeit sich Wahrheiten über das Leuchtevermögen aller dieser Thiere herausstellen ließen, wenn man sie im friedlichen Studierzimmer stets frisch zur Hand haben und gute Instrumente, vielleicht auch chemische Agentien anwenden würde. Meist aber fehlen auf See, bei dem reichlichsten Material, die meisten Hülfsmittel zur genauen Untersuchung, der mangelnden Literatur nicht zu gedenken. Ich hatte ein kleines Mikroskop von Plössel bei mir, aber ich konnte kaum eine stärkere Vergrößerung als eine dreißigfache lineare anwenden, und öfters selbst diese nicht. Es ist nicht leicht ein Thier, was häufig nicht die halbe Größe eines Nadelkopfes erreicht, aus einem Eimer Wasser herauszufangen, entweder beim Lampenlichte, welches selten sehr brillant ist, oder in der Dunkelheit, blos durch des Thierchens eignes Leuchten geleitet, zudem da nach einigemal wiederholtem Reize dieselben bald sterben oder wenigstens nicht mehr leuchten.

      Die besprochenen Erscheinungen haben für den, der die See befahren hat, ein solches Interesse und erwecken so vielgestaltige an sie geknüpfte Erinnerungen, daß man es mir vielleicht verzeihen wird, so lange bei denselben verweilt zu haben. Ich werde hinfür nur selten und flüchtig des Gegenstandes mehr erwähnen. Doch muß ich, ehe ich ihn verlasse, noch eine eigenthümliche Erfahrung anführen, welche ich gemacht habe. Es gelang mir nämlich nie, ein des Nachts leuchtendes Seethier, im absolut finsteren Raume, auch bei Tagszeit leuchtend zu machen. Ich fing öfters während des Tages sowohl kleine, als auch größere Individuen, von denen ich wußte, daß sie des Nachts leuchteten, brachte sie in meine Koje, und reizte dieselben, um sogleich nachher bei Tageslicht und unter dem Mikroskope das leuchtende Organ näher prüfen zu können. Aber ich habe nie, auch nie eine Spur eines Lichtscheins gefunden. Ich habe diese Versuche auf der Rückreise von Peru nach Europa angestellt, wo auf dem Schiffe durch die Gefälligkeit des Kapitains alle möglichen Hülfsmittel zu meiner Verfügung standen. Das kleine Prisma, welches von oben die Koje erhellt, wurde auf das sorgfältigste verschlossen. Die Thür, in Fugen laufend, und zum Schieben eingerichtet, wurde zugeschoben und von außen so dicht mit Tüchern verhängt, daß absolut alles Licht ausgeschlossen war; ich blieb dann etwa 30 Minuten in dem verdunkelten Raum, um eine Spur etwa eindringenden Lichts zu entdecken, und um mein Auge empfindlicher für den geringsten Lichtreiz zu stimmen, aber ich habe nie ein anderes Resultat als das oben angegebene erhalten können. Manche der Thiere, meist größere Medusen, welche nicht zu heftig gereizt worden waren, und welche überhaupt länger leben, leuchteten nach eingebrochener Nacht und dann selbst auf Deck, wo bei Sternenhelle deutlich die nächsten Gegenstände zu erkennen waren.

      Ist das Leuchtorgan jener Thiere an eine gewisse Zeit gebunden, hängt diese Zeit zusammen mit dem Zwecke, den die Natur überhaupt damit verbunden hat, oder war mein Auge in der verhängten Koje immerhin noch nicht genug an die Dunkelheit gewöhnt, um die Lichterscheinung wahrnehmen zu können? Ich weiß es nicht, aber ich


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