Iphigenie auf Tauris. Johann Wolfgang von Goethe

Iphigenie auf Tauris - Johann Wolfgang von Goethe


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günst'gen Wind vergebens: denn Diane,

      Erzürnt auf ihren großen Führer, hielt

      Die Eilenden zurück und forderte

      Durch Kalchas Mund des Königs ält'ste Tochter.

      Sie lockten mit der Mutter mich in's Lager;

      Sie rissen mich vor den Altar und weihten

      Der Göttin dieses Haupt. Sie war versöhnt:

      Sie wollte nicht mein Blut und hüllte rettend

      In eine Wolke mich; in diesem Tempel

      Erkannt ich mich zuerst vom Tode wieder.

      Ich bin es selbst, bin Iphigenie,

      Des Altreus Enkel, Agamemnons Tochter,

      Der Göttin Eigenthum, die mit dir spricht.

      Thoas.

      Mehr Vorzug und Vertrauen geb' ich nicht

      Der Königstochter als der Unbekannten.

      Ich wiederhole meinen ersten Antrag:

      Komm, folge mir, und theile was ich habe.

      Iphigenie.

      Wie darf ich solchen Schritt, o König, wagen?

      Hat nicht die Göttin, die mich rettete,

      Allein das Recht auf mein geweihtes Leben?

      Sie hat für mich den Schutzort ausgesucht,

      Und sie bewahrt mich einem Vater, den

      Sie durch den Schein genug gestraft, vielleicht

      Zur schönsten Freude seines Alters hier.

      Vielleicht ist mir die frohe Rückkehr nah;

      Und ich, auf ihren Weg nicht achtend, hätte

      Mich wider ihren Willen hier gefesselt?

      Ein Zeichen bat ich, wenn ich bleiben sollte.

      Thoas.

      Das Zeichen ist, daß du noch hier verweilst.

      Such' Ausflucht solcher Art nicht ängstlich auf.

      Man spricht vergebens viel, um zu versagen;

      Der andre hört von allem nur das Nein.

      Iphigenie.

      Nicht Worte sind es, die nur blenden sollen;

      Ich habe dir mein tiefstes Herz entdeckt.

      Und sagst du dir nicht selbst, wie ich dem Vater,

      Der Mutter, den Geschwistern mich entgegen

      Mit ängstlichen Gefühlen sehnen muß?

      Daß in den alten Hallen, wo die Trauer

      Noch manchmal stille meinen Namen lispelt,

      Die Freude, wie um eine Neugeborne,

      Den schönsten Kranz von Säul an Säulen schlinge.

      O sendetest du mich auf Schiffen hin!

      Du gäbest mir und allen neues Leben.

      Thoas.

      So kehr' zurück! Thu' was dein Herz dich heißt,

      Und höre nicht die Stimme guten Raths

      Und der Vernunft. Sei ganz ein Weib und gib

      Dich hin dem Triebe, der dich zügellos

      Ergreift und dahin oder dorthin reißt.

      Wenn ihnen eine Lust im Busen brennt,

      Hält vom Verräther sie kein heilig Band,

      Der sie dem Vater oder dem Gemahl

      Aus langbewährten, treuen Armen lockt;

      Und schweigt in ihrer Brust die rasche Gluth,

      So dringt auf sie vergebens treu und mächtig

      Der Überredung goldne Zunge los.

      Iphigenie.

      Gedenk', o König, deines edeln Wortes!

      Willst du mein Zutraun so erwiedern? Du

      Schienst vorbereitet alles zu vernehmen.

      Thoas.

      Auf's Ungehoffte war ich nicht bereitet;

      Doch sollt' ich's auch erwarten: wußt' ich nicht,

      Daß ich mit einem Weibe handeln ging?

      Iphigenie.

      Schilt nicht, o König, unser arm Geschlecht.

      Nicht herrlich wie die euern, aber nicht

      Unedel sind die Waffen eines Weibes.

      Glaub' es, darin bin ich dir vorzuziehn,

      Daß ich dein Glück mehr als du selber kenne.

      Du wähnest, unbekannt mit dir und mir,

      Ein näher Band werd' uns zum Glück vereinen.

      Voll guten Muthes wie voll guten Willens

      Dringst du in mich, daß ich mich fügen soll;

      Und hier dank' ich den Göttern, daß sie mir

      Die Festigkeit gegeben, dieses Bündniß

      Nicht einzugehen, das sie nicht gebilligt.

      Thoas.

      Es spricht kein Gott; es spricht dein eignes Herz.

      Iphigenie.

      Sie reden nur durch unser Herz zu uns.

      Thoas.

      Und hab' Ich, sie zu hören, nicht das Recht?

      Iphigenie.

      Es überbraust der Sturm die zarte Stimme.

      Thoas.

      Die Priesterin vernimmt sie wohl allein?

      Iphigenie.

      Vor allen andern merke sie der Fürst.

      Thoas.

      Dein heilig Amt und dein geerbtes Recht

      An Jovis Tisch bringt dich den Göttern näher,

      Als einen erdgebornen Wilden.

      Iphigenie.

      So

      Büß' ich nun das Vertraun, das du erzwangst.

      Thoas.

      Ich bin ein Mensch; und besser ist's, wir enden.

      So bleibe denn mein Wort: Sei Priesterin

      Der Göttin, wie sie dich erkoren hat;

      Doch mir verzeih' Diane, daß ich ihr,

      Bisher mit Unrecht und mit innerm Vorwurf,

      Die alten Opfer vorenthalten habe.

      Kein Fremder nahet glücklich unserm Ufer;

      Von Alters her ist ihm der Tod gewiß.

      Nur du hast mich mit einer Freundlichkeit,

      In der ich bald der zarten Tochter Liebe,

      Bald stille Neigung einer Braut zu sehn

      Mich tief erfreute, wie mit Zauberbanden

      Gefesselt, daß ich meiner Pflicht vergaß.

      Du hattest mir die Sinnen eingewiegt,

      Das Murren meines Volks vernahm ich nicht;

      Nun rufen sie die Schuld von meines Sohnes

      Frühzeit'gem Tode lauter über mich.

      Um deinetwillen halt' ich länger nicht

      Die


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