Florens Abentheuer in Afrika, und ihre Heimkehr nach Paris. Zweiter Band. Julius von Voss

Florens Abentheuer in Afrika, und ihre Heimkehr nach Paris. Zweiter Band - Julius von Voss


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Gnade.

      Diese blickte hin auf das Haupt, schauderte, rief aber plötzlich wieder: holt den Darkullaner zurück!

      Der arme Teufel spornte aus Leibeskraft, war aber dennoch bald eingehohlt, und mußte abermals vor Gigi. Aber statt er Widerruf der Milde, und unerhörte Foltern erwartete, hatte sich das Antlitz der Siegerin freundlich geröthet. Dein Sultan, rief sie, wollte mir nur einen Schrecken bereiten. Es ist Osmanns Haupt nicht. Wunden sollten es entstellen, daß ich getäuscht würde. Kuku ist nicht so grausam, seine Drohung zu vollziehen. Entbiete ihm tausend Dank. Entbiete ihm aufs Neue Friede, und Erstattung aller Uebel, die dieser Krieg über seine Länder brachte.

      Mit diesem Bescheid mußte der Bote zurück, dem die Brust mächtig leicht wurde, als er das Lager der Beduinen nicht mehr sah.

      Der Becher aus Juwelen wurde nicht verfertigt, und der Kopf fand ein einfaches Grab im Sande.

      Wenn sich der ästhetische Sinn des Lesers, zu sehr daran stößt, daß hier so viel von einem Kopfe geredet wird, so hat der Verfasser zwei Entschuldigungen. Einmal ist die Szene Afrika, und der Verstoß gegen das Kostüm könnte vom Kunstrichter mit Fug gerügt werden, wenn nur Köpfe auf Rümpfen hier die Bühne zierten. Ferner ist man immer noch gegen das Wiener Theater der Kaiserstadt Deutschlands diskret. Denn dort wird gar eine Oper, Lisaura betitelt, dargestellt, worin ein Kopf Cavatinen singt.

      Zweites Kapitel.

      Kukus zorniger Eifer

      Ein Europäer ist gar keiner Vorstellung von der Freude fähig, welche Kuku empfand, nachdem ihm jener Kopf übergeben und dann an Gigi gefördert ward, selbst nicht einer aus den Geringeren, wo man sich noch in der Lust und im starken Getränk berauschen kann. Von vornehmen Männern aus diesem Welttheil ist nun gar nicht die Rede. Die wissen nur zu lächeln, zu versichern, sie waren enchantirt, bei frohen Ereignissen, und im Champagner trinken sie bloß sich krank. Kuku ließ nicht nur alle Vorräthe von dem berauschenden Thau ausspenden, unbekümmert, ob man hernach Mangel leiden würde, sondern auch Lustgefechte im Heere anstellen, wobei wohl tausend Mann blieben. Seine Klugheit rechtfertigte noch dazu diese Ergötzlichkeiten, wie eine bewährte Uebung der Tapferkeit. So hatte ein preußischer (alt-)Oberst ein Freibataillon geworben, und stand zum erstenmale damit gegen den Feind. Man hatte ihm hinter einer Anhöhe seinen Posten angewiesen, oben wurden nur beobachtende Wachen hinbefehligt, die hinter Sträuchern auf dem Bauche lagen, um zu sehn, ohne gesehen zu sein. Allein der Oberst änderte die Weisung des Feldherrn, und stellte seine Leute am Rande der Anhöhe frei auf. Der Feind, welcher Kanonen in der Nähe hatte, wußte gar nicht, warum er die gute Gelegenheit, seine Artilleristen zu üben, ungenützt lassen sollte? Sie zeigten auch gar bald, daß ihre Schulen gemacht wären, und das Freibataillon bekam manche Lücke. Nun schickte der General, der das seltsame Schauspiel von ferne gewahrte, im vollen Sprung einen Adjudanten ab, der anfragen mußte: was denn das bedeute? Nichts, gab der Oberst zur Antwort, ich gewöhne sie nur ein wenig ans Feuer. —

      Genug, Kuku feierte Lustschlachten und Bankette, hatte sich selbst kaum wieder von einem der wildesten Jubelräusche, die jemals getrunken worden sind, ernüchtert, als sein Bote zurückkam.

      Die Erzählung befremdete ihn, daß Jener die Sultanin selbst gesprochen habe, das Ende des Berichtes setzte ihn in eine desto heftigere Wuth, als erst seine Genugthuung ungemessen war.

      Wie, Nene hätte mich betrogen? Soll ichs glauben? Könnte die liebliche Schlange – — und Gigi spricht: ich wäre zu gut, einen Caffernkopf abzuschneiden? O den Hohn soll sie mir bezahlen, diese Beschimpfung, dieses Vergessen, was sie dem Sultan von Darkulla schuldig ist. O meine Truppen mehren sich täglich, und lernen die neue Kriegerkunst. Habesch nährt meine Hoffnung auf einen Bund. Bald werde ich das Felsennest meiden, und im freien Gefilde den Kampf erneuen. Vielleicht tanz ich am Siegestage mit Gigis Kopf in der Hand, – — – —

      Er vollendete nicht. Tata trat eben in sein Zelt. Schon hatte dieser des Boten Meldung gehört. Wirklich Bruder, hub er an, schien es mir Osmanns Kopf gleich nicht zu sein. Ich sah den Caffern zu oft, um die Gestalt nicht in der Erinnerung aufzubewahren. Heller ist die Farbe des Gesichtes und schwärzer der Bart. Dich nicht zu kränken, schwieg ich.

      O Mahomed! O ihr goldnen Esel des Paradieses! Was soll ich beginnen? rief Kuku.

      Tata erwiederte: Ritze dir vor allen Dingen mit deinem Dolche eine Ader auf, daß der Zorn dir ausströmt.

      Kuku that es auf der Stelle, denn er fand den Rath gut, und er ist es auch wirklich bei Wilden, bei deren Constitution es ohnehin auf ein zwölf Unzen Blut mehr oder weniger nicht ankommt.

      Während der Lebensquell im Fließen war, fuhr Tata fort: Nun glaub ich auch, du wirst einem Sultan anständig von der treulosen Cafferin reden können. Sonst müßte selbst dein Bruder für seine Zunge fürchten.

      Wie, und du erfrechest dich, die Cafferin treulos zu nennen? rief Kuku noch sehr empört.

      Tata zog sich etwas zurück, und erwiederte: Es floß noch zu wenig, nur noch einer Kokosnuß voll, du wirst einsehn, daß die treulos sein müsse, die den nicht enthaupten mag, von welchem geweissagt ist, er würde, wenn er lebte, deinen Thron besteigen.

      Kuku rief weinend: Freilich, freilich, freilich scheint es so, aber ist es nicht, diese Sonne sendet nur reinen Strahl nieder. —

      Tata sagte manches was zur Sache gehörte, wich dabei dem Sultan aus, und nahm den Dolch vom Boden, fürchtend, jener nähme ihn auf, ihn nach des Bruders Herzen zu werfen.

      Der Fußteppich des Zeltes war schon ziemlich gefärbt, da rief Kuku: diesen Mond kann keine Finsterniß verdunkeln.

      Tata schöpfte Hoffnungen, und raffte seine Beredsamkeit zusammen.

      Schon waren alle Tygerhäute, woraus der Teppich verfertigt war, roth, da rief Kuku: dieser Stern kann sich nicht in die frostige Erde tauchen.

      Tata war sehr froh und antwortete: Die Sonne sengt oft die Blüthen des Mandelbaums, wird bisweilen finster, wie es der Mond auch wird, in jeder Nacht fahren Gestirne zur Grube.

      Ach das ist wahr, gab ihm Kuku zu.

      Und jener erneute fest seinen Ausspruch: Die Cafferin ist eine Treulose.

      Verbinde mir die Ader, ächzte der Sultan, ich werde schwach.

      Tata riß ein Stück von der Eselshaut des Thrones, und wand es um Kukus Arm.

      Der Sultan begehrte Wasser.

      Reichlich tränkte ihn der Bruder und legte ihn auf ein erhöhtes Kissen nieder.

      Was soll ich thun? fragte der Sultan.

      Dreister antwortete der Bruder: Sultan von Darkulla, einst gebotest du, alle deine Weiber, selbst die geliebte Gigi zu morden, damit sie denen von Habesch nicht in die Hände geriethen. Jetzt gilt es mehr. Deinen Thron, dein Leben. Argwohnt deine Klugheit nicht, was im festen Lande geschehen soll? O ich hörte viel, fürchtete mehr, und nun erst reicht mein Verdacht bis in die Hölle. Dieser Osmann hat das Herz der Sultanin zu beschleichen gefrevelt.

      „Das ist nicht wahr, Verläumder! Ein Sklave, ein Sklave! Kann er meinen, daß die Sultanin ein Weib ist?“

      O diese Caffern meinen frech! Gutwilliger, unvorsichtiger König! Warum hat die Weisheit der Väter die Eunuchen bestellt, aus deren Mitte die Weiber der Gebieter nicht weichen sollten, in deren Mitte keinem andern Mann zu dringen vergönnt war? Du gabst Nene das oberste Regiment, und alle Schranken der Freiheit, nach der dem glühenden Herzen dürstete, konnte sie sich eröffnen. Warum würde sie einen elenden Kopf verweigern, wenn nicht – —

      „Höre auf, höre auf! nur einen Dolch senkte ich in meine Ader, du bohrst Tausende in mein Leben.“

      Treue, Bruderliebe, Pflicht gebieten, dir alles zu sagen. Es ist darauf angesehn, dich beim Volke gehaßt zu machen, empören will sie sich mit gewaffneter Hand, dich vom Thron werfen, und den Caffern hinaufsetzen. Folgst du nicht Bruderrath, bist du verloren.

      „Mahomed, Mahomed! zu welchem Leiden bin ich gespart! O der Thron ist nichts, Alles Nene! Meine Länder mag mir der Caffer rauben, nur nicht Nene.“

      O schon ist sie dir geraubt!

      „Ist


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