Цветники в Саду 12-2015. Редакция журнала Цветники в Саду
erreicht. Ein zweites Gespann der Wache machte sich auf den Weg zur Werft. Wir nutzten die Gelegenheit und stiegen schnell auf, sowie die aus allen Richtungen herbei geeilten Männer der Bürgerwache. Dann fuhr der mit Helfern gefüllte Wagen im rasanten Tempo zur Werft. Wir stellten dort fest, dass wie vermutet unser Schiff betroffen war. Die Neigung des Rumpfes hatte sich verändert und ein erheblicher Teil des angebauten Gerüstes war nicht mehr da. Von allen Seiten kamen jetzt Helfer herbei und zogen die Schiffshandwerker aus den Trümmern.
„Hinrich!“, schrie ich und blickte suchend in die Menge. Ich nahm Lisa an die Hand. Erschrocken blickten wir uns an. Hatte Hinrich das Unglück unbeschadet überstanden? Wir suchten ihn, aber fanden meinen Bruder nicht.
Bald darauf sah ich den Schiffzimmer-Meister Schulz, mit dem mein Bruder noch vorhin intensiv sprach. Er hatte einen Verband um den Kopf gewickelt und redete mit dem Hauptmann der Bürgerwache. Wir liefen direkt auf ihn zu und fragten, ob er Hinrich gesehen hatte.
„Ich weiß nicht wo er jetzt ist. Kurz vor dem Knall war er noch in meiner Nähe“, sagte der Meister, „geht doch mal um das Schiff herum. Dort wurden eben einige Verletzte in Sicherheit gebracht.“
„Danke!“, erwiderte Lisa mit leiser Stimme.
Lisa und ich stiegen über Trümmerteile um den Rumpf des Schiffes herum und sahen die Verunglückten, die bereits von Helfern versorgt wurden. Dann erblickte ich Hinrich. Sein Gesicht war kaum zu erkennen. Er blutete stark am Kopf und lag bewegungslos auf einer Planke, die vorher ein Teil des Schiffskörpers gewesen war.
„Bruder, kannst du mich hören?“ Er antwortete nicht und ich schaute Lisa ratlos an. Lisa versuchte nochmals ihn zu einer Reaktion zu bewegen und nahm seine Hand. Hinrich atmete schwer. Immerhin!
Er hatte einen Schlag auf den Kopf bekommen oder ähnliches und war jetzt bewusstlos. Neben ihm lag einer der Reepschläger, die das Tauwerk dem Schiffsneubau beisteuerten. Er war ebenfalls am Kopf verletzt und bewusstlos.
„Lisa, bleib du bei Hinrich. Ich besorge eine Trage und ein Fuhrwerk“, rief ich hastig.
Sie versorgte die blutende Wunde am Kopf von Hinrich und die des Reepschlägers. Ich lief auf die andere Seite und sah ein Fuhrwerk ankommen. Hektisch orderte ich den Wagen mit Händen und Füßen und wies dem Kutscher den Weg um den Rumpf des Schiffes herum. Wir luden so viele Verletzte wie möglich auf den Wagen. Lisa blieb auf der Ladefläche bei Hinrich. Der Kutscher bot mir den Platz neben sich auf dem Bock an und wir fuhren Richtung Sandtor. Inzwischen kamen uns weitere Hilfswillige entgegen, die unsere Staubwolke schlucken mussten. Wir fuhren zum Hopfenmarkt in die Stadt. Dort wurde nicht nur der meiste Hopfen verkauft. Eine Krankenanstalt und ein fähiger Doktor der Medizin waren am Hopfenmarkt zu finden. Ich hatte schon viel „Gutes“ über den Doktor gehört. Ob er sonntags Dienst hatte? Dr. Limbacher hieß er und er war Gott sei Dank anwesend. Der Doktor hatte bereits vom Werftunfall gehört und stand wartend im Eingang seiner Krankenanstalt.
Er sagte nur knapp und leise: „Gehirnerschütterung, das wird wieder“. Sein grauer Vollbart machte es unmöglich, seine Lippenbewegungen auszumachen. Doch seine Geste war eindeutig.
„Auf der Werft, da… “, sagte ich und er unterbrach mich.
„Haben wir schon gehört. Es ist alles vorbereitet. Aus dem Kloster kommen gleich noch zusätzlich Schwestern, damit wir alle zügig versorgen können.“ In der Kürze der Zeit waren alle Verletzten von ihm und seinen Schwestern abtransportiert worden. Hinrich war immer noch nicht ansprechbar. Die Krankenanstalt Limbacher war erste Anlaufstation bei Unfällen im Hafen und hatte bisher einen guten Ruf genossen.
„Lisa, bitte bleibe bei Hinrich. Ich muss zurück zum Schiff. Ich komme, so schnell ich kann zurück“, sagte ich und gab ihr einen flüchtigen Kuss, den sie Geistes abwesend nicht wahr nahm. Der Unfall auf der Werft hat die Stadt aus dem Schlaf geweckt. Schnell sprach sich die Neuigkeit in den Gängen der Stadt herum. Inzwischen liefen viele Bewohner auf die Wallanlagen, um den Wissensdurst zu stillen. Unterdessen fand ich eine Fahrgelegenheit zurück zur Werft.
Während dessen organisierte Meister Schulz die Aufräumarbeiten und die weitere Arbeit am Schiff.
„ Können wir unseren Termin einhalten?“, fragte ich ihn.
Er kratzte sich am Kopf und sagte: „1 bis 2 Tage Verspätung sind möglich, aber ich überprüfe erst den Rumpf auf Dichtigkeit, bis ich genaueres sagen kann.“
„Eine weitere Verzögerung würde möglicherweise die ganze Fahrt des Walfängers infrage stellen, da die Saisonmitte schon überschritten ist, und das Schiff vor dem Winter die Rückreise antreten sollte. Tun sie ihr Bestes!“, gab ich entschlossen zurück.
„Ich werde mein Möglichstes tun, Caspar!“, erwiderte Schulz.
„Die verunglückten Schiffszimmerer und Werftarbeiter wurden alle zu Dr. Limbacher gebracht. Zwei Schwerverletzte hatte das Unglück hervor gebracht. Soweit man es jetzt sagen kann. Hoffentlich überstehen alle ihre Verletzungen“, berichtete ich dem Meister abschließend.
Dann sprachen wir über die Ursache des Unfalls. Befestigungen und Holzbohlen hatten sich gelockert. Wie konnte das geschehen? Die Schuldfrage ist offen. Wenn mein Vater morgen wieder aus Billwerder da ist, werden wir die Einzelheiten besprechen und die Sache aufklären. Muss Vater seine Pläne ändern? Kann der Walfänger noch in dieser Saison auslaufen? Kann Hinrich noch mitfahren? Oder werden meine Eltern mich aus diesem Grund mitfahren lassen?
Ich blieb noch so lange bis klar war, dass der Rumpf durch die Verlagerung nicht beschädigt wurde. Immerhin eine gute Nachricht. Dann machte ich mich auf den Weg zu Lisa und Hinrich in die Krankenanstalt. Inzwischen war es Abend geworden. Die Menschen strömten von ihren Sonntagsausflügen zurück in die Stadt. Der Fußweg zur Krankenanstalt am Hopfenmarkt entspannte mich von aufregenden Stunden und ließ mir Zeit, über alles in Ruhe nachzudenken. Unterwegs traf ich den Kutscher, der den Krankentransport vorhin übernommen hatte. Ich hielt ihn an und gab ihm ein großzügiges Trinkgeld für seine tatkräftige Hilfe. Trotz aller Sorge um Hinrich und um die anderen Verletzten, musste für diesen Mann noch Zeit zur Anerkennung sein. Die Möglichkeit mit auf Walfang zu fahren, weckte in mir neue Kräfte und ich spürte so etwas, wie ein Glücksgefühl. Das dürfte Hinrich niemals erfahren und Lisa erst recht nicht. Es war mir selber peinlich, doch so schnell wie der Gedanke gekommen war, verschwand er im hintersten Stübchen des Erinnerungsvermögens. Ich hatte auf die Vorgänge des Tages keinen Einfluss gehabt und würde mich dem unausweichlichen Schicksal fügen müssen. So oder so. Einerseits konnte Vater auch andere Seeleute zur Vertretung für Hinrich finden, andererseits war es ihm wichtig, einen aus der Familie dabei zu haben. Jemand der Vater in seiner Heimat verfügbar war, deshalb zählte Jacob als Franzose nicht. Als sein verlängerter Arm sozusagen, um die Erfahrungen des ersten Walfanges in die Vorbereitungen des Folgejahres einbringen zu können. Es war wie immer im Leben, einiges sprach dafür und anderes dagegen. Oder würde er gar selbst fahren wollen? Das war wohl wirklich eher ein abwegiger Gedanke.
Nein, dann würde er hinterher sein Kontor nicht wieder erkennen und der gelieferte Rotwein wäre auf den Böden unseres Hauses, statt im Keller. Nein, nein - das wäre auch nie ernsthaft in Betracht gezogen worden, das hätte Mutter nicht hingenommen.
Der Kirchturm der St. Nikolaikirche schallte zum Abendgottesdienst. Der vertraute Klang der Glocken war schon weit vor den Toren der Stadt zu hören. Aus den Seitenstraßen kamen die Menschen herbei geeilt, um über den Hopfenmarkt die Kirche zu erreichen. Die Nikolaikirche war jetzt die schönste Kirche in Hamburg, seitdem der Turm des Michels vom Blitz getroffen wurde und restlos abbrannte. Der Kirchturm wurde neu gebaut, nach zähen Streitereien der Ratsherren und Architekten. Doch eine ganze Weile verging, bis erste Anfänge sichtbar wurden.
Hinrich war wieder bei Bewusstsein, als ich dort eintraf. Es fielen mir schwere Brocken von der Schulter und Lisas Gesichtszüge hatten sich ebenfalls entspannt. Ich fragte ihn, wie das passieren konnte. Aber das Reden fiel ihm noch schwer.
„Danke, Caspar. Mein Kopf brummt. Ich… “, murmelte er bemüht.
„Hinrich, schlaf` jetzt Seemann. Wir besuchen