Celsissimus: Salzburger Roman. Arthur Achleitner

Celsissimus: Salzburger Roman - Arthur Achleitner


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sich jede wie immer geartete Einmischung in seine Familienverhältnisse, nannte die Schwägerin schlankweg eine gewissenlose Kupplerin, die so rasch als möglich die Thüre von außen zumachen und niemals wiederkehren möge. Tief beleidigt, rachedürstend rauschte die Muhme aus dem Hause des Kaufherrn, und in den nächsten Stunden wußten Salzburgs Bürgerkreise bereits von der ehrenvollen Werbung Wolf Dietrichs um Salomes Hand. Zugleich ward der Bürgermeister derart bearbeitet, daß er, gegen seinen Willen, der Werbung in seiner Eigenschaft als Ohm zustimmte und damit den Bruder in eine schiefe, durchaus nicht beneidenswerte Lage brachte.

      Wilhelm Alt konnte das Getuschel nicht verborgen bleiben; man sprach im Trinkhause von der unglaublichen Kunde, die natürlich mit der Entführung in Zusammenhang gebracht wurde, es fielen Äußerungen, mehr minder verhüllt, die dem ehrlichen, stolzen Kaufherrn das Blut in Wangen und Kopf jagten. Ein Dreinfahren hatte wenig Erfolg, die Spötter und Verleumder leugneten und logen, um sich hinterher erst recht über den nach ihrer Meinung scheinheiligen Verkuppler des eigenen Kindes lustig zu machen und zu berechnen, wieviel der Fürst wohl für den Handel an den Krämer werde bezahlt haben. Im Innersten verletzt, grollend, sich und sein Kind verfluchend zog sich Wilhelm Alt in sein Haus zurück und mied zugleich jeglichen Verkehr mit Salome, die er nun als Urheberin dieser Schande haßte und zu beseitigen trachtete, bevor der verhängnisvolle Schritt einer Allianz mit dem Fürsten zur That werden könne.

      Zu diesem Behufe setzte sich Wilhelm Alt mit dem Nonnenkloster auf Frauenchiemsee in Verbindung, das gegen Entgelt Salome aufnehmen und später einkleiden sollte. Einstweilen jedoch wurde Salome im Vaterhause einer Gefangenen gleich gehalten und schärfstens überwacht, auf daß eine Botschaft weder hereindringen noch hinauskommen konnte. An die Rache der Schwägerin dachte Alt nicht weiter, wie ihn ja sein Leben lang Weibergeschwätz kalt gelassen hat.

      Die Muhme aber in ihrer Auffassung von der Verbindung Salomes mit dem Fürsten Wolf Dietrich und racheglühend bereit, ihren Willen gegen den des Schwagers durchzusetzen, ließ den Erzbischof wissen, daß die Bürgermeister Altsche Familie wie Salome mit den Plänen Seiner Hochfürstlichen Gnaden einverstanden sei, und daß der gnädige Herr Schritte gegen die zweifellos drohende Verbringung des Mädchens in ein auswärtiges Kloster thun möge.

      In seiner Leidenschaft für die schöne Salome, deren Besitz der junge, weltlich gesinnte Kirchenfürst heiß begehrte, konnte Wolf Dietrich die Beihilfe der Muhme nur freudigst begrüßen; die Mitteilungen der Bürgermeisterin erklärten auch zur Genüge, weshalb von Salome kein Lebenszeichen in die Residenz gelangt war. Einen Mann von der Thatkraft eines Wolf Dietrich mußte die Information von einer Unschädlichmachung des geliebten Mädchens bei lebendigem Leibe zu Gewaltthaten geradezu auffordern und der heißblütige Fürst ging denn auch sofort daran, Herrn Wilhelm Alt mit Gewalt Schach zu bieten.

      Das Haus des Kaufherrn wurde von Dienern des Fürsten bewacht, Bewaffnete lauerten Tag und Nacht in der Nähe verborgen, und ebenso lag eine Abteilung der erzbischöflichen Miliz auf der Straße nach Teisendorf mit dem Auftrage, jeden Wagen oder sonstigen Transport aufzuhalten und nach dem Fräulein zu suchen, das gegebenen Falles unter Bedeckung ins fürstliche Palais zu verbringen sei.

      Nach solchen Anordnungen konnte eine abermalige Gefangennahme Salomes kaum mißlingen; es müßte denn sein, daß das Fräulein auf dem Wege nach Golling ins Gebirge oder über Berchtesgaden verschleppt werden würde. Daran dachte Wolf Dietrich eines Tages und in wenigen Stunden waren auch diese Fluchtrichtungen mit Mannschaften belegt. Nun hieß es warten, und heißblütige Menschen warten nicht gerne. In seiner Ungeduld, neue Kunde über das geliebte Mädchen zu erfahren, ließ Wolf Dietrich Frau Alt zu sich bitten und stellte ihr auch gleich eine Sänfte, die vor dem Hause der Altschen Familie warten mußte, zur Verfügung.

      Diese Einladung an den Fürstlichen Hof brachte die Bürgermeisterin schier um den Verstand und nur Stolz und Eitelkeit verhinderten eine Geistestrübung. Mit einer ihr selbst unbegreifliche Schnelligkeit kleidete sich Frau Alt in ihr bestes Galagewand, legte an Schmuck an, was sie überhaupt besaß, und so überladen mit Tand und Schätzen stieg sie pfauenstolz in die Sänfte, huldvoll die gaffenden Leute auf der Gasse durch Händewinken grüßend und sich selber vormurmelnd: „Ich komme zu Hof, ich komme zu Hof!“

      Viel Etikettumstände beim Empfang wurden zur Enttäuschung der Bürgermeisterin nun freilich nicht gemacht, denn der ungeduldige Fürst hatte ausdrücklich befohlen, die Dame sogleich in das Empfangszimmer zu bringen. Immerhin walteten die Thürsteher und der Kämmerling vom Dienst getreulich ihres Amtes und deren Grinsen hinterdrein konnte die überglückliche Frau nicht sehen.

      In spanischer Rittertracht empfing Wolf Dietrich die heranrauschende Bürgermeisterin, mühsam den Lachreiz niederkämpfend, liebenswürdig und galant, so daß Frau Alt wie in einem Himmel zu sein wähnte und strahlend vor Vergnügen sich in einen wappengeschmückten Stuhl fallen ließ.

      Auf einen Wink entfernte sich der Kämmerling, und nun sprach der junge Fürst: „Ich habe Euch zu mir bitten lassen in der Meinung, daß Ihr mir neue Kunde geben könnt von Salome! Für Eure mich erfreuende Unterstützung meiner Pläne sage ich Euch meinen Dank und gebe mein fürstlich Wort, daß es an Anerkennung und Lohn nicht werde fehlen, so ich zum Ziel gelange. Nun sprecht: Was sind die Absichten des hartköpfigen Pfefferkrämers?“

      Frau Alt zuckte bei diesem Wort zusammen, der Ausdruck verletzte doch in etwas den Sippenstolz, und hastig erwiderte die Bürgermeisterin: „Euer Fürstlichen Gnaden mit Verlaubnis! Mein Herr Schwaher ist Kaufherr und handelt meines Wissens nicht mit Pfeffer!“

      „Mi perdoni! Ich wußte das nicht und wollte auch keineswegs etwa eine Geringschätzung verüben, was undenkbar wäre, so ich gerne mit des Kaufherrn Schwäherin und Muhme der schönen Salome spreche!“

      Geschmeichelt dankte Frau Alt und versicherte dann den Fürsten ihrer Ergebenheit und Bereitwilligkeit, ihm zu dienen, nicht in der Hoffnung auf irdischen Lohn, sondern zur Erwerbung päpstlicher Anerkennung.

      „Wie das? Was meint Ihr?“ fragte einigermaßen überrascht Wolf Dietrich und ließ den Degenknauf los, auf den sich seine linke Hand bisher gestützt hatte.

      „Hochfürstliche Gnaden wollen geruhen, meine Beichte entgegenzunehmen!“

      „O non, o non!“ wehrte Wolf Dietrich ab in irrtümlicher Auffassung des Ausdruckes, „zum Beichtigen nehmet nur den Priester, so Ihr für gewöhnlich konfiterieret!“

      „Ich meine nicht die kirchliche Beichte, gnädiger Herr! Ich möchte nur demütig vorbringen, daß gerne ich Euer Gnaden willfährig bin und mich glücklich schätze, so Hochdero sich mit unserer Salome verbinden! Was hiezu ich thun kann, wird geschehen! Als Lohn möcht' ich mir etwas erbitten, was Euer Fürstliche Gnaden nur ein gutes Wort für Hochdero unterthänigste Dienerin in Rom kostet!“

      „Nur ein Wort? Wie lautet dieses Wort?“

      „Meine höchste Seligkeit wäre ein päpstlicher Segen Seiner Heiligkeit, aber ganz alleinig für mich gespendet; es darf niemand anderes daran teilhaben, bloß ich allein!“

      Ein spöttisches Lächeln huschte über die Lippen Wolf Dietrichs, dann sprach der Fürst freundlich herablassend: „Sothaner Wunsch ehret Euch und soll propagieret werden, sofern Ihr mir eine frumbe willfährige Dienerin bleibet! Doch nun ad rem: Wißt Neues Ihr von Salome?“

      „Das Mädchen ist gehalten in strenger Haft des eigensinnigen Vaters, es ist selbst mir nicht möglich, zu Salome zu gelangen. Nur von der Dienerschaft konnte ich erfahren, daß in Bälde schon der Schwaher selbst, der Grausame, das liebliche Kind verbringen will in Klostermauern! Denkt nur, gnädiger Herr, ein lieblich Kind, unsere schöne Salome, die schönste Maid wohl von ganz Salzburg und im stiftschen Land soll in die Kutte gesteckt und Nonne werden für Lebenszeit!“

      „Das werd' ich zu verhüten wissen! Das Fräulein will ich für mich, und Purpur und Hermelin soll Salomes Kleidung sein, nicht die Klosterkutte!“

      „O, habt Dank, gnädiger Herr, für solche Rettung! Wohl bin ich sehr bedacht auf Seelenheil und frumben Wandel, doch Salome seh' ich lieber in fürstlichem Gewande!“

      „Auch ich!“ hüstelte Wolf Dietrich belustigt.

      „Ich möchte Euer Hochfürstliche Gnaden bitten, dem blutdürstigen Rabenvater


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