Polly!. Stephen Goldin

Polly! - Stephen Goldin


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Sie musste Herodotus nun nicht mehr an der Hand hinter sich her ziehen. Seine Nerven klirrten noch von der Fahrt mit dem Lift und er hatte Angst, zurück zu bleiben und sich in der immer verwirrenderen Villa zu verlaufen.

      Sie blieb neben der grünen Tür stehen. „Du kannst hier nicht hinein gehen“, sagte sie.

      â€žWieso sollte ich das wollen?“

      â€žWeil es verboten ist“, sagte sie finster. „Sie wollen immer hinein gehen, wenn ich sage, dass es verboten ist.“ Sie ging weiter und blieb an einer Tür zu ihrer Linken stehen, etwa in der Mitte des Korridors. „Hier ist der Fitnessraum“, sagte sie. „Komm herein.“

      Es war ein großer Saal, so groß wie der Turnsaal eines Gymnasiums. Es war nicht gerade das, was Herodotus erwartet hatte. Kein Laufband, keine Hometrainer, keine Rudermaschinen, keine Treppen – keine der modernen Apparaturen. Stattdessen gab es ein Turnpferd, einen Stufenbarren, ein Trapez und ein mehrere Meter langes Seil horizontal gespannt in der Luft. Viele graue Matten lagen am Boden.

      â€žAlso bist du eine Akrobatin?“ riet Herodotus.

      â€žOnry Phirosophicarry“, sagte sie mit gespieltem chinesischem Akzent.

      Herodotus war verwirrt und sein Gesicht musste das gezeigt haben.

      â€žDu hast doch Tony Randall in Die 7 Gesichter des Dr. Lao gesehen“, meinte Polly halb fragend. Als Herodotus den Kopf schüttelte, fuhr sie fort: „Oh, das musst du sehen! Regisseur George Pal, Drehbuch Charles Beaumont. Es ist ein Film der eine Heiligsprechung verdient.“

      Dann kam sie wieder auf das ursprüngliche Thema zurück. „Akrobatik bietet mir ein gutes Training und hilft mir, die mädchenhafte Figur zu behalten, die du bewundert hast, als du meintest, dass ich es nicht bemerkte.“

      Herodotus errötete, aber da war nur Stolz in Pollys Gesicht, als sie sagte: „Sieh her.“

      Neben dem Trapez hing ein Seil und Polly kletterte daran zwei Meter hoch, bis sie die Stange erreichen konnte und kletterte dann hinüber. Sie begann, vor- und rückwärts zu schwingen, wobei sie immer höher wurde, bis sie mit einer geschmeidigen Bewegung einen Salto rückwärts machte, sodass sie danach mit den Knien an der Trapezstange hing. Sie zog sich hoch in eine sitzende Position, dann noch höher, bis sie stand, die Füße breit auf der Stange stehend. Herodotus begann zu klatschen, aber sie brachte ihn zum Schweigen. „Ach, das war gar nichts“, sagte sie mit einem ganz leichten Hauch Gereiztheit in ihrer Stimme. „Behalte dir deinen Applaus bis zum Ende der Vorstellung.“

      Sie lehnte sich nach vorne und begann zu fallen, während sie gleichzeitig ihre Hüfte beugte und die Trapezstange mit beiden Händen ergriff. Mit dem Schwung, den sie mitnahm, machte sie eine volle Umdrehung um die Stange, wonach sie ihre Beine spreizte und schließlich im Handstand auf der Stange stand. Sie blieb dort bewegungslos wie ein Stein gut fünfzehn Sekunden stehen, dann plötzlich ließ sie los und fiel gerade nach unten, bis, im allerletzten Moment, ihre Knöchel sich an den Seile an den Enden der Trapezstange festhielten und ihren Fall stoppten. Dann bewegte sie ihr linkes Bein langsam zur Seite, sodass ihr ganzer Körper einfach nur mehr an ihrem rechten Knöchel hing.

      Sie hielt diese Stellung noch ein paar Sekunden, nur um zu zeigen, dass es kein Glückstreffer war und beugte sich dann ohne jegliche Anstrengung nach oben und ergriff die Stange wieder mit ihren Händen. Sie lehnte sich rückwärts und vorwärts und verwendete ihren Körper als Gegengewicht um das Trapez zum Schaukeln zu bringen. Pendelnd schwang sie rückwärts und vorwärts, höher und höher mit jeder Wiederholung. Dann, am höchsten Punkt eines Schwungs ließ sie los und flog durch die Luft. Ihr Körper rollte sich schnell ein und sie machte zwei volle Saltos bevor sie sich wieder aufrichtete, und ohne jegliches Zittern in der Mitte des gespannten Seils landete.

      â€žKein Applaus“, erinnerte sie, „aber ein leises, überraschtes Luftholen wäre vielleicht angebracht.“

      Sie wartete aber nicht darauf, sondern begann, vorwärts und rückwärts über das Seil zu spazieren, mit einer solchen Sicherheit, als hätte sie festen Boden unter den Füßen. Sie ging zur Mitte des Seils, beugte ihre Knie und machte einen Salto rückwärts, dann noch einen, und noch einen – jedes Mal landete sie selbstsicher auf ihren Füßen.

      â€žJetzt kommt der Moment wo das Publikum involviert wird“, sagte sie. „Dort drüben ist ein Einrad, kannst du es holen und mir geben, bitte?“

      Herodotus ging und holte das Einrad und gab es ihr hoch. Sie machte sich nicht die Mühe, ihm zu danken, sie balancierte einfach das Rad auf dem Seil und stieg vorsichtig auf, dann fuhr sie damit zweimal über die ganze Länge des Seils hin und her. Nachdem sie wieder zur Mitte des Seils geradelt war, blieb sie dort auf dem Rad ruhig stehen und sagte: „Jetzt bring mir die Stange und den Teller dort drüben.“ Herodotus tat es.

      Die Stange war etwa einen Meter lang und einen Zentimeter im Durchmesser. Sie ergriff sie ungefähr in der Mitte und setzte den Teller auf die Spitze und begann, ihn zu drehen. Sie drehte den Rand des Tellers mit ihrer Hand an, so dass er sich schneller und schneller drehte. Als sie meinte, dass er schnell genug war, ergriff sie die Stange mit beiden Händen, lehnte ihren Kopf zurück und platzierte den Stab vorsichtig auf ihrer Stirn. Sie ließ los und streckte ihre Hände zu beiden Seiten aus. Dann begann sie, hin und her über das Seil zu radeln.

      â€žDies ist der Moment, wo ich dich in das große Geheimnis des Universums einweihe“, sagte sie, wobei sie ihre Augen nicht von dem Teller ließ. „All die Weisheit aus dem Altertum geht letztendlich zurück auf ein Wort: Gleichgewicht. Bleibe im Gleichgewicht und die Welt ist deine Auster. Also, wenn du Austern magst, sonst ist die ganze Metapher sinnlos.“

      Eine ganze Minute lang fuhr sie mit dem Stab auf ihrer Stirn weiter. Dann ergriff sie die Stange mit ihrer rechten Hand, nahm sie von ihrer Stirn und ließ sie zu Boden fallen. Den Teller fing sie mit ihrer linken, sah hinunter zu Herodotus und rief: „Hier, fang“, als sie ihn ihm zuwarf. Sie selbst blieb inzwischen auf ihrem Einrad auf dem Seil und fuhr dort ohne sichtliche Anstrengung noch eine Minute hin und her.

      Schließlich stieg sie von dem Einrad, so einfach, wie sie aufgestiegen war und gab es Herodotus wieder zurück. Dann beugte sie sich hinunter und umfasste das Seil, drehte sich herum und ließ ihre Füße hinunter, bis sie an ihren ausgestreckten Armen hing, dann fiel sie leichtfüßig auf die Matte darunter, die Arme triumphierend über ihrem Kopf.

      â€žOkay, jetzt darfst du applaudieren“, sagte sie.

      Herodotus war viel weiter als Applaus. Trotz seiner persönlichen Depression sagte er enthusiastisch: „Das war fantastisch! Bist du ein Profi?“

      Polly ließ ihre Hände wieder sinken und verbeugte sich. „Ich wurde nie dafür bezahlt, also ich schätze, das bedeutet, ich bin nur eine talentierte Amateurin. Aber es macht mir Spaß. Hast du Hunger? Ich verhungere jedes Mal nach einem spaßistischen Training.“

      Das Frühstück war schon lange her und das eine Häppchen hatte seinen Magen nicht wirklich befriedigt, aber Herodotus wollte ihre Gastfreundschaft nicht noch weiter ausnutzen. „Ich will dir wirklich keine Umstände machen. Du hast schon so viel getan – “

      â€žAch Quatsch. Ich werde Mario sagen, er soll uns einen Snack rauf bringen.“

      â€žÃ„h, würde es dich stören, wenn ich erst noch deine Toilette benutze und mich frisch mache?“

      â€žNatürlich nicht. Das ist besser als auf den Boden zu pinkeln. Komm.“ Sie führte ihn wieder hinaus aus dem Turnsaal und auf den Gang. „Es ist die zweite Tür links, da drüben. Geh nur nicht durch die grüne Tür. Wenn du fertig bist, nimm den Lift zurück in den ersten Stock. Ich warte dort auf dich.“

      Er


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