Angriff Der Tapferkeit . Морган Райс

Angriff Der Tapferkeit  - Морган Райс


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dir darüber jetzt keine Gedanken.“, sagte er. „Ruh dich aus. Wir werden uns der Dinge annehmen. Du bist jetzt in Sicherheit.”

      Gwen spürte, wie ihre Augenlider wieder schwer wurden, wusste nicht ob sie wach war oder träumte.

      „Sie muss schlafen.“, sagte Illepra und trat schützend zwischen sie und die Männer.

      Gwendolyn nahm alles nur noch schattenhaft wahr und verlor wieder das Bewusstsein. In ihrem Geist blitzen Bilder von Thor und von ihrem Vater auf. Es fiel ihr schwer zu unterscheiden, was Realität, und was ein Traum war, und sie bekam nur Bruchstücke der Konversation mit, die über ihr ablief.

      „Wie ernst sind ihre Verletzungen?“, hörte sie eine Stimme sagen, vielleicht war es Kendrick.

      Sie spürte, wie Illepra ihr mit der Hand über die Stirn strich. Und die letzten Worte, die sie hörte, bevor sie endgültig davondriftete waren Illepras:

      „Ihre körperlichen Verletzungen sind nicht schwer, aber die Wunden an ihrer Seele sind tief.“

*

      Als Gwen wieder aufwachte, hörte sie das Knistern eines Feuers. Sie wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war. Sie blinzelte mehrmals und sah sich in dem spärlich beleuchteten Raum um. Die Männer waren gegangen. Die einzigen Leute im Raum waren Steffen, der auf einem Stuhl neben ihrem Bett saß, Illepra, die über sie gebeugt dastand, und eine Salbe auf ihr Handgelenk auftrug, und eine weitere Person. Er war ein freundlich aussehender alter Mann, der sie besorgt ansah. Er kam ihr bekannt vor, doch sie war sich nicht sicher. Sie fühlte sich so müde, viel zu müde, als hätte sie eine Ewigkeit nicht geschlafen.

      „Mylady?“, sagte der alte Mann und beugte sich über sie. Er hielt etwas Großes in beiden Händen, und auf den zweiten Blick erkannte sie, dass es ein ledergebundenes Buch war.

      „Ich bin es, Aberthol.“, sagte er. „Dein alter Lehrer. Kannst du mich verstehen?“

      Gwen schluckte, nickte langsam und versuchte die Augen ein Stück weit offen zu halten.

      „Ich habe stundenlang darauf gewartet, dich zu sehen.“, sagte er. „Ich habe gesehen, wie du dich im Schlaf hin- und hergeworfen hast.“

      Gwen nickte langsam. Sie erinnerte sich und war dankbar, dass er hier war.

      Aberthol öffnete sein großes Buch und sie konnte das Gewicht auf ihren Beinen spüren. Sie hörte das Rascheln der schweren Seiten, als er sie umblätterte.

      „Das ist eines der wenigen Bücher, die ich retten konnte“, sagte er, „bevor sie das Haus der Gelehrten niedergebrannt haben. Es sind die vierten Annalen der MacGils. Du hast es gelesen. In ihnen verbergen sich Geschichten von Eroberungen, Siegen und Niederlagen – doch auch andere Geschichten. Geschichten von großen Anführern, die verwundet wurden. Wunden des Körpers und Wunden des Geistes. Jede vorstellbare Art von Verletzungen, Mylady. Und deswegen bin ich gekommen: Selbst die besten Männer und Frauen haben die unvorstellbarsten Behandlungen, Verletzungen und Folter erleben müssen. Du bist nicht alleine. Du bist eine Speiche im Rad der Zeit. Da gab es zahllose andere, die viel Schlimmeres erleiden mussten als du – und viele die überlebt haben und große Anführer geworden sind.

      „Schäme dich nicht.“, sagte er und griff ihre Hand. „Das ist es, was ich dir sagen will. Schäme dich niemals. Du solltest keine Scham hegen, nur Ehre und Stolz auf das, was du getan hast. Du bist die größte Herrscherin, die der Ring je gesehen hat. Und das was geschehen ist, macht dich in keinem Fall schlechter.“

      Gwen war tief gerührt von seinen Worten und eine Träne rollte ihr über die Wange. Seine Worte waren genau das, was sie jetzt brauchte, und sie war so dankbar dafür. Sie wusste es genau und verstand, dass er Recht hatte.

      Doch es fiel ihr schwer, es zu fühlen. Sie hatte das Gefühl, dass ein Teil von ihr für immer beschädigt war. Sie wusste, dass dem nicht so war, doch konnte das Gefühl nicht abschütteln.

      Aberthol lächelte, während er ein kleineres Buch hervorzog.

      „Erinnerst du dich an das hier?“, fragte er, und schlug den ledernen Einband auf. „Das war deine ganze Kindheit lang dein Lieblingsbuch. Die Legenden unserer Väter. Da gibt es eine ganz besondere Geschichte, und ich dachte mir, ich könnte sie dir vorlesen, um dir etwas die Zeit zu vertreiben.“

      Gwen war gerührt von seiner Geste, aber sie konnte nicht mehr. Traurig schüttelte sie den Kopf.

      „Ich danke dir.“, sagte sie mit erstickter Stimme während eine weitere Träne über ihre Wange lief. „Aber ich kann nicht…“

      Er sah enttäuscht aus. Doch dann nickte er: Er verstand sie.

      „Ein anderes Mal“, sagte sie niedergeschlagen. „Ich wäre jetzt lieber alleine. Könntet ihr mich bitte allein lassen? Alle?“ sagte sie und wandte sich Steffen und Illepra zu.

      Sie standen auf und neigten den Kopf. Dann drehten sie sich um und eilten aus dem Raum.

      Gwen fühlte sich schuldig, doch sie konnte nicht anders; sie wollte sich in eine Ecke verkriechen und sterben. Sie hörte ihre Schritte, hörte wie sich die Türe hinter ihnen schloss und blickte auf um sicherzugehen, dass der Raum leer war.

      Zu ihrer Überraschung war er es nicht: Eine einzelne Figur stand aufrecht im Schatten des Eingangs. Langsam und würdevoll ging sie auf Gwen zu, blieb einen Meter vor ihrem Bett stehen und sah ausdruckslos auf sie herab.

      Ihre Mutter.

      Gwen war überrascht sie hier zu sehen, die ehemalige Königin, so würdevoll und stolz wie immer, die kühl und ausdruckslos wie immer auf ihre Tochter herabsah. In ihren Augen lag kein Mitgefühl wie in denen ihrer anderen Besucher.

      „Warum bist du hier?“, fragte Gwen.

      „Ich bin gekommen, um dich zu sehen.“

      „Aber ich will dich nicht sehen.“, sagte Gwen. „Ich will niemanden sehen.“

      „Es ist mir egal was du willst oder nicht.“, sagte sie kühl und selbstbewusst. „Ich bin deine Mutter und ich habe das Recht dich zu sehen, wenn ich es will.“

      Gwen fühlte den Alten Zorn auf ihre Mutter wieder aufflackern; sie war die letzte Person, die sie jetzt sehen wollte. Doch sie kannte ihre Mutter und sie wusste, dass sie nicht gehen würde, bis sie gesagt hatte, wozu sie gekommen war.

      „Dann sprich.“, sagte Gwendolyn. „Sprich und geh, wenn du fertig bist.“

      Ihre Mutter seufzte.

      „Du kannst es nicht wissen“, sagte ihre Mutter, „doch als ich jung war, etwa in deinem Alter, bin ich auf dieselbe Weise angegriffen worden wie du.“

      Gwen sah sie überrascht an; das hatte sie wirklich nicht gewusst.

      „Dein Vater hat es gewusst.“, fuhr sie fort. „Und ihm war es egal. Er hat mich trotzdem geheiratet. Doch zu der Zeit, als es passiert ist, hatte ich das Gefühl, dass meine Welt zusammengebrochen war. Doch sie ist es nicht.“

      Gwen schloss ihre Augen und spürte, wie eine weitere Träne über ihre Wange rollte. Sie versuchte, das Thema zu verdrängen. Sie wollte die Geschichte ihrer Mutter nicht hören. Es war zu spät als dass sie von ihrer Mutter Mitgefühl annehmen konnte. Hatte sie etwa erwartet, dass sie einfach so hier hineinmarschieren könnte, nach so vielen Jahren in denen sie sie kühl und abweisend behandelt hatte, und dass eine teilnahmsvolle Geschichte alles wieder gutmachen würde?

      „Bist du fertig?“, fragte Gwendolyn.

      Ihre Mutter trat vor. „Nein, ich bin nicht fertig.“, sagte sie fest. „Du bist jetzt die Königin – es ist an der Zeit, dass du dich wie eine Verhältst.“, sagte ihre Mutter, mit eiskalter Stimme. Gwen hörte darin eine Starke, die ihr noch nie zuvor aufgefallen war. „Du bemitleidest dich selbst. Doch jeden Tag, überall auf der Welt, müssen Frauen ein viel schlimmeres Schicksal erleiden als du. Was dir passiert ist, ist bedeutungslos, wenn man das Gesamtbild betrachtet. Verstehst du mich? Es ist nichts.”

      Ihre Mutter seufzte.

      „Wenn du überleben willst in der Welt der Macht, musst du stark sein. Stärker als die Männer. Die


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