Held, Verräter, Tochter . Морган Райс
man unsereins niemals in eine echte Armee aufgenommen hätte.“
Akila musste lachen und nicht nur, weil es wahrscheinlich der Wahrheit entsprach. Wie viele Generäle konnten von sich behaupten, dass ihnen nicht nur der Respekt, sondern auch die Kameradschaft ihrer Leute gehörte? Wie viele konnten ihre Truppen bitten, sich der Gefahr in den Rachen zu werfen und erhielten eine positive Antwort, die nicht der Treue, Angst oder Disziplin geschuldet war, sondern ihrem eigenen Willen? Akila hatte das Gefühl, dass er wenigstens darauf Stolz sein konnte.
Nachdem der Matrose davongeeilt war, musste er weitere Befehle erteilen.
„Wenn wir bereit sind, dann ziehen wir die Hafenkette nach oben“, sagte er.
Einer der jungen Matrosen in seiner Nähe blickte besorgt drein. Akila konnte die Angst sehen, da halfen auch keine Worte mehr. Das war nur normal.
„Wenn wir die Kette hochziehen, heißt das dann nicht, dass wir uns nicht wieder in den Hafen zurückziehen können?“ fragte der Junge.
Akila nickte. „Ja, aber was würde es bringen, sich in eine Stadt zurückzuziehen, die dem Meer völlig offen ausgeliefert ist? Wenn wir dort draußen verlieren, glaubst du, dass die Stadt dann ein sicheres Versteck wäre?“
Er konnte sehen, wie der Junge nachdachte und versuchte, festzustellen, wo er aller Wahrscheinlichkeit nach am sichersten sein würde. Oder er wünschte, sich niemals dieser Sache angeschlossen zu haben.
„Du kannst einer derjenigen sein, der hilft, die Kette hochzuziehen, wenn du willst“, bot Akila an. „Danach läufst du zu den Katapulten. Wir brauchen gute Leute, um sie abzufeuern.“
Der Junge schüttelte den Kopf. „Ich bleibe. Ich werde nicht davonlaufen.“
„Ich nehme an, du hast keine Lust die Flotte zu übernehmen, damit ich mich aus dem Staub machen kann?“ fragte Akila.
Das brachte den Jungen zum Lachen als er sich auf den Weg machte, seine Pflichten zu erfüllen. Lachen war immer besser als Angst.
Was konnte er sonst noch tun? Etwas gab es immer zu tun, immer winkte schon die nächste Aufgabe. Es gab diejenigen, die davon sprachen, dass der Krieg auf sie wartete, doch Akila hatte festgestellt, dass dieses Warten stets tausend kleine Dinge mit sich brachte. Vorbereitung war die Mutter allen Erfolgs, und Akila würde nicht deshalb verlieren, weil er es nicht versucht hatte.
„Nein“, murmelte er, als er die Leinen seines Flaggschiffes prüfte. „Die Tatsache, dass sie fünf Mal so viele Schiffe wie wir haben, wird letztlich dafür sorgen, dass wir verlieren.“
Sie konnten nur hoffen, zuzuschlagen und sich davonzumachen. Sie zu den Feuerschiffen zu locken. Sie in die Hafenkette manövrieren. Ihre eigene Geschwindigkeit zu nutzen, um abzuknallen, was sie nur konnten. Selbst dann würde es vielleicht nicht genug sein.
Akila hatte noch nie solch eine große Einheit gesehen. Er zweifelte, dass es irgendjemand sonst hatte. Die Flotte, die nach Haylon gekommen war, hatte Strafe und Zerstörung bringen sollen. Die Rebellenarmee war ein Zusammenschluss aus wenigstens drei großen Einheiten.
Das hier war jedoch größer. Das war keine Armee mehr, hier rückte ein gesamtes Land an. Hier ging es um Eroberung und noch mehr. Felldust sah seine Gelegenheit gekommen und nun würde es dem Reich alles nehmen, was es hatte.
Außer wir halten sie auf, dachte Akila.
Vielleicht würde es nicht seine Flotte sein, die sie aufhielten. Vielleicht konnten sie nicht auf mehr hoffen, als sie auszubremsen und die einfallende Armee zu schwächen. Doch vielleicht würde das schon genügen. Wenn sie Ceres Zeit verschafften, dann würde sie vielleicht einen Weg finden, die Schlacht gegen das, was dann noch übrig war, für sich zu entscheiden. Akila hatte sie erstaunliche Dinge mit ihren Kräften vollbringen sehen.
Vielleicht würde sie es auch mit Felldusts gesamter Armee aufnehmen und ihnen den Ärger ersparen.
Akila würde aller Wahrscheinlichkeit nach hier sterben. Wenn es Delos rettete, würde es das wert sein? Darum ging es nicht. Wenn es die Menschen dort rettete und die von Haylon, was wäre dann? Ja, das bedeutete Akila alles. Männer wie diese würden sich hiermit nicht zufriedengeben. Sie würden nach Haylon kommen, sobald sie hier fertig wären. Wenn sein Opfer die Bauern auf der Insel rettete, dann würde Akila keine Sekunde zögern.
Er blickte über das Wasser zu der herannahenden Flotte und seine Stimme wurde ganz weich.
„Dafür bist du mir etwas schuldig, Thanos“, sagte er, genauso wie der Prinz ihm etwas schuldig geblieben war, nach Delos gekommen zu sein und ihm auf Haylon nicht den Hals durchgeschnitten zu haben. Sein Leben wäre wahrscheinlich um vieles leichter gewesen, wenn er das getan hätte.
Ein Blick auf die Flotte verriet Akila, dass sein Leben wahrscheinlich auch um einiges länger gewesen wäre.
„Also!“ schrie er. „Auf eure Plätze, Jungs! Wir haben eine Schlacht zu gewinnen!“
KAPITEL ZWEI
Irrien saß von einer Mischung aus Zufriedenheit und Vorfreude erfüllt am Bug seines Flaggschiffes. Er war zufrieden, dass seine Flotte genau das tat, was er angeordnet hatte. Die Vorfreude erwuchs aus dem, was ihnen nun bevorstand.
Um ihn herum glitten Schiffe genauso, wie er es befohlen hatte, still durch das Wasser nahe der Küste entlang. Sie waren so still wie Haie auf der Jagd nach Beute, so still wie der Moment nach dem Tod eines Menschen. Irrien kam sich vor wie eine schimmernde Speerspitze, während der Rest seiner Flotte seinem breiten Kopf nachfolgte.
Sein Stuhl war nicht der aus dunklem Stein, in dem er in Felldust gesessen hatte. Es war ein leichteres Modell und aus den Knochen einiger seiner Opfer gebaut. Der Oberschenkelknochen eines dunklen Pirschjägers bildete die Lehne während die Fingerknochen eines Mannes in die Armstützen eingearbeitet worden waren. Das Fell, das sie überzog, stammte von Tieren, die er selbst erlegt hatte. Das war eine weitere Lektion, die er gelernt hatte: in Zeiten des Friedens sollte ein Mann zeigen, wie zuvorkommend er war. Im Krieg musste er hingegen seine Grausamkeit zur Schau tragen.
Dazu riss Irrien an einer Kette, die an seinem Stuhl befestigt worden war. Das andere Ende hielt ein Möchtegernkrieger dieser Rebellion, der eingeknickt war anstatt zu sterben.
„Wir sind bald da“, sagte er.
„J-ja, gnädiger Herr“, antwortete der Mann.
Irrien zerrte erneut an der Kette. „Halt die Klappe, außer, man befielt dir anderes.“
Irrien ignorierte den Mann, als dieser begann, ihn inständig um Vergebung zu bitten. Er blickte nach vorne, auch wenn er die Metallseite seines Schilds so aufgestellt hatte, dass er mögliche Mörder, die sich ihm von hinten näherten, bemerken konnte.
Ein kluger Mann tat stets beides. Die anderen Steine von Felldust hielten Irrien wahrscheinlich für verrückt, dass er zu diesem staublosen Land aufbrach und sie zurückließ. Sie dachten wahrscheinlich, dass er ihre Intrigen und Machenschaften nicht bemerken würde.
Irriens Grinsen wurde noch breiter, als er sich vorstellte, wie ihre Gesichter aussehen mussten wenn sie erkannten, was wirklich vor sich ging. Seine Freude wurde noch größer als er sich der Küste zuwandte und die Feuer erkannte, die entflammten, als seine wüsten Truppen dort an Land gingen. Normalerweise hasste Irrien die verschwenderische Art, Häuser niederzubrennen, doch zu Kriegszwecken war es eine nützliche Waffe.
Nein, die wahre Waffe war die Angst. Feuer und drohende Gebärden waren nur Wege, um diese weiter anzuspitzen. Die Angst war eine Waffe, die genauso mächtig war wie langsam wirkendes Gift so gefährlich wie eine Klinge. Die Angst konnte einen starken Mann dazu bringen, davonzulaufen oder kampflos einzuknicken. Die Angst brachte Feinde dazu, dumme Entscheidungen zu treffen, in übereilter Kühnheit anzugreifen oder abzuwarten, wenn es eigentlich Zeit war, anzugreifen. Die Angst versklavte die Menschen und hielt sie klein, auch wenn sie zahlenmäßig überlegen waren.
Irrien war nicht so einfältig zu glauben, dass er völlig frei von Angst war, doch hatte er weder seine erste noch sein fünfzigste Schlacht so erlebt wie die Männer es immer berichtet hatten. Er hatte gegen Männer auf brennendem Sand gekämpft und auf den