Held, Verräter, Tochter . Морган Райс

Held, Verräter, Tochter  - Морган Райс


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hatte geglaubt, dass er bei seiner Ankunft viele Schiffe im Hafen gesehen hatte. Doch jetzt schien das Wasser geradezu vor ihnen überzuquellen, sodass Thanos den Eindruck hatte, auf ihren Decks bis zum Horizont laufen zu können.

      Viele von ihnen waren Kriegsschiffe, doch noch mehr waren Handelsschiffe oder kleinere Gefährte. Da die Hauptflotte von Felldust bereits aufgebrochen war, hätte der Hafen leer sein sollen, doch Thanos schien es, als würde kein weiteres Boot dort Platz finden. Es war, als hätte sich ganz Felldust hier versammelt, um das abzuräumen, was vom Reich zu kriegen war.

      Thanos begann das Ausmaß zu erkennen und das, was es bedeutete. Das hier war nicht nur eine Armee, sondern ein ganzes Land. Sie sahen die Gelegenheit gekommen, das Land einzunehmen, das ihnen lange versagt gewesen war, und sie würden es sich jetzt mit Gewalt nehmen.

      Was auch immer das für die bedeutete, die bereits dort waren.

      „Wer bist du?“ fragte ein Soldat, der auf ihn zukam. „Welche Flotte, welcher Kapitän?“

      Thanos dachte flink nach. Wenn er die Wahrheit sagte, würde er erneut kämpfen müssen und jetzt würde ihn kein Staubschleier mehr vor unwillkommenen Blicken schützen. Er bezweifelte nicht, dass er genauso verstaubt aussah wie jeder andere Einheimische auch, doch wenn irgendjemand ihn auch nur erkannte oder bemerkte, dass er aus dem Reich kam, dann würde das keinen guten Ausgang nehmen.

      Er fragte sich kurz, was sie in Felldust wohl mit Spionen anstellten. Was auch immer es war, es war mit Sicherheit nicht angenehm.

      „Zu welcher Flotte gehörst du?“ fragte der Mann erneut, dieses Mal mit strenger Stimme.

      „Zu der von Vexa, dem Vierten Stein“, schoss Thanos mit ebenso strenger Stimme zurück.  Er versuchte, es so klingen zu lassen, als hätte er keine Zeit für solche Störungen. Da ihm nur wenig Zeit blieb, zu Ceres zurück zu gelangen, fiel ihm das nicht weiter schwer. „Bitte sag mir nicht, dass ihre Flotte schon aufgebrochen ist.“

      Der andere Mann lachte ihm in ins Gesicht. „Sieht aus, als hättest du kein Glück. Was glaubst du wohl, du kannst hier rumsitzen und dich von der Lieblingshure des Kapitäns verabschieden? Du verschwendest deine Zeit, deine Chance.“

      „Verdammt!“ sagte Thanos und versuchte, das Spiel mitzuspielen. „Sie können doch nicht alle weg sein. Was ist mit den anderen Schiffen?“

      Das brachte ihm einen weiteren Lacher ein. „Du kannst gerne fragen, aber wenn du glaubst, dass es noch eine unvollständige Mannschaft gibt, dann hast du wohl nicht richtig aufgepasst. Bei solchen Geschichten will doch jeder einen Platz. Die Hälfte kann ja nicht mal richtig kämpfen. Aber ich sag dir was, vielleicht kann ich dir einen Platz in einer der Mannschaften von dem Alten Forkbeard besorgen. Der Dritte Stein lässt sich Zeit. Du müsstest mir nur die Hälfte aller deiner Anteile geben.“

      „Vielleicht, wenn ich die Typen nicht finden kann, mit denen ich eigentlich loswollte“, sagte Thanos. Jede Sekunde die er hier war, verbrachte er nicht mit der Mannschaft, die ihn nach Delos zurückbringen konnte.

      Er sah, wie der andere Mann mit den Schultern zuckte. „So spät, wie du dran bist, wirst du kein besseres Angebot kriegen.“

      „Das werden wir sehen“, sagte Thanos und machte sich auf den Weg zu den Booten.

      Von außen betrachtet musste es so aussehen, als suchte er nach einem der seltenen Boote, nach denen er angeblich Ausschau hielt. Thanos hoffte, dass er keines finden würde. Das letzte, was er jetzt brauchte, war es, sich in die Dienste von Felldusts Marine stellen zu müssen.

      Auch wenn er es tun würde, wenn ihm nichts anderes übrigblieb. Wenn es hieß, dass er zurück zu Ceres fuhr, wenn es bedeutete, dass er ihr helfen konnte, dann wäre er dazu bereit. Er würde die Rolle irgendeines Felldust-Kriegers spielen, der nichts lieber wollte, als die anderen gerade rechtzeitig noch einzuholen. Wenn die Hauptflotte noch hier gewesen wäre, dann wäre es sogar sein Plan A gewesen, denn die Nähe zum Ersten Stein hätte ihm vielleicht ermöglicht, diesen zu töten.

      Wenn er jedoch mit der zweiten Flotte segelte, würde erst ankommen, wenn es schon zu spät wäre. Er würde mit Sicherheit keine Hilfe mehr sein. So lief er die Planken zwischen den vielen Schiffen entlang und beobachtete, wie Krieger Fässer mit frischem Wasser und Kisten mit Nahrung verluden. Thanos schlitzte wenigstens drei Schiffsbäuche auf, doch würde keine lächerliche Sabotage der Welt eine Flotte wie diese aufhalten können.

      Deshalb blickte er sich weiter um. Er sah, wie Männer und Frauen Waffen schliffen und Rudersklaven an die entsprechenden Plätze ketteten. Er sah, wie staubbedeckte Priester glückbringende Gebete intonierten und Tiere opferten, sodass ihr Blut den Staub in blutroten Schlamm verwandelte. Er sah, wie zwei Soldatengruppen verschiedener Banner darüber stritten, wer zuerst durch die Warft fahren durfte.

      Thanos sah viel, das ihn wütend machte und mehr noch, das ihn um Delos bangen ließ. Doch die eine Sache, für die er eigentlich an diesen Ort gekommen war, konnte er im Chaos des Hafens nicht entdecken. Es gab hier hunderte Boote jeglicher Form, Größe und Bauart. Es gab Boote, die bis zum Rand mit grimmig dreinschauenden Kriegern gefüllt waren und Boote, die kaum mehr waren als Kähne, die jene Menschen transportierten, welche die Invasion gleichermaßen sehen wie an ihr teilnehmen wollten.

      Er konnte jedoch das Boot, das ihn hergebracht hatte, nicht entdecken. Er musste zurück zu Ceres und wusste doch nicht, wie er das bewerkstelligen sollte.

      KAPITEL VIER

      Angetrieben vom Klang der Hörner rannte Stephania wie ein Hirsch auf der Flucht vor einer Jagdgesellschaft durch das Schloss. Wenn sie es nicht rechtzeitig hinaus schaffte, würde es kein Entkommen mehr geben. Um Ceres brauchte sie sich keine weiteren Sorgen mehr zu machen.

      „Felldust wird ihr den Rest geben“, sagte Stephania.

      Sie rannte zu der Stelle zurück, wo die Tunnel sie unter die Stadt führen würden. Sie hoffte, dass Elethe ihren Fluchtweg, so wie von Stephania angeordnet, hatte offenhalten können. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, zu fliehen. Der Rebellion in die Hände zu geraten wäre nicht gut, doch inmitten einer Schlacht zwischen Felldusts Fünf Steinen und dem Reich gefasst zu werden, war weitaus schlimmer.

      Außer…

      Stephania blieb stehen und blickte aus dem Fenster in Richtung des Hafens. Sie konnte sehen, wie Wurfgeschosse den Himmel verdunkelten und Schiffe brannten, während sich ein düsteres Band aus eindringenden Schiffen näherte. Stephania rannte zu einer Stelle, von wo aus sie über die Mauer blicken konnte und sie sah, dass auch dort das Feuer eröffnet worden war.

      Wo auch immer sie jetzt hinrannte, es schien, als würden Feinde sie dort erwarten. Sie konnte nicht einfach wieder zurück über das Wasser entkommen. Sie konnte nicht riskieren, ins freie Feld zu laufen, denn wenn sie das Kommando über die Invasion gehabt hätte, dann hätte sie plündernde Banden geschickt, die Menschen zurück in die Stadt zu treiben. Sie durfte nicht offen durch Delos laufen, denn die Einheiten der Rebellion würden versuchen, sie zu fangen.

      Doch wo waren diese Soldaten? Stephania war an ein paar Wachen auf ihrem Weg hinein vorbeigekommen. Ihre Verkleidung hatte genügt, um an ihnen vorbeizukommen. Doch es waren nicht viele gewesen. Das Schloss war wie ein Geisterschiff, das man aufgrund von dringenderen Angelegenheiten verlassen hatte. Als sie erneut nach draußen blickte sah Stephania, wie Rebellen in hellen Uniformen und zusammengesuchter Ausrüstung durch die Straßen liefen. Ein paar würden in der Nähe sein, aber wie viele und wo genau?

      Eine Idee entfaltete sich eher wie eine Möglichkeit als wie eine tatsächliche Option. Doch je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr erschien sie ihr als die beste Handhabung. Sie war niemand, der die Dinge überstürzte. In Adelskreisen lieferte man sich so einer anderen Person aus oder riskierte ausgegrenzt oder schlimmeres zu werden.

      Doch es gab Situationen, die entschiedenes Vorgehen erforderten. Wenn es etwas zu gewinnen gab, konnte Zurückhaltung genauso gut wie Übereifer zum Scheitern führen.

      Stephania erreichte Elethe, die ständig zwischen Tunnel und Stadt hin und her blickte, als würde sie jeden Augenblick eine Horde Feinde erwarten.

      „Ist es Zeit zu gehen, Gnädige Frau?“ sagte


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