Wenn es Doch Nur Für Immer Wäre . Sophie Love
war nach Sunset Harbor davongelaufen, hatte eine Pension eröffnet und sich so sehr in Daniel verliebt, dass sie zugestimmt hatte, ihm dabei zu helfen, sein Kind großzuziehen. Es überraschte Emily nicht, dass ihre Mutter jede einzelne ihrer Entscheidungen missbilligt hatte. Deshalb standen die Chancen schlecht, dass sie die Verlobung ihrer Tochter akzeptieren würde.
„Daniel hat um meine Hand angehalten“, brachte Emily schließlich hervor. „Und ich habe ja gesagt.“
Genau wie von Emily vorhergesehen herrschte Schweigen. Ihre Mutter nutzte das Schweigen wie eine Waffe, mit der sie Emily stets genug Zeit ließ, um sich darum zu sorgen, was ihre Mutter wohl gerade dachte.
„Wie lange genau bist du schon mit diesem Mann zusammen?“, fragte Patricia schließlich.
„Fast ein Jahr“, erwiderte Emily.
„Ein Jahr. Von weiteren fünfzig oder so, die ihr zusammen verbringen wollt.“
Emily seufzte tief auf. „Ich dachte, du würdest dich freuen, dass ich mich endlich mit jemandem niederlasse. Immerhin reibst du mir doch ständig unter die Nase, dass du in meinem Alter schon längst verheiratet warst.“ Emily krümmte sich innerlich beim Klang ihrer eigenen Stimme. Warum schaffte es ihre Mutter auch immer, das streitsüchtige Kind in ihr zu wecken? Warum wollte Emily unbedingt die Zustimmung ihrer Mutter, wenn diese sich so wenig um ihre Tochter kümmerte?
„Ich nehme an, er braucht eine Mutter für sein Kind“, sagte Patricia.
Mit zusammengebissenen Zähnen antwortete Emily: „Ihr Name ist Chantelle. Und deshalb hat er mir keinen Antrag gemacht. Das tat er, weil er mich liebt. Und ich sagte ja, weil ich ihn liebe. Wir wollen für immer zusammenbleiben, du solltet dich also daran gewöhnen.“
„Das werden wir ja sehen“, erwiderte Patricia monoton.
„Ich wünschte, du könntest dich für mich freuen“, meinte Emily mit brüchiger Stimme. „Immerhin wirst du die Mutter der Braut sein. Die Leute werden erwarten, dich stolz und umgänglich zu sehen.“
„Wer sagt denn, dass ich überhaupt komme?“, raunzte Patricia zurück.
Diese Worte waren für Emily wie ein Schlag ins Gesicht. „Was meinst du? Natürlich kommst du, Mom. Es ist schließlich meine Hochzeit!“
„Das ist ganz und gar nicht natürlich“, erwiderte Patricia. „Ich werde auf meine Einladung zur Hochzeit antworten, wenn ich sie erhalte.“
„Mom…“, stammelte Emily.
Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Würde ihre Mutter wirklich nicht kommen, nur, um ihr eines auszuwischen? Was würden die Leute denken? Vielleicht, dass Emily ein Waisenkind war, wenn weder ihr Vater noch ihre Mutter auftauchten. Und auch keine Schwester. Auf gewisse Art war sie eine Waise. Sie kämpfte gegen die ganze Welt an.
„Na gut“, schoss Emily hitzig zurück. „Tu doch, was du willst. Das hast du immer schon getan.“ Dann legte sie ohne sich zu verabschieden auf.
Emily wollte nicht weinen. Sie weigerte sich dagegen. Nicht für ihre Mutter, das war es einfach nicht Wert. Doch für ihren Vater, das war eine ganz andere Sache. Sie vermisste ihn unheimlich und nun, da sie davon überzeugt war, dass er immer noch lebte, wollte sie ihn unbedingt sehen. Aber es gab keine Möglichkeit, ihn zu erreichen. Die Frau, mit der er Emilys Mutter betrogen hatte, war vor mehreren Jahren gestorben, und außerdem war auch sie von Roys Verschwinden genauso überrascht gewesen wie der Rest der Welt. Alles, was Emily wusste, war, dass es sie zwar schmerzen würde, wenn ihre Mutter nicht zur Hochzeit kam, doch es würde sie absolut zerstören, ihren Vater nicht dabei zu haben. In diesem Moment beschloss Emily, ihre Bemühungen, ihn zu finden, zu verdoppeln. Irgendjemand, irgendwo musste irgendetwas wissen.
Emily ging wieder hinein. Sie war von dem langen Tag erschöpft, weshalb sie die Stufen zum Schlafzimmer hinaufstieg. Doch als sie dort ankam, konnte sie Daniel nicht finden. Die Panik, die unmittelbar in ihr aufgestiegen war, legte sich wieder, als Daniel mit seinem Handy in der Hand den Raum betrat.
„Wo warst du?“, fragte Emily.
„Ich habe gerade meine Mom angerufen“, erwiderte Daniel. „Um ihr von der Hochzeit zu erzählen.“
Fast hätte Emily vor Überraschung laut aufgelacht. Es war mehr als nur Zufall, dass sie beide gleichzeitig auf den Gedanken gekommen waren, ihre Mütter anzurufen. Es war eindeutig ein Zeichen für ihre Verbindung.
„Wie ist es gelaufen?“, wollte Emily wissen, doch schon an Daniels Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, dass die Antwort nicht gerade positiv ausfallen würde.
„Was denkst du denn?“, entgegnete Daniel mit hochgezogener Augenbraue. „Sie hat wieder die Chantelle-Karte gezogen und meinte, dass sie nur zur Hochzeit kommen würde, wenn sie regelmäßig Zeit mit Chantelle verbringen dürfte. Ich wünschte, sie könnte sehen, welch zerstörerische Kraft sie hat, damit sie versteht, warum ich nicht will, dass sie meinem Kind zu nahekommt. Zumindest nicht, solange sie noch so viel trinkt. Nach dem, was Chantelle mit ihrer Mutter durchgemacht hat, braucht sie die Gesellschaft von nüchternen Erwachsenen.“ Er ließ sich auf die Bettkante sinken. „Sie versteht meine Sichtweise einfach nicht. ‚Jeder trinkt‘, das sagt sie immer. ‚Ich bin auch nicht schlimmer als andere‘. Vielleicht ist sie das wirklich nicht, aber sie ist auch nicht das, was Chantelle braucht. Wenn ihr ihre Enkelin tatsächlich so sehr am Herzen liegen würde wie sie behauptet, dann würde sie ihretwegen diese Gewohnheit aufgeben.“
Emily kletterte hinter ihm auf das Bett und massierte die Spannung aus seinen Schultern. Daniel entspannte sich unter ihrer Berührung. Dann drückte sie ihm einen Kuss in den Nacken.
„Ich habe auch gerade meine Mutter angerufen“, sagte sie.
Daniel wandte sich ihr überrascht zu. „Wirklich? Wie ist es gelaufen?“
„Schrecklich“, erwiderte Emily und plötzlich konnte sie ihr Lachen nicht länger zurückhalten. Die ganze Sache hatte etwas Komisches an sich.
Mit ihrem Lachen steckte sie auch Daniel an. Schon bald kicherten die beiden hysterisch, teilten ihr Mitleid mit dem jeweils anderen und wuchsen näher zusammen.
„Ich habe nachgedacht“, sagte Daniel schließlich, als sein Lachen abgeklungen war. „Erinnerst du dich noch daran, als Gus hier war?“
„Ja, natürlich“, erwiderte Emily. Der ältere Herr war ihr erster richtiger Gast in der Pension gewesen. Dank ihm war sie der Insolvenz entkommen. Außerdem war er einer der liebenswürdigsten Menschen, die sie je getroffen hatte. „Wie könnte ich Gus vergessen? Aber was ist mit ihm?“
Daniel spielte gedankenlos mit dem Ärmel ihres Oberteils. „Erinnerst du dich daran, dass er zu einer Feier in Aubrey ging? In die Stadthalle?“
Emily nickte mit gerunzelter Stirn und fragte sich, warum Daniel davon sprach.
„Warst du jemals dort gewesen?“, fragte dieser.
Emilys Neugier wuchs immer weiter an. „In Aubrey? Oder in der Stadthalle?“ Dann lachte sie. „Um ehrlich zu sein, war ich weder hier noch dort.“
Daniel zögerte und brachte plötzlich kein Wort mehr über die Lippen. Emily wartete geduldig.
„In der Stadthalle kann man heiraten“, sagte er schließlich, um auf den Punkt zu kommen. „Ich habe mich gefragt, ob wir, du weißt schon, einen Termin ausmachen sollen, oder wie man das auch immer nennt? Mit dem Hochzeitsplaner? Natürlich nur, wenn du lieber in Maine als in New York heiraten willst.“
Es wäre eine Untertreibung, zu behaupten, dass sie schockiert wäre. Emily war unglaublich erleichtert, dass Daniel etwas vorschlug, das mit der Planung ihrer Hochzeit zu tun hatte.
„Ja, ich möchte gerne ich Maine heiraten“, stammelte Emily. „Ich fühle mich hier mehr zuhause als ich es je in