Zwischen Himmel und Erde. Rosa Mayreder

Zwischen Himmel und Erde - Rosa Mayreder


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webt ringsum des Todes ernster Schauer;

      Mit heiserm Schrei in diesem Reich der Trauer

      Umfitticht uns die schwarze Schar der Krähen.

      Doch an Vergänglichkeit die düstre Mahnung

      Kann meiner Seele Frohsinn nicht erdrücken.

      O sagt, was ist das freudige Entzücken,

      Das ihr, sich frei von banger Todesahnung

      Zum Hochgefühl des Lebens zu erheben,

      Die goldnen Flügel mag der Wonne geben?

      VIII

      Schon zählt' ich mich zu jenen Leidgeprüften,

      Die sich in Schweigen senken, tief in sich;

      Entlaubte Seelen sind sie, winterlich

      Erstarrtes Leben in beschneiten Grüften.

      Ungläubig fragen sie, wenn's in den Lüften

      Mit mächtiger Bewegung brausend weht:

      Gibt es noch etwas, das da aufersteht,

      Noch Sonne, Vögel, Blumen voll von Düften?

      Wie aber könnte ich mich dir verschließen,

      Du linder Tauwind, heller Frühlingstag!

      Es wollen alle Quellen wieder fließen,

      Wo deine Sonne spielt mit warmen Blicken,

      Erwachen alles, was erfroren lag,

      Um sich für dich mit neuem Grün zu schmücken.

      IX

      Was hält noch zögernd über Wald und Auen

      Des Abends blassen Schimmer festgebannt,

      Und läßt den Himmel über Strom und Land

      In unerloschnem Glanze niederblauen?

      Es will die Nacht mit ihrem Dämmergrauen

      Nicht überschatten noch dein Angesicht;

      Vom Tage borgt sie sich ein letztes Licht,

      Um nimmersatt ins Auge dir zu schauen.

      Dich liebt die Nacht. Sie raubt von deinem Munde

      In liebesdurstgem Kuß den lauen Hauch

      Und trägt ihn selig durch die weite Runde.

      Da regt aus ihrer Ruhe traumversunken

      Sich die entschlafne Flur, und Baum und Strauch

      Erschauern leis mit mir, von Sehnsucht trunken.

      X

      So Wort um Wort hab' ich aus deinem Munde

      Unlöschlich in Erinnerung empfangen;

      Sie sind, wie flüchtig sie zu mir gelangen,

      Mir doch von deinem Herzen teure Kunde.

      Ich rufe sie zurück in jeder Stunde;

      Besorgt, ob mir gewiß kein Zug entgangen,

      Mit Freude, und vielleicht manchmal mit Bangen,

      Verfolg ich sie zu ihrem tiefsten Grunde.

      Dem Maler gleich, der uns nur dann mit Treue

      Des Vorbilds Miene wiedergibt und Haltung,

      Wenn er sie prüfend stets vergleicht aufs neue,

      Bemüh' ich mich, aus den bewahrten Zügen

      Dein Wesen in lebendiger Gestaltung

      In mir zum Bilde aneinandzufügen.

      XI

      In meinem Sinne schätz ich nicht den hohen

      Begriff der Frauen von den Idealen

      Der Männlichkeit, wie sie den Mann uns malen,

      Der zu befehlen liebt und zu bedrohen.

      Ich hasse Augen, die begehrlich lohen,

      Und Mienen, die von Selbstbewußtsein strahlen,

      Gestalten, die mit ihrer Kraft noch prahlen,

      Wenn längst die Grazien beleidigt flohen.

      Sie sind des Erdendaseins niedre Formen;

      Als jener Gott nach seinem Ebenbilde

      Den Mann erschuf, da wählt' er andre Normen.

      Mich ließ das Glück sein wahres Urbild kennen –

      Den Mann voll heitrer Anmut, Hoheit, Milde,

      Kennst du ihn nicht? Muß ich ihn dir erst nennen?

      XII

      Und willst du dir auch den Beweis bedingen,

      Warum ich Gottes Bild erkannt im deinen?

      Du hältst das nur für ein persönlich Meinen;

      Laß mich versuchen, tiefer einzudringen.

      Da er vermocht, aus sich hervorzubringen

      Den Mann und auch das Weib, so will mir scheinen,

      Es mußte beide Gott in sich vereinen,

      Sonst konnte sein Problem ihm nicht gelingen.

      Er teilte so sich selbst bei seinem Werke:

      Von sich gab jedem er ein Teil, ein echtes,

      Dem Weib die Milde und dem Mann die Stärke.

      Doch wen er sich zum Liebling auserlesen,

      An Leib und Geist verschiedenen Geschlechtes,

      Dem gibt er göttlich ganz das eigne Wesen.

      XIII

      Es glänzt dein Aug in wunderbarer Helle!

      Erfüllt von einem mystischen Entzücken

      Such' ich geheimen Sinn in deinen Blicken

      Wie in prophetisch dunkler Bibelstelle.

      Sie scheinen die unüberschrittne Schwelle

      Des Körperlichen leise zu verrücken,

      In ein verhülltes Jenseits sich zu brücken

      Zu aller Liebe ungekannter Quelle.

      Doch kann ich Offenbarung nicht gewinnen;

      Es wird, gemischt aus Lust halb und aus Grauen,

      Der Zauber mächtiger als das Besinnen.

      Und wie ich deine Blicke in mich sauge,

      Fühl' ich in diesem weltvergessnen Schauen

      Mein ganzes Wesen werden lauter Auge.

      XIV

      Der du verharrst in gramvoll düstrem Schweigen,

      O möchten dir, wie schwer ich es ertrage,

      Die Tränen künden, die als stumme Klage

      Mir unaufhaltsam in das Auge steigen!

      Mein Herz fühl' ich sich blutend zu dir neigen

      In unnennbarem Mitleid, doch ich wage

      Nach deinem tiefen Kummer keine Frage,

      Noch meines Anteils Innigkeit zu zeigen.

      Das ist kein Trost, der sich in Worte kleidet!

      Es lehret mich dein Schmerz, der so ergreifend

      In wehevoller Scheu den Ausdruck meidet,

      Erhaben


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