Zwischen Himmel und Erde. Rosa Mayreder

Zwischen Himmel und Erde - Rosa Mayreder


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ew'gen Schweigen still entgegenreifend,

      Mit dir zu schweigen und mit dir zu trauern.

      XV

      Vorüber sind die einzig schönen Stunden,

      Nicht länger soll der holde Zauber währen.

      Hab' ich nur, um es künftig zu entbehren,

      Der reinsten Neigung hohes Glück gefunden?

      Ich war, von allen Fesseln losgewunden,

      Emporgestiegen in erhöhte Sphären,

      Als sollt' ich in das Joch nicht wiederkehren,

      Womit die Seele an den Leib gebunden.

      Nun möchte ich mich weit und weiter wagen,

      Dort, wo ich weilte, dauernd mich behaupten,

      In neue Reiche wachsend aufwärtsragen.

      Es wird kein Sehnender den Weg verfehlen,

      Beträt' er suchend auch den unerlaubten;

      Die Geister schützen ihn, die ihn beseelen.

      XVI

      Ich nährte noch der Menschheit alte Träume,

      Der Weisen und der Seher Phantasien,

      Ich glaubte noch mit Sphärenharmonien,

      Von Göttern noch belebt des Weltalls Räume.

      Indes ich fern in alten Tagen säume,

      Ist Wissenschaft gewaltig fortgediehen;

      Der Sphärenklang verstummt, die Götter fliehen,

      Zerronnen sind der Metaphysik Schäume.

      Nur rohe Elemente sind geblieben,

      Die sinnlos sich in blindem Kampf verzehren.

      Aus der entgötterten Natur vertrieben,

      Ihr himmlischen Gestalten, welche Stätte

      Blieb' euch, wenn, sich als Tempel zu gewähren,

      Die Seele nicht ein ewig Anrecht hätte –?

      XVII

      Was schwärmerische Wünsche uns verkünden,

      Es war ein Wahn weltflüchtiger Propheten,

      Daß nicht vergebens sehnlich wir erflehten,

      Einst zu erwachen ohne Leib und Sünden,

      Daß unser Geist, die Liebe zu ergründen,

      Geläutert wird ins Reich der Wahrheit treten,

      Unsterblich einst auf schöneren Planeten

      Verwandte Wesen sich in eins verbünden.

      Es war ein Wahn! Die mir zurück ihn riefen,

      Den ich vergessen schon seit Jugendzeiten,

      Das waren deiner Augen blaue Tiefen,

      Dein feuchter Blick, der wie aus Himmelsfernen,

      Aus ungekannt geheimnisvollen Weiten

      Mir eine Botschaft schien von jenen Sternen.

      XVIII

      So ist's ein Märchen nur, ein leeres Wähnen,

      Daß neues Leben wir dereinst beginnen,

      Daß wir erhöhtes Sein erst dort gewinnen,

      Wo Tod und Nichtsein uns entgegengähnen?

      Vergeblich dieses Ringen, dieses Sehnen,

      Den Schranken unsres Körpers zu entrinnen!

      An sein Gesetz geschmiedet mit den Sinnen,

      Was wagen wir's, uns kämpfend aufzulehnen?

      Wir werden nie des Kampfes Preis erhalten!

      Gebeugt verführerischem Vorurteile,

      Von alters trugvoll wirkenden Gewalten,

      Der Hoffnung Sklaven, die an Ketten liegen,

      So können wir den Wunsch nach jenem Heile,

      Die eingeborne Torheit, nicht besiegen.

      XIX

      Ich bin allein; es ruhn die nächt'gen Gassen,

      Kein Laut des frohen Lebens mag erschallen.

      Schwermütiger Beklommenheit verfallen,

      Fühl' ich der Ahnung trüben Geist mich fassen.

      Am Himmel seh' ich meinen Stern erblassen,

      Mir überm Haupt sich schwere Wolken ballen;

      Die Sorge schleicht um mich; mit Geierkrallen

      Will sie auf meine Brust sich niederlassen.

      Der Weg ist dunkel, den ich tastend gehe,

      Es ist mir nicht enthüllt, ob er zum Glücke

      Geleitet, ob zu tödlich tiefem Wehe.

      Noch sucht der Fuß nach rückwärts sich zu wenden –

      In die Vergangenheit führt keine Brücke,

      Und wahllos muß ich meinen Weg vollenden.

      XX

      Nun will ein Zweifel immer wiederkehren,

      Mit bittrem Argwohn mir das Herz umnachten:

      Wenn jene Blicke, die mich glücklich machten,

      Weil sie mir heilig schienen, Lügen wären –?

      Wenn ihre Huldigung, statt mich zu ehren,

      Mißbrauchte Sprache war, der Unbedachten,

      Die sich nicht scheute, ihnen nachzutrachten,

      Verhehlter Wünsche Heimlichkeit zu lehren –?

      O leuchtet mir, ihr Sternenaugen, wieder,

      Daß sich in eurem klaren Himmelslichte

      Des Zweifels unheilvolle Macht vernichte!

      Ihn scheucht hinweg ein Winken eurer Lider

      Wie düstern Nebel, der in nichts zerfließet,

      Wenn sich auf ihn der Sonne Glanz ergießet.

      XXI

      Daß andre von ihm wissen und berichten,

      Macht mich geneigt, der Welt mein Ohr zu leihen,

      Ob Spuren nicht in diesen Reden seien,

      Die seines Lebens Rätsel könnten lichten.

      Und so von Weibern und beschränkten Wichten,

      Die seinen Namen frevelhaft entweihen,

      Laß ich ihn schweigend manches Schlimmen zeihen,

      Verstimmt durch ihre hämischen Geschichten.

      Sein Bild, das hell in meinem Innern brannte,

      Eh' er beschlossen hatte, mich zu meiden,

      Nun trübt es sich, wenn ihn ein Fremder nannte,

      Verdunkelt langsam sich in Bitternissen.

      Soll ich mich künftig ohne ihn bescheiden,

      Dann wird er meiner Seele ganz entrissen.

      XXII

      Verbergen kann ich länger nicht mein Elend,

      Es spricht beredt aus allem, was ich treibe.

      Ich seufze, blicke auf des Mondes


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