La San Felice. Александр Дюма
ohne das seine heitere Ruhe durch diese Drohung nur im mindest gestört zu werden schien, »das Unwohlsein meiner armen Schwägerin ist so ernst, daß, wenn die von Eurer Majestät dem Admiral Nelson zu gebenden Feste auch einen Monat dauern sollten, sie denselben doch nicht beiwohnen könne wird, und mit meiner Nichte wird dies natürlich derselbe Fall sein, weil ein junges Mädchen von ihrem Alter um ihrem Namen selbst bei der Königin nicht ohne ihre Mutter erscheinen kann.«
»Es ist gut, mein Herr,« antwortete die Königin, die nicht länger an sich zu halten vermochte.
»Zur geeigneten Zeit und am geeigneten Ort werden wir uns dieser Weigerung zu erinnern wissen.«
Dann nahm die Lady Hamiltons Arm und sagte:
»Kommen Sie, liebe Emma.«
Nach einer Weile murmelte sie:
»Ha, diese Neapolitaner! diese Neapolitaner! Ich weiß wohl, daß sie mich hassen, aber ich stehe nicht hinter ihnen zurück. Ich verabscheue sie.«
Und mit raschem Schritt näherte sie sich der Schiffstreppe, jedoch nicht so rasch, daß der Admiral Caracciolo ihr nicht zuvorgekommen wäre.
Auf ein Signal von ihm stimmte die Musik schmetternde Fanfaren an, die Kanonen donnerten von Neuem; die Glocken läuteten alle auf einmal und die Königin mit Wuth im Herzen und Emma mit Scham auf der Stirn stiegen mitten unter allen äußeren Zeichen von Freude und Triumph ans Land.
Der König, die Königin, Emma Lyonna und Nelson bestiegen den ersten Wagen, der Kronprinz, die Kronprinzessin, Sir William Hamilton und der Minister Acton den zweiten, und alle Uebrigen nach ihrem Belieben die folgenden.
Zuerst und auf dem geradesten Weg begab man sich nach der Kirche von Santa Clara, um hier ein Te Deum zu hören und ein Dankgebet zu verrichten.
Horaz Nelson, Sir William Hamilton und Emma Lyonna wären in ihrer Eigenschaft als Ketzer dieser Ceremonie gern überhoben gewesen, der König dagegen war ein zu guter Christ, besonders wenn er Furcht hatte, um zu gestatten, daß man dieses vergäße.
Das Te Deum ward von Monsignore Capece Zurio, Erzbischof von Neapel, gesungen, einem vortrefflichen Mann, dem vom Gesichtspunkte des Königs und der Königin aus nichts weiter zum Vorwurf gemacht werden konnte als allzugroße Hinneigung zu den freisinnigen Ideen.
Assistiert ward er bei Verrichtung dieses Triumphdienstes durch einen zweiten hohen geistlichen Würdenträger, den Cardinal Fabrizio Ruffo, welcher zu jener Zeit blos erst wegen seines eben nicht rühmlichen öffentlichen und Privatlebens bekannt war.
Auch ward die ganze Zeit, welche das Te Deum dauerte, von Sir William Hamilton, der ein eben so großer Sammler von scandalösen Anecdoten als archäologischen Merkwürdigkeiten war, benutzt, um Lord Nelson von den Abenteuern des vornehmen Porporato zu unterrichten.
Diese Mittheilungen bestanden in Folgendem und es ist wichtig, daß unsere Leser diesen Mann kennen lernen, welcher bestimmt ist, im Laufe der Ereignisse, welche wir zu erzählen haben, eine so bedeutende Rolle zu spielen.
Ein italienisches Sprichwort, welches die großen Familien verherrlichen und ihr geschichtliches Alter constatiren soll, sagt: »Die Apostel in Venedig, die Bourbonen in Frankreich, die Colonna in Rom, die San Severini in Neapel, die Ruffo in Calabrien.«
Der Cardinal Fabrizio Ruffo gehörte dieser berühmten Familie an.
Eine Ohrfeige, welche er als Knabe dem schönen Ange Braschi gegeben, welcher später unter dem Namen Pius der Sechste Papst ward, war der Ursprung seines Glückes.
Er war Neffe des Cardinals Tommaso Ruffo, Decan es heiligen Collegs. Eines Tages nahm Braschi, der damals päpstlicher Schatzmeister war, den kleinen Sohn eines Gönners auf die Knie und als der kleine Ruffo mit dem schönen blonden Haar des Schatzmeisters spielen wollte und dieser, indem er den Kopf fortwährend emporrichtete, ihm eine Marter bereitete, welche der des Tantalus glich, ersetzte der Knabe in dem Augenblick, wo Braschi den Kopf wieder zu ihm herabneigte, anstatt die Locken seines Haares zu fassen zu suchen, wie er bis jetzt gethan, ihm aus Leibeskräften eine schallende Ohrfeige.
Dreißig Jahre später fand Braschi, nachdem er Papst geworden, in dem Manne von vierunddreißig Jahren den Knaben wieder, der ihn geohrfeigt. Er erinnerte sich, daß dies der Neffe des Gönners war, dem er Alles zu verdanken hatte, und er machte ihn zu dem, was er in dem Augenblick, wo er jene Ohrfeige empfing, selbst gewesen, nämlich zum Schatzmeister des heiligen Stuhls, ein Amt, von welchem man blos zum Cardinal avanciert.
Fabrizio Ruffo führte das Schatzamt so gut, daß man nach Verlauf von drei oder vier Jahren ein Deficit von drei der vier Millionen entdeckte. Dies betrug also eine Million jährlich.
Pius der Sechste sah, daß er billiger wegkäme, wenn er Ruffo zum Cardinal machte, als wenn er ihn Schatzmeister bleiben ließe.
Demgemäß schickte er ihm den rothen Hut und ließ ihm die Schlüssel zum Schatzamte abverlangen.
Ruffo, der nun, anstatt Schatzmeister mit einer Million, Cardinal mit dreißigtausend Francs jährlich war, wollte nicht in Rom bleiben, um hier die Rolle eines ruinierten Mannes zu spielen.
Er ging daher nach Neapel und suchte, mit einem Empfehlungsbrief von Pius dem Sechsten versehen, um ein Amt bei dem König Ferdinand dem Vierten nach, dessen Unterthan er in seiner Eigenschaft als Calabrese war.
Ueber seine Fähigkeiten befragt, antwortete Ruffo, dieselben seien durchaus kriegerisch. Er habe Ancona befestigt und eine neue Methode zum Glühendmachen der Kugeln erfunden.
Deshalb verlangte oder wünschte er vielmehr einen Posten beim Kriegswesen oder bei der Marine.
Ruffo besaß eben nicht die Gabe, der Königin zu gefallen, und da es die Königin war, welche durch die Unterschrift ihres Günstlings Acton, des Premierministers, über die Anstellungen bei der Marine und beim Kriegswesen verfügte, so ward Ruffo selbst von untergeordneten Aemtern unerbittlich zurückgewiesen.
Der König ernannte nun aus Rücksicht auf den Empfehlungsbrief des Papstes den Cardinal zum Director seiner Seidenmanufacturen in San Leucio.
Ein wie seltsamer Posten dies auch für einen Cardinal war, besonders wenn man das Geheimniß ins Auge faßte, welches der Errichtung dieser Colonie zu Grunde lag, so nahm Ruffo denselben doch an.
Vor allen Dingen brauchte er Geld und der König hatte mit dem Titel des Directors der Colonie von San Leucio eine Abtei verbunden, welche zwanzigtausend Livres Renten eintrug.
Uebrigens war Ruffo sehr unterrichtet und selbst gelehrt, schön von Gesicht, noch jung, tapfer und stolz wie jene Prälaten aus der Zeit Heinrichs des Vierten und Ludwigs des Dreizehnten, welche in ihren freien Augenblicken die Messe lasen und die ganze übrige Zeit den Harnisch trugen und das Schwert handhabten.
Sir Williams Mittheilungen dauerten gerade so lange als das Te Deum des Monsignore Capece Zurio.
Als das Te Deum beendet war, stieg man wieder in die Wagen und begab sich an das äußerste Ende der Straße von Chiaja, wo, wie wir bereits erwähnt, der Palast der englischen Gesandtschaft, eines der schönsten und größten Gebäude in Neapel, stand und noch steht.
Um sich von der Kirche von Santa Clara zu entfernen, mußten eben so wie um dahin zu gelangen, die Wagen im Schritt fahren, so sehr waren die Straßen mit Menschen angefüllt.
Der an die geräuschvollen und leichten Demonstrationen des Südens nicht gewohnte Nelson war ganz berauscht von diesem hunderttausendstimmigen Rufe: »Es lebe Nelson, es lebe unser Befreier!« und förmlich geblendet von den Tüchern aller Farben, die von hunderttausend Armen geschwenkt wurden.
Etwas setzte ihn mitten unter der lärmenden Größe seines Triumphs aber doch ein wenig in Erstaunen.
Es war dies die Vertraulichkeit der Lazzaroni, welche auf die Tritte, auf den Vorder- und Hintersitz des königlichen Wagens stiegen, und ohne daß der Kutscher, die Lakaien oder der Läufer sich darum zu kümmern schienen, den König beim Zopfe oder an der Nase zupften.
Dabei nannten sie ihn »Gevatter Nasone,« hießen ihn Du und fragten, an welchem Tage er wieder in Mergellina seine Fische verkaufen oder in San Carlo Maccaroni speisen würde.
Es