Black. Александр Дюма
Villa, an das trauliche Tändeln und Kosen, an die sentimentalen Spaziergänge, wo das Schweigen der beiden jungen Gatten eben so beredt war wie das zärtlichste Geplauder, so innig waren ihre Seelen verschmolzen! Dieses Glück war nun dahin, es lebte nur noch in seiner wehmütigen Erinnerung.
Das Schlimmste dabei war, dass Mathilde durch diese leidigen Hüft- und Kreuzschmerzen zu Vergleichen bewogen wurde, die dem armen Dieudonné keineswegs günstig waren: wie hätte sie ihn fortan für den vollkommenen Mann halten können?
Es ist ein gefährlicher Moment für die Liebe, für die eheliche Treue, wenn das bisher zärtliche Weib zu ahnen beginnt, dass der Mann, den sie als ihr Idol zu betrachten gewohnt war, nicht für sie geschaffen sei. Ein zur gesetzlichen Münze gewordener Mann hat nur noch Zwangskurs.
Damit soll nicht gesagt sein, dass Mathilde von dem Tage an, wo sie diese unglückliche Entdeckung machte, aufgehört hätte, ihren Gatten zu lieben; im Gegenteil, die Pflege, welche sie ihm während seiner Unpässlichkeit angedeihen ließ, war nichts im Vergleich mit der Zärtlichkeit, die sie vor den Leuten an den Tag legte; einige scheinspröde Damen fanden diese Zärtlichkeit der jungen Deutschen sogar unanständig. Aber wir müssen zur Steuer der Wahrheit gestehen, dass Mathilde zu Hause fast nur noch den Mund auftat, um zu gähnen, und dass ihre Pflichten und Verbindlichkeiten gegen die Gesellschaft mit jedem Tage ungemein zunahmen.
Der Chevalier de la Graverie ahnte natürlich nicht, dass er nicht mehr der glücklichste Mann auf Erden war; er würde es gewiss gewesen sein, wenn er nicht Musketier gewesen wäre. Zumal die jeden Monat wiederkehrende Eskorte, die wie ein Damoklesschwert über seinem Haupt hing, verbitterte seine süßesten Stunden.
VII
Wo ein Ereignis stattfindet, welches den Chevalier de la Graverie mit einem dreimonatlichen Urlaube beglückt
Der Monat Februar verstrich, wie der Jänner verstrichen war, den Chevalier traf wieder die Reihe, den Wagen des Königs zu eskortieren, und seine Angst war dieses Mal leider noch mehr gerechtfertigt, als das erste Mal. Sein Pferd stürzte, der Chevalier fiel auf das Straßenpflaster und verrenkte sich die Schulter.
Er wurde nach Hause gebracht und ärztlich behandelt. Der arme Mann war froh, dass er noch so davongekommen war.
Dieser Unfall wurde schnell bekannt, die vornehmsten Hofkavaliere besuchten ihn oder ließen ihre Karte abgeben. Der König ließ sich dreimal nach seinem Befinden erkundigen.
Der Baron frohlockte.
»Du musst diesen Vorfall zu benutzen wissen.« sagte er zu seinem Bruder, »und dein Glück ist gemacht.«
Der Chevalier war mit Vergnügen bereit, wenn es ihm nur möglich war, ohne ein Pferd zu besteigen.
Zu Hause hatte er kaum noch nötig, den Arm in der Binde zu tragen’; er trat oft vor den Spiegel und hob drohend die Faust gegen einen Unbekannten, der wohl der Baron sein mochte, und wenn er seine Mathilde umarmen wollte. fand er in dem verrenkten Arme dieselbe Kraft wie in dem andern. Aber in Gegenwart der Besucher, insbesondere der königlichen Hausoffiziere, die sich nach seinem Befinden erkundigten, erheuchelte er einen hartnäckigen Schmerz und schnitt bei jeder Bewegung ein jämmerliches Gesicht – ob absichtlich oder unwillkürlich mag dahingestellt bleiben. Vermutlich hoffte er auf diese Weise mindestens eine Eskorte zu umgehen.
Er legte sich daher freiwilligen Stubenarrest auf und verließ das Bett nur, um sich auf das Sofa auszustrecken. So fand er das schon verloren geglaubte glückliche Stillleben wieder.
Während der Chevalier die Zeitungen und insbesondere den »Moniteur« las, dessen Sanftmut mit seinem Charakter im Einklang stand – saß Mathilde strickend oder stickend an seiner Seite und gähnte, jedoch mit abgewendeten Gesicht, um die unschöne Kinnladenverrenkung nicht sehen zu lassen.
Am ?. März fand er im Moniteur folgende Proklamation:
»Wir haben am 31. Dezember vorigen Jahres die Kammern vertagt, um die Sitzungen derselben am 1. Mai wieder zu eröffnen. Während dieser Zeit haben Wir Uns allen Arbeiten, welche die öffentlichen Ruhe und das Glück unserer Völker sichern können, mit großem Eifer gewidmet —«
»Das ist wahr,« sagte der Chevalier, die Lesung unterbrechend; »und ich für meine Person habe dem Könige nichts vorzuwerfen, als seine täglichen Spazierfahrten mit Eskorte.«
Dann las er weiter:
»Diese Ruhe ist gestört, vieles Glück kann durch Tücke und Verrat, gefährdet werden —«
»Hörst Du wohl. Mathilde?«
»Ja.» antwortete die junge Frau gähnend, »ich höre von Tücke und Verrat; aber ich verstehe nicht was damit gemeint ist.«
»Ich auch nicht,« erwiderte der Chevalier, »aber ich hoffe, es wird schon klar werden. Ich fahre fort:
»Wenn die Feinde des Vaterlandes auf die Uneinigkeit, welche immer zu fördern suchten, ihre Hoffnung gesetzt haben, so werden seine gesetzlichen Stützen und Verteidiger diese verbrecherische Hoffnung durch die Kraft einer unzerstörbaren Eintracht vereiteln —«
»Ja wohl,« sagte der Chevalier, »diese verbrecherische Hoffnung wird man vereiteln, und ich werde der Erste sein, der dabei tätig ist, wenn mein Arm geheilt ist. – Nicht wahr, Mathilde, die Regierung schreibt sehr gut?«
»Ja,« erwiderte Mathilde, ohne den Mund aufzutun, indem sie fürchtete, die Kinnladen nicht mehr in ihrer Gewalt zu behalten.
»Der Moniteur ist heute recht interessant,« sagte der Chevalier und las weiter:
»Aus diesen Gründen haben Wir nach Anhörung des Berichtes Unseres lieben, getreuen Kanzlers von Frankreich, des Herrn Dambray, Kommandeur Unserer Orden, verordnet und verordnen wie folgt:
»Artikel 1. Die Pairskammer und die Kammer der Abgeordneten der Departements werden an ihren gewöhnlichen Sitzungsort einberufen.
»Artikel 2. Die von Paris abwesenden Pairs und Deputierten werden sich sofort dahin begeben, sobald sie Kenntnis von dieser Proklamation bekommen.
»Gegeben im Schloss der Tuilerien, 6. März 1815, am 20. Unserer Regierung.
»Es ist sonderbar,« sagte der Chevalier, der »König beruft die Kammern ein, und sagt nicht warum er sie einberuft.«
»Du Hast mir immer versprochen, mich in eine Sitzung zu führen, um mich zu zerstreuen,« sagte Mathilde.
»Ich werde Dich hinführen, mein Engel.«
»Ach, es wird gewiss recht unterhaltend sein!« sagte Mathilde, die im Vorgefühl der Zerstreuung unaufhörlich gähnte.
»Ha, ich finde noch eine Ordonnanz,« sagte der Chevalier, »diese zweite Ordonnanz klärt uns vielleicht Alles auf.«
Er las:
»Auf den Bericht Unseres lieben getreuen Kanzlers von Frankreich, des Herrn Dambray, Kommandeurs Unserer Orden, haben Wir verordnet und erklärt, verordnen und erklären wie folgt.
»Artikel 1. Napoleon Bonaparte wird als Verräter und Rebell erklärt, weil er mit bewaffneter Hand in das Departement du Var eingedrungen ist —«
»Ist es möglich?« sagte der Chevalier. »Hast Du es gehört, Mathilde?«
»Verräter und Rebell, weil er mit bewaffneter Hand in das Departement du Var eingedrungen ist,« wiederholte Mathilde mechanisch. »Aber wer ist denn ein Verräter und Rebell?«
»Napoleon Bonaparte, wer denn sonst? Aber es ist mir unbegreiflich: mich dünkt, dass man ihn auf einer Insel eingesperrt hatte —«
»Ja wohl,« erwiderte Mathilde, »auf der Insel Elba.«
»Dann konnte er aber nicht in das Departement du Var eindringen; es müsste denn von der Insel Elba eine Brücke zu dem besagten Departement führen. – Doch wir wollen hören was die Ordonnanz weiter sagt.«
»Es wird folglich allen Statthaltern, Kommandanten der bewaffneten Macht, Nationalgarden, Zivilbehörden und selbst allen Staatsangehörigen zur Pflicht gemacht, auf ihn zu fahnden —«
»Ich