Rudin. Иван Тургенев

Rudin - Иван Тургенев


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einen Aufsatz, erwiederte Darin Michailowna mit übertriebener Gleichgültigkeit: – über die Beziehungen des Handels zu der Industrie in Rußland . . . Erschrecken Sie aber nicht: wir werden das jetzt nicht lesen . . . Ich habe Sie nicht deshalb eingeladen. Le baron est aussi aimable que savant. Und spricht sehr gut russisch! C’est un vrai torrent . . . il vous entraiane.

      – Er spricht so gut russisch, brummte Pigassow: – daß er verdient hat, französisch gelobt zu werden.

      – Brummen Sie nur, Afrikan Semenitsch, brummen Sie nur immer zu . . . das paßt sehr gut zu Ihrem verwühlten Haar . . . Warum kommt er aber nicht? Wissen Sie aber, mossieurs at mesdames, setzte Darja Michailowna, sich im Kreise umsehend, hinzu: – wir wollen in den Garten gehen. Bis zum Essen ist es noch eine Stunde und das Wetter ist so herrlich . . .

      Die ganze Gesellschaft erhob sich und begab sich in den Garten.

      Der Garten Darja Michailowna’s reichte bis an den Fluß. Es waren in demselben viele dunkle und duftige Alleen alter Lindenbäume, die in smaragdgrüne Lichtungen mit vielen Lauben aus Akazien und Fliederbäumen ausliefen.

      Wolinzow in Begleitung von Natalia und Mlle. Boncourt hatten sich in das Dickicht des Gartens vertieft. Wolinzow ging neben Natalia her und schwieg. Mlle. Boncourt folgte in einiger Entfernung.

      – Womit haben Sie sich heute beschäftigt? fragte endlich Wolinzow und streichelte dabei die Spitze seines schönen, dunkelblonden Schnurrbartes.

      Er war seiner Schwester sehr ähnlich, doch zeigten seine Gesichtszüge weniger Beweglichkeit und Leben und seine Augen, hübsch und sanft, hatten einen etwas schwermüthigen Ausdruck.

      – Mit Wenigem, erwiederte Natalia: – ich habe das Schelten Pigassow’s mit angehört, habe am Stickrahmen genäht und habe gelesen.

      – Und was haben Sie gelesen?

      – Ich habe . . . die Geschichte der Kreuzzüge gelesen, brachte Natalia mit einigem Stocken hervor.

      Wolinzow blickte sie an.

      – Oh, sagte er endlich: – das muß interessant sein.

      Er riß einen Zweig ab und fächelte damit in der Luft. Sie gingen noch etwa zwanzig Schritte weiter.

      – Was für ein Baron ist das, dessen Bekanntschaft Ihre Mama gemacht hat? fragte dann wieder Wolinzow.

      – Ein Kammerjunker, seit Kurzem angekommen; Mama lobt ihn sehr.

      – Ihre Mama giebt sich leicht dem ersten Eindrucke hin.

      – Ein Beweis, daß ihr Herz noch jugendlich fühlt, bemerkte Natalia.

      – Gewiß. Ich werde Ihnen bald Ihr Pferd zuschicken. Es ist schon fast ganz zugeritten. Es soll mir gleich im Galopp vom Platz, dazu muß ich es bringen.

      – Merci . . . Es macht mich aber wirklich verlegen. Sie reiten es selbst zu . . . das soll ja sehr angreifend sein.

      – Um Ihnen das geringste Vergnügen zu bereiten, Sie wissen es, Natalia Alexejewna, bin ich bereit . . . würde ich . . . nicht solche Kleinigkeiten . . .

      Wolinzow stockte.

      Natalia blickte ihn freundlich an und sagte nochmals: merci.

      – Sie wissen, fuhr Sergei Pawlitsch nach längerem Schweigen fort: – es giebt Nichts . . . Doch warum « sage ich dass Sie wissen ja Alles.

      In diesem Augenblicke erschallte die Glocke im Hause.

      – Ah! la cloche du diner! rief Mlle. Boncourt: – rentons.

      »Quel dommage,« dachte bei sich die alte Französin, als sie hinter Natalia und Wolinzow die Stufen zur Terrasse hinaufstieg: – »quel dommage que ce charmant garcon ait peu de ressources dans la conversation. . . was man etwa so wiedergeben könnte: du bist ganz nett, mein Lieber, aber etwas beschränkt.

      Der Baron kam nicht zum Mittage. Man wartete eine halbe Stunde auf ihn. Bei Tische wollte es mit der Unterhaltung nicht recht fort. Sergei Pawlitsch blickte fortwährend Natalia an, neben welcher er saß, und schenkte ihr eifrig Wasser in’s Glas. Pandalewski bemühete sich vergeblich, seine Nachbarin, Alexandra Pawlowna, zu unterhalten: er zerfloß in Liebenswürdigkeiten, während es ihr Mühe kostete, das Gähnen zu unterdrücken.

      Bassistow machte Brodkügelchen und dachte an Nichts; selbst Pigassow war verstummt, und als Darja Michailowna ihm bemerkte, daß er heute nicht liebenswürdig sei, antwortete er mürrisch: – Wenn bin ich denn liebenswürdig? Es ist nicht meine Art . . . und setzte mit bitterem Lächeln hinzu: – haben Sie nur Geduld; ich bin ja nur Kwas, ordinairer russischer Kwas; wenn aber Ihr Kammerjunker . . .

      – Bravo! rief Darja Michailowna. – Pigassow wird eifersüchtig, zum Voraus eifersüchtig!

      Pigassow jedoch erwiederte nichts darauf, sondern schaute finster vor sich hin.

      Es schlug sieben Uhr und Alle versammelten sich wieder im Gastzimmer.

      – Es scheint, er wird nicht kommen, sagte Darja Michailowna . . . Doch plötzlich ließ sich das Rollen eines Wagens vernehmen, ein mittelgroßer Tarantaß lenkte in den Hof und nach einigen Minuten erschien ein Diener im Gastzimmer und reichte Darja Michailowna einen Brief auf einem kleinen silbernen Präsentirteller. Sie durchlief denselben bis zum Ende und fragte dann, zum Diener gewendet:

      – Und wo ist der Herr, der diesen Brief gebracht hat?

      – Er ist im Wagen sitzen geblieben. Befehlen Sie, ihn herein zu nöthigen?

      – Bitte ihn her.

      Der Diener verschwand.

      – Ist das nicht ärgerlich, denken Sie doch, fuhr Darja Michailowna fort: – der Baron hat die Weisung bekommen, sogleich nach Petersburg zurückzukehren. Er schickt mir feinen Aufsatz durch einen Herrn Rudin, seinen Freund. Der Baron wollte mir denselben vorstellen – er sagt von ihm viel Gutes. Doch wie das störend ist! ich hatte darauf gerechnet, der Baron werde hier einige Zeit zubringen . . .

      – Dimitri Nikolaitsch Rudin, meldete der Diener.

      III

      In’s Zimmer trat ein Mann von fünfunddreißig Jahren, hohem Wachse, etwas gebückter Haltung, kraushaarig und von dunkler Gesichtsfarbe, mit unregelmäßigen, aber ausdrucksvollen und klugen Zügen, feuchtem Glanze in den lebhaften, dunkelblauen Augen, gerader und breiter Nase und anmuthig gezeichneten Lippen. Sein Anzug war nicht neu und eng, als wäre er demselben entwachsen.

      Gewandt trat er auf Darja Michailowna zu, entbot ihr einen kurzen Gruß, sagte, daß ihn schon längst nach der Ehre, ihr dargestellt zu werden, verlangt habe und daß sein Freund, der Baron, es sehr bedauere, nicht persönlich Abschied von ihr haben nehmen zu können.

      Die feine Stimme Rudin’s entsprach weder seinem hohen Wachse, noch feiner breiten Brust.

      – Nehmen Sie Platz . . . es freut mich, Sie kennen zu lernen, sagte Darja Michailowna und nachdem sie ihn der ganzen Gesellschaft vorgestellt hatte, fragte sie, ob er aus dieser Gegend oder angereist sei?

      – Meine Besitzung liegt im T . . .schen Gouvernement, erwiederte Rudin, den Hut auf den Knieen haltend: – ich bin seit Kurzem hier. Ich bin in Geschäften hergekommen und habe meinen Wohnsitz für’s Erste in Ihrer Kreisstadt genommen.

      – Bei wem?

      – Beim Doctor. Er ist ein alter Universitätsfreund von mir.

      – Ah! beim Doktor . . . Man lobt ihn. Er soll, wie man sagt, seine Sache verstehen. Und der Baron, seit wann sind Sie mit ihm bekannt?

      – Ich traf ihn im vergangenen Winter in Moskau und habe jetzt ungefähr eine Woche bei ihm zugebracht.

      – Ein sehr gebildeter Mann – der Baron!

      – Gewiß.

      Darja Michailowna führte die mit Kölnischem Wasser getränkte Ecke ihres Taschentuches an die Nase.

      – Sie stehen vermuthlich im Staatsdienste? fragte


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