Der Wohlstand der Nationen. Adam Smith

Der Wohlstand der Nationen - Adam Smith


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ja vielleicht bleibt er so weit dahinter zurück, dass er den Preis dieser Metalle auf dem europäischen Markte etwas in die Höhe treibt. Die jährlich aus den Bergwerken auf den Markt gebrachte Menge Kupfer und Eisen ist unverhältnismäßig größer als die von Gold und Silber. Doch glauben wir deswegen nicht, dass diese gröberen Metalle sich über den Bedarf hinaus vermehren, d. h. allmählich immer wohlfeiler werden. Warum sollten wir daher glauben, dass dies bei den edlen Metallen der Fall sein werde? Die unedlen Metalle werden freilich, obwohl sie härter sind, stärker abgenutzt und ihres geringeren Werts wegen weniger sorgfältig aufbewahrt; aber die edlen Metalle sind nicht unvergänglicher als jene und gleichfalls dem Verlorengehen, der Abnutzung und dem Verbrauch auf tausenderlei Weise ausgesetzt.

      Der Preis aller Metalle ist jenen langsamen und allmählichen Veränderungen unterworfen, schwankt aber weniger von Jahr zu Jahr als der anderer Rohprodukte des Bodens; auch ist der Preis der edlen Metalle plötzlichen Veränderungen weniger ausgesetzt als der der unedlen. Der Grund dieser außerordentlichen Stetigkeit des Preises liegt in der Dauerhaftigkeit der Metalle. Das jährlich zu Markt gebrachte Getreide ist vor Ende des folgenden Jahres ganz oder beinahe ganz verbraucht; dagegen kann Eisen, das vor zwei- oder dreihundert Jahren, und Gold, das vor zwei- oder dreitausend Jahren aus den Minen gefördert wurde, noch heute im Gebrauch sein. Die Massen Getreides, die in verschiedenen Jahren den Verbrauch der Welt decken müssen, werden stets dem Ertrage dieser Jahre ziemlich nahekommen; dagegen wird das Verhältnis zwischen den verschiedenen Massen Eisens, die in zwei verschiedenen Jahren gebraucht werden, durch eine zufällige Verschiedenheit in der Eisenerzeugung dieser beiden Jahre sehr wenig berührt, und das Verhältnis der Massen Goldes durch eine solche Verschiedenheit in der Goldproduktion noch weniger. Obgleich daher der Ertrag der meisten Metallbergwerke von Jahr zu Jahr vielleicht noch mehr wechselt als der der meisten Getreidefelder, so haben diese Veränderungen doch nicht denselben Einfluss auf den Preis der einen Art Ware, wie auf den der andern.

      Veränderungen in dem Wertverhältnis zwischen Gold und Silber

      Vor der Entdeckung der amerikanischen Minen wurde das Wertverhältnis zwischen Feingold und Feinsilber in den verschiedenen europäischen Münzen auf 1:10 oder 1:12 festgestellt, d. h. eine Unze Feingold zehn oder zwölf Unzen Feinsilber gleich geachtet. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde es auf 1:14 oder 1:15 festgestellt, d. h. eine Unze Feingold 14 bis 15 Unzen Feinsilber wert geachtet. Das Gold stieg in seinem Nominalwerte, d. h. es wurde eine größere Menge Silber dafür gegeben. Beide Metalle aber sanken in ihrem wirklichen Werte, d. h. in der Arbeitsmenge, die man dafür kaufen konnte; doch sank das Silber mehr als das Gold. Obgleich sowohl die Gold- wie die Silberminen Amerikas alle anderen bis dahin bekannten an Ergiebigkeit übertrafen, scheint doch die Ergiebigkeit der Silberminen verhältnismäßig noch größer gewesen zu sein als die der Goldminen.

      Die großen jährlich von Europa nach Indien gebrachten Silbermengen haben in einigen englischen Niederlassungen den Wert dieses Metalls gegen den des Goldes allmählich verringert. In der Münze von Calcutta gilt eine Unze Feingold 15 Unzen Feinsilber, ganz wie in Europa, doch wird es in der Münze nach dem Werte, den es auf dem bengalischen Markte hat, vielleicht zu hoch angeschlagen. In China ist das Verhältnis des Goldes zum Silber noch 1:10 oder 1:12. In Japan soll es wie 1:8 sein.

      Das Verhältnis zwischen den Gold- und Silbermengen, die jährlich nach Europa kommen, ist nach Meggens’ Berechnung beinahe wie 1:22, d. h. für 1 Unze Gold werden etwas mehr als 22 Unzen Silber eingeführt, und die große Silbermenge, die jährlich nach Ostindien geschickt wird, führt nach seiner Ansicht die in Europa bleibenden Gold- und Silbermengen auf das Verhältnis von 1:14 oder 1:15 zurück – ihr Wertverhältnis. Er scheint zu glauben, dass ihr Wertverhältnis notwendig dasselbe sein müsse, wie das ihrer Mengen, und mithin wie 1:20 stehen würde, wenn jene größere Silberausfuhr nicht stattfände.

      Allein das gewöhnliche Verhältnis zwischen dem Wert zweier Waren ist nicht notwendig das gleiche, wie das zwischen seinen in der Regel auf dem Markte befindlichen Mengen. Der Preis eines Ochsen, zu zehn Guineen gerechnet, ist etwa sechzigmal so groß als der Preis eines Lammes, zu 3 sh. 6 d. gerechnet. Es wäre aber töricht, daraus zu schließen, dass in der Regel ein Schock Lämmer für einen Ochsen auf dem Markte wären, und ebenso töricht würde es sein zu schließen, dass, weil eine Unze Gold gewöhnlich 14 oder 15 Unzen Silber gilt, auch vierzehn oder fünfzehnmal mehr Silber als Gold auf dem Markte vorhanden sei.

      Die auf dem Markte gewöhnlich vorhandene Menge Silber ist im Verhältnis zum Gold wahrscheinlich weit größer als nach ihrem Wertverhältnis vorauszusetzen wäre. Die Gesamtmenge einer an den Markt gebrachten wohlfeilen Ware ist in der Regel nicht nur größer, sondern auch von größerem Wert als die Gesamtmenge einer teuren. Die Gesamtmenge des jährlich an den Markt gebrachten Brotes ist nicht nur größer, sondern auch von größerem Werte als die Gesamtmenge des Fleisches; die des Fleisches größer und von größerem Werte als die des zahmen Geflügels; und die Gesamtmenge des zahmen Geflügels größer und von größerem Werte als die des wilden Geflügels. Es gibt so viele Käufer mehr für die wohlfeile als für die teure Ware, dass gewöhnlich nicht nur eine größere Menge, sondern auch ein größerer Wert von ihr verkauft werden kann. Daher muss die Gesamtmenge der billigen Ware im Verhältnis zu der der teuren größer sein als der Wert einer gewissen Menge der teuren im Verhältnis zum Wert einer gleichen Menge der wohlfeilen. Vergleicht man die edlen Metalle miteinander, so ist das Silber eine wohlfeile, das Gold eine teure Ware. Es ist daher auch zu erwarten, dass auf dem Markte stets nicht nur eine größere Menge, sondern auch ein größerer Wert an Silber als an Gold vorhanden ist. Wer von beiden etwas hat, vergleiche sein Silber- mit seinem Goldgerät, und er wird wahrscheinlich finden, dass nicht nur die Menge, sondern auch der Wert des ersteren weit größer ist als die Menge und der Wert des letzteren. Viele haben wohl Silbersachen, aber keine Goldsachen, und letztere sind auch bei denen, die sie haben, im Allgemeinen auf Uhrgehäuse, Tabaksdosen und ähnliche Kleinigkeiten beschränkt, deren ganzer Betrag selten von großem Wert ist. In den britischen Münzen überwiegt allerdings der Wert des Goldes bei Weitem, aber in allen anderen Ländern ist es nicht der Fall. In den Münzen einiger Länder ist der Wert ziemlich gleich. In den schottischen Münzen überwog, wie man aus den Münzrechnungen ersieht, vor der Union mit England das Gold ein wenig.16 In den Münzen vieler Länder überwiegt das Silber. In Frankreich werden die größten Summen gewöhnlich in diesem Metall gezahlt, und es ist dort schwer, sich mehr Gold zu verschaffen als man in der Tasche bei sich führen muss. Doch dürfte der in allen Ländern anerkannt höhere Wert des Silbergeräts das hier und da sich findende Über wiegen der Goldmünzen über die Silbermünzen mehr als ausgleichen.

      Obgleich in einem gewissen Sinne des Worts Silber immer viel wohlfeiler gewesen ist und wahrscheinlich auch stets viel wohlfeiler bleiben wird als Gold, so kann man doch in einem anderen Sinne vielleicht sagen, dass das Gold bei dem jetzigen Zustande des spanischen Marktes etwas wohlfeiler ist als das Silber. Man kann eine Ware nicht nur nach der absoluten Höhe oder Niedrigkeit ihres üblichen Preises teuer oder wohlfeil nennen, sondern auch, je nachdem dieser Preis mehr oder weniger über dem niedrigsten Preise steht, zu dem sie sich eine längere Zeit hindurch auf den Markt bringen lässt. Dieser niedrigste Preis ist derjenige, der nur eben mit mäßigem Gewinn das Kapital wieder ersetzt, das man dazu verwendete, sie dahin zu bringen. Es ist der Preis, der für den Grundbesitzer nichts abwirft, von dem die Rente keinen Bestandteil ausmacht, sondern der nur in Arbeitslohn und Gewinn besteht. Nun ist bei dem jetzigen Zustande des spanischen Marktes das Gold gewiss diesem niedrigen Preise etwas näher als das Silber. Die Abgabe an den König von Spanien macht beim Gold den zwanzigsten Teil vom reinen Metall oder fünf Prozent, beim Silber aber den zehnten Teil oder zehn Prozent aus. Auch besteht, wie bereits bemerkt, in diesen Abgaben die ganze Rente der meisten Gold- und Silberminen des spanischen Amerikas, und die Abgabe für Gold geht noch schlechter ein als die für Silber. Nicht minder dürften die Gewinne der Unternehmer von Goldminen, die weit seltener viel dabei verdienen, in der Regel noch mäßiger sein als die der Unternehmer von Silberbergwerken. Mithin muss der Preis des spanischen Goldes, dass sowohl weniger Rente wie weniger Gewinn abwirft, auf dem spanischen Markte dem niedrigsten Preise, zu dem es dahin geschafft werden kann, etwas näher stehen als der Preis des spanischen Silbers. Rechnet man alle Kosten zusammen, so


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<p>16</p>

Siehe Ruddimans Vorrede zu Andersens Diplomata Scotiae.