Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2. Александр Дюма

Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2 - Александр Дюма


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von Artois waren bequemer gestellt.

      »Mein Bruder,« sagte nun die Königin, »ich bitte, erklären Sie mir, was mein Schwager dabei gewinnt, daß er mir die Ankunft des Herrn von Suffren nicht mittheilt?«

      »Oh! meine Schwester, ist es denn möglich, daß Sie, Weib, Königin und Feindin, die Absicht dieser schlauen Politik nicht sogleich auffassen? Herr von Suffren kommt an, Niemand weiß es bei Hofe. Herr von Suffren ist der Held der indischen Meere und hat folglich auf einen prachtvollen Empfang in Versailles Anspruch zu machen. Herr von Suffren kommt also an. Dem König ist seine Ankunft unbekannt; der König vernachlässigt ihn, ohne es zu wissen, und folglich, ohne es zu wollen; Sie ebenso, meine Schwester. Während dieser Zeit empfängt Herr von Provence, der die Ankunft des Herrn von Suffren weiß, ganz im Gegentheil den siegreichen Seemann, lächelt ihm zu, schmeichelt ihm, macht Verse auf ihn und wird, indem er sich an den Helden Indiens anhängt, der Held Frankreichs.«

      »Das ist klar,« sagte die Königin.

      »Ich glaube wohl, bei Gott!«

      »Sie vergessen nur einen Punkt, mein lieber Zeitungsmann.«

      »Welchen?«

      »Woher wissen Sie dieses ganze schöne Project unseres lieben Bruders und Schwagers?«

      »Woher ich es weiß! Das ist ganz einfach! wie ich Alles weiß, was er thut. Da ich bemerkte, daß Herr von Provence es sich zur Aufgabe machte, Alles in Erfahrung zu bringen, was ich thue, so bezahle ich Leute, die mir Alles sagen, was er thut. Oh! das kann mir dereinst nützlich sein, meine Schwester, – und Ihnen auch.«

      »Ich danke für Ihr Bündniß, mein Bruder; doch der König?«

      »Oh! der König ist benachrichtigt.«

      »Durch Sie?«

      »Nein, durch seinen Marineminister, den ich zu ihm geschickt habe. Sie begreifen; dieß Alles geht mich Nichts an; ich bin zu leichtfertig, zu sehr Verschwender, zu tollköpfig, um mich um Dinge von dieser Wichtigkeit zu bekümmern.«

      »Und der Marineminister wußte auch nichts von der Ankunft des Herrn von Suffren in Frankreich?«

      »Ei! mein Gott, meine liebe Schwester, nicht wahr, Sie haben in den vierzehn Jahren, seit Sie Dauphine oder Königin von Frankreich sind, genug Minister kennen gelernt, um zu wissen, daß eine wichtige Sache diesen Herrn stets unbekannt ist? Nun denn! ich habe den unsern in Kenntniß gesetzt, und er ist enthusiasmirt.«

      »Ich glaube es wohl.«

      »Sie begreifen, meine Schwester, das ist ein Mensch, der mir sein Leben lang dankbar sein wird, und ich bedarf gerade seiner Dankbarkeit.«

      »Wozu?«

      »Um ein Anlehen zu negociren.«

      »Oh!« rief die Königin lachend, »nun verderben Sie mir Ihre schöne Handlung.«

      »Meine Schwester,« erwiderte der Graf von Artois mit ernster Miene, »Sie müssen Geld nöthig haben, und ich stelle, so wahr ich ein Sohn Frankreichs bin, die Hälfte der Summe, die ich erhalten werde, zu Ihrer Verfügung.«

      »Oh! mein Bruder,« rief Marie Antoinette, »behalten Sie das Ganze; ich brauche, Gott sei Dank, in diesem Augenblicke nichts.«

      »Teufel! warten Sie nicht so lange, um meine Zusage in Anspruch zu nehmen.«

      »Warum dieß?«

      »Weil ich, wenn Sie länger warten würden, nicht mehr im Stande sein dürfte, mein Versprechen zu halten.«

      »Nun, in diesem Fall werde ich es auch so einrichten, daß ich irgend ein Staatsgeheimniß entdecke.«

      »Meine Schwester, Sie bekommen kalt,« versetzte der Graf von Artois. »Ihre Wangen werden blau, das muß ich Ihnen sagen.«

      »Hier kehrt Herr von Taverney mit meinem Schlitten zurück.« – »Dann bedürfen Sie meiner nicht mehr?« – »Nein.« – »So jagen Sie mich fort, ich bitte Sie.« – »Warum? Bilden Sie sich etwa ein, Sie beengen mich in irgend einer Hinsicht?« – »Nein; aber ich bedarf meiner Freiheit.« – »Gott befohlen also!« – »Auf Wiedersehen, theure Schwester.« – »Wann?« – »Diesen Abend.« – »Was ist denn diesen Abend?« – »Es ist noch Nichts, aber es wird Etwas sein.« – »Was denn?« – »Große Gesellschaft beim Spiel des Königs.« – »Warum dieß?« – »Weil der Herr Minister heute Abend Herrn von Suffren bringen wird.« – »Sehr gut. Heute Abend also.«

      Bei diesen Worten grüßte der junge Prinz seine Schwägerin mit der ihm angeborenen anmuthsvollen Artigkeit und verschwand in der Menge.

      Taverney Vater hatte seinem Sohne nachgeschaut, während er sich von der Königin entfernte, um sich mit dem Schlitten zu beschäftigen.

      Bald aber war sein wachsamer Blick zu der Königin zurückgekehrt.

      Das belebte Gespräch zwischen Marie Antoinette und ihrem Schwager bereitete ihm einige Unruhe, denn dieses Gespräch schnitt die seinem Sohn kurz zuvor von der Königin erwiesene Vertraulichkeit entzwei.

      Er beschränkte sich auch darauf, daß er Philipp eine freundliche Geberde machte, als dieser vollends die zur Abfahrt des Schlittens unerläßlichen Vorbereitungen traf; und als der junge Mann nach der Vorschrift der Königin seinen Vater umarmen wollte, den er zehn Jahre nicht umarmt hatte, wies ihn dieser zurück und sagte:

      »Später, später; komm nach Deinem Dienst heim, dann wollen wir plaudern.«

      Philipp entfernte sich, und der Baron sah zu seiner Freude, daß der Graf von Artois von der Königin Abschied genommen hatte.

      Diese stieg in den Schlitten und ließ Andrée mit sich einsteigen; als aber zwei große Heiducken erschienen, um den Schlitten anzutreiben, sagte sie:

      »Nein, nein, ich will nicht auf diese Art fahren; laufen Sie nicht Schlittschuh, Herr von Taverney?«

      »Verzeihen Sie, Madame,« erwiderte Philipp.

      »Geben Sie dem Herrn Chevalier Schlittschuhe,« befahl die Königin,

      Dann wandte sie sich zu ihm um und fügte bei:

      »Ich weiß nicht, was mir sagt, Sie laufen so gut Schlittschuh als Saint-Georges.«

      »Früher schon lief Philipp sehr zierlich,« sagte Andrée.

      »Und nun kennen Sie keinen Nebenbuhler mehr, nicht wahr, Herr von Taverney?«

      »Madame,« antwortete Philipp, »da Eure Majestät dieses Zutrauen zu mir hat, so werde ich thun, was ich nur immer vermag.«

      So sprechend, hatte sich Philipp schon mit Schlittschuhen, so scharf und einschneidend, wie Klingen, versehen.

      Er stellte sich hierauf hinter den Schlitten, gab ihm mit einer Hand den Impuls und die Fahrt begann.

      Man sah nun ein seltsames Schauspiel.

      Saint-Georges, der König der Gymnasten, Saint-Georges, der zierliche Mulatte, der Mann der Mode, der in allen Leibesübungen Ausgezeichnete, Samt-Georges erhielt einen Nebenbuhler in dem jungen Mann, der es wagte, sich neben ihm auf die Laufbahn zu werfen.

      Augenblicklich umschwebte er auch den Schlitten der Königin mit so ehrerbietigen, so reizenden Verbeugungen, daß nie ein auf dem Boden von Versailles sehr fester Höfling sich so verführerisch angestellt hatte. Er beschrieb um den Schlitten die raschesten und richtigsten Kreise; er umschlang ihn mit einer Reihe von wunderbar verschlungenen Ringen, so daß die neue krumme Linie immer der Ankunft des Schlittens zuvorkam, der ihn hinter sich ließ, worauf er mit einem kräftigen Schlittschuhstoß Alles wieder gewann, was er durch den Umkreis verloren hatte.

      Keiner konnte, auch nur mit dem Blick, ohne betäubt und geblendet zu werden, diesem Manöver folgen.

      Hierdurch angespornt, faßte Philipp einen verwegenen Entschluß; er trieb den Schlitten mit einer so furchtbaren Geschwindigkeit an, daß Saint-Georges, statt sich vor ihm zu befinden, seinen Kreis hinter ihm vollendete, und als die Schnelligkeit des Schlittens vielen Leuten Angstschreie auspreßte, welche die Königin hätten erschrecken können, sagte er:

      »Wenn Eure Majestät es wünscht, werde ich anhalten


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