Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2. Александр Дюма

Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2 - Александр Дюма


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meinem Ehrenwort, das ist zum Erstaunen!« rief der Greis, indem er sich aufrichtete und mit dem Fuß stampfte. »Ah! Philipp, mache mir das Vergnügen, und sage mir ein wenig, ob Du verrückt bist?«

      »Mein Herr,« erwiderte der Chevalier traurig, »wahrlich, ich fürchte eine Gewißheit zu erlangen.«

      »Welche?«

      »Daß Sie meiner spotten, oder daß…«

      »Oder daß?«

      »Verzeihen Sie, mein Vater, – daß Sie närrisch werden.«

      Der Greis packte seinen Sohn mit einer so energischen, nervösen Bewegung beim Arme, daß der junge Mann vor Schmerz die Stirne faltete.

      »Hören Sie, Herr Philipp,« sagte der Greis, »ich weiß wohl, America ist ein von Frankreich sehr weit entferntes Land.«

      »Ja, mein Vater, weit entfernt,« wiederholte Philipp; »aber ich begreife nicht, was Sie damit sagen wollen. Ich bitte, erklären Sie sich doch.«

      »Ein Land, wo es weder einen König noch eine Königin gibt.«

      »Noch Unterthanen.«

      »Sehr gut! Auch keine Unterthanen, Herr Philosoph; ich leugne das nicht. Dieser Punkt interessirt mich keineswegs und ist mir sehr gleichgültig; was mir aber nicht gleichgültig ist, was mich peinigt, was mich demüthigt, ist, daß ich auch eine Gewißheit zu erlange fürchte.«

      »Welche, mein Vater? Ich denke, daß in jedem Fall unsere Gewißheiten sehr von einander verschieden sind.«

      »Die meinige ist die, daß Du ein Einfaltspinsel bist, mein Sohn. Und das ist einem großen Burschen von Deinem Körperbau nicht erlaubt. Aber sieh, sieh doch dorthin!«

      »Ich sehe, mein Herr.«

      »Nun! die Königin wendet sich um, und zwar zum dritten Mal. Ja, mein Herr, die Königin hat sich dreimal umgedreht. Und schau doch! sie dreht sich abermals um; sie sucht wen? den Herrn Einfaltspinsel, den Herrn Puritaner, den Herrn von America. Oh!…«

      Und der kleine Greis biß, nicht mehr mit den Zähnen, sondern mit dem Zahnfleisch, auf den grauen hirschledernen Handschuh, der zwei Hände, wie die seinige, aufgenommen hätte.

      »Wohl, mein Herr,« sprach der junge Mann, »wenn es wahr wäre, was aber nicht wahrscheinlich ist, daß die Königin mich suchte?«

      »Oh!« rief der Greis, mit dem Fuß stampfend, »er hat gesagt, wenn es wahr wäre! Oh! dieser Mensch ist nicht von meinem Blut, dieser Mensch ist kein Taverney.«

      »Ich bin nicht von Ihrem Blut!« murmelte Philipp.

      Dann sprach er ganz leise und die Augen zum Himmel erhoben:

      »Soll ich Gott dafür danken?«

      »Mein Herr,« rief der Greis, »ich sage Ihnen, daß die Königin nach Ihnen verlangt; ich sage Ihnen, daß die Königin Sie sucht.«

      »Sie haben ein gutes Gesicht, mein Vater,« erwiderte Philipp trocken.

      »Höre,« fuhr der Greis sanfter fort, indem er seine Ungeduld zu mäßigen suchte, »laß mich Dir etwas erklären. Es ist wahr, Du hast Deine Gründe, aber ich, ich habe die Erfahrung. Sprich, Philipp, bist Du ein Mann, oder bist Du keiner?«

      Philipp zuckte leicht die Achseln und erwiderte nichts.

      Als der Greis sah, daß er vergebens auf eine Antwort wartete, heftete er seine Augen, mehr aus Verachtung als aus Bedürfnis, auf seinen Sohn, und gewahrte nun die ganze Würde, die ganze undurchdringliche Zurückhaltung, den ganzen unerklärlichen Willen, womit dieses Gesicht, leider! für das Gute bewaffnet war.

      Er unterdrückte seinen Schmerz, strich sich mit dem Aermel über seine rothe Nasenspitze und sagte mit einer Stimme, so süß wie die von Orpheus, als er zu den thessalischen Felsen sprach:

      »Philipp, mein Freund, höre mich.«

      »Ei!« erwiderte der junge Mann, »mir scheint, ich thue seit einer Viertelstunde nichts Anderes, mein Vater.«

      »Oh!« dachte der Greis, »ich will Dich von Deiner Höhe herabfallen machen, Herr Americaner, Du hast wohl Deine schwache Seite, Koloß. Laß mich diese Seite mit meinen alten Klauen packen, und Du sollst sehen.«

      Dann sprach er laut:

      »Du hast Eines nicht bemerkt.«

      »Was?«

      »Etwas, was Deiner Naivetät Ehre macht.«

      »Sagen Sie es, mein Herr.«

      »Es ist ganz einfach: Du kommst von America. Du bist in einem Augenblick abgereist, wo es nur noch einen König gab, und keine Königin mehr, außer etwa die Dubarry, eine nicht sehr achtbare Majestät; Du kommst zurück. Du siehst eine Königin, und sagst zu Dir: Achten wir sie.«

      »Allerdings.«

      »Armes Kind!« rief der Greis.

      Und er erstickte in seinem Aermel zugleich einen Husten und ein Gelächter.

      »Wie!« fragte Philipp, »Sie beklagen mich, weil ich das Königthum achte, Sie, ein Taverney Maison-Rouge, Sie, einer der guten Edelleute Frankreichs?«

      »Warte doch, ich spreche nicht vom Königthum, ich spreche von der Königin.«

      »Und Sie machen einen Unterschied?«

      »Bei Gott! Was ist das Königthum, mein Lieber? eine Krone. Teufel! das rührt man nicht an! Was ist die Königin? eine Frau. Oh! eine Frau, das ist etwas Anderes, das rührt man an.«

      »Das rührt man an!« rief Philipp erröthend vor Zorn und dieses Wort mit einer so stolzen Geberde begleitend, daß ihn keine Frau hätte sehen können ohne ihn zu lieben, keine Königin ohne ihn anzubeten.

      »Du glaubst das nicht? Nun!« fuhr der kleine Greis mit einem beinahe grimmigen Ausdruck fort, so viel Cynismus legte er in das Lächeln, das zugleich auf seinem Gesichte hervortrat, »nun! so frage Herrn von Coigny, frage Herrn von Lauzun, frage Herrn von Vaudreuil.«

      »Stille, stille, mein Vater,« rief Philipp mit dumpfem Tone, »oder ich werde für diese drei Blasphemien, da ich Sie nicht dreimal mit meinem Schwerte dafür schlagen kann, mich selbst schlagen, das schwöre ich Ihnen, und zwar ohne Mitleid, auf der Stelle!«

      Taverney machte einen Schritt rückwärts, und drehte sich auf dem Absatz um, wie es Richelieu seinen Aermel schüttelnd mit dreißig Jahren gethan hätte.

      »Oh! wahrhaftig,« sagte er, »das Thier ist dumm, das Pferd ist ein Esel, der Adler eine Gans, der Hahn ein Kapaun. Guten Abend, Du hast mich ergötzt. Ich hielt mich für den Ahnherrn, für den Kassander, und nun bin ich der Adonis, der Apollo. Guten Abend.«

      Und er pirouettirte noch einmal auf seinen Absätzen.

      Philipp war düster geworden; er hielt den Greis bei der halben Wendung an und sagte:

      »Nicht wahr, mein Vater, Sie haben nicht im Ernste gesprochen? denn ein Edelmann von so gutem Geschlecht wie Sie kann unmöglich solchen Verläumdungen, die von den Feinden, nicht nur der Königin, sondern auch des Königthums, ausgestreut worden sind, länger Glauben beimessen.«

      »Er zweifelt noch, der doppelte Dummkopf,« rief Taverney.

      »Sie haben nicht mit mir gesprochen, wie Sie vor Gott sprechen?«

      »Wahrhaftig!«

      »Vor Gott, dem Sie sich jeden Tag nähern?«

      Der junge Mann hatte das von ihm so verächtlich abgebrochene Gespräch wieder aufgenommen.

      Das war ein Sieg für den Baron. Er trat näher zu ihm und sagte:

      »Mir scheint, ich bin ein ziemlich guter Edelmann, mein Herr Sohn, und ich lüge nicht immer!«

      Dieses immer war ein wenig lächerlich, Philipp lachte jedoch nicht.

      »Mein Herr,« sprach er, »es ist also Ihre Meinung, die Königin habe Liebhaber gehabt?«

      »Eine schöne Neuigkeit.«

      »Diejenigen, welche Sie angeführt?«

      »Und


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