Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2. Александр Дюма

Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2 - Александр Дюма


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aß, lachte, trank und schrie eine halbe Stunde lang vor Freude, und während dieser halben Stunde schauten ihn die andern Gäste nur ganz verwundert an; dann sank er allmälig zusammen, wie eine Lampe, der das Oel ausgeht. Zuerst in seiner Stirne gruben sich die einen Augenblick verschwundenen alten Falten in neuen Ringeln ein, seine Augen verschleierten und verdunkelten sich. Er verlor den Geschmack; dann wölbte sich sein Rücken. Sein Appetit verschwand; seine Kniee fingen wieder an zu zittern.

      »Oh!« machte er seufzend.

      »Nun?« fragten alle Gäste.

      »Nun! fahre hin, Jugend!«

      Und er stieß einen tiefen Seufzer aus, in Begleitung von zwei Thränen, die seine Augenlider befeuchteten.

      Instinctartig und bei dem Anblick des im Anfang verjüngten und durch diesen Umschlag der Jugend wieder älter gewordenen Greises drang ein Seufzer, dem ähnlich, welchen Taverney ausgestoßen, aus der Brust jedes Gastes hervor.

      »Das ist ganz einfach, meine Herren,« sprach Cagliostro, »ich habe dem Baron nur fünfunddreißig Tropfen Lebenselixir eingegossen, und er hat sich nur um fünfunddreißig Minuten verjüngt.«

      »Oh! noch einmal! noch einmal, Graf!« rief der Greis voll Gierde.

      »Nein, denn eine zweite Probe würde Sie vielleicht tödten,« erwiderte Cagliostro.

      Von allen Gästen hatte Madame Dubarry, welche die Eigenschaft des Elixirs kannte, die Einzelnheiten dieser Scene am begierigsten verfolgt.

      In gleichem Maße, wie die Jugend und das Leben die Arterien des alten Taverney anschwellten, folgte das Auge der Gräfin in den Arterien dem Fortschritt der Jugend und des Lebens. Sie lachte, sie klatschte Beifall, sie wurde gleichsam wiedergeboren durch den Anblick. Als der Erfolg des Trankes seinen Höhepunkt erreicht hatte, wäre die Gräfin beinahe auf die Hand Cagliostro's losgestürzt, um ihm das Fläschchen zu entreißen.

      In diesem Augenblick aber, da Taverney schneller alterte, als er wieder jung geworden war, sprach sie traurig:

      »Ach! ich sehe es wohl, Alles ist eitel, Alles ist Chimäre. Das wunderbare Geheimniß hat fünfunddreißig Minuten gedauert.«

      »Das heißt,« versetzte der Graf von Haga, »um sich eine Jugend von zwei Jahren zu geben, müßte man einen Fluß austrinken.«

      Alle lachten.

      »Nein,« entgegnete Condorcet, »die Rechnung ist einfach: fünfunddreißig Tropfen für fünfunddreißig Minuten, das ist eine Erbärmlichkeit von drei Millionen hundert und dreiundfünfzig tausend und sechs Tropfen, wenn man ein Jahr jung bleiben will.«

      »Eine Ueberschwemmung,« sagte Lapérouse.

      »Und dennoch,« sagte die Gräfin, »ist es, nach Ihrer Ansicht, nicht so bei mir gewesen, da eine kleine Flasche, die mir Ihr Freund Joseph Balsamo geschenkt, eine Flasche, etwa viermal so groß als Ihr Flacon, genügte, um bei mir das Fortschreiten der Zeit zehn Jahre lang aufzuhalten.«

      »Ganz richtig, Madame, und Sie allein berühren mit dem Finger die geheimnißvolle Wirklichkeit. Der Mensch, der gealtert und zu sehr gealtert hat, bedarf dieser Quantität, wenn eine unmittelbare und mächtige Wirkung hervorgebracht werden soll. Aber eine Frau von dreißig Jahren, wie Sie waren, Madame, oder ein Mann von vierzig Jahren, wie ich war, Madame, als wir dieses Lebenselixir zu trinken anfingen … diese Frau und dieser Mann, noch voll Frische und Jugend, brauchen nur zehn Tropfen von diesem Wasser bei jeder Periode der Abnahme zu trinken, und mittelst dieser zehn Tropfen wird die Person, welche sie trinkt, die Jugend und das Leben auf ewig in demselben Grade des Reizes fesseln.«

      »Was nennen Sie die Periode der Abnahme?« fragte der Graf von Haga.

      »Die natürlichen Perioden, Herr Graf. Im Naturzustande nehmen die Kräfte des Menschen bis zum fünfunddreißigsten Jahre zu. Hier angelangt, macht er einen Stillstand bis zum vierzigsten Jahre. Von vierzig fängt er an abzunehmen, aber beinahe unmerkbar bis zu fünfzig. Hernach rücken sich die Perioden näher und beschleunigen sich bis zum Todestag. Im Zustand der Civilisation, das heißt, wenn der Körper durch die Ausschweifungen, die Sorgen und Krankheiten aufgezehrt wird, bleibt das Wachsthum mit dreißig Jahren stillestehen. Die Abnahme fängt mit fünfunddreißig Jahren an. Dann muß man, mag man nun ein Mensch der Natur oder ein Mensch der Studien sein, die Natur in dem Augenblick, wo sie stillsteht, ergreifen, um sich ihrer Bewegung der Abnahme zu widersetzen, im Augenblick, wo diese Bewegung sich zu bewerkstelligen versuchen wird. Derjenige, welcher, im Besitz des Geheimnisses dieses Elixirs, wie ich es bin, den Angriff so zu combiniren weiß, daß er ihn erhascht und ohne Rückkehr zu sich selbst aufhält, der wird leben, wie ich lebe, stets jung, oder wenigstens jung genug, um zu thun, was ihm in diesem Leben zu thun zukommt.«

      »Ei! mein Gott! Herr von Cagliostro,« rief die Gräfin, »warum haben Sie denn, als es in Ihrer Gewalt lag, Ihr Alter zu wählen, nicht zwanzig Jahre statt vierzig gewählt?«

      »Frau Gräfin,« antwortete Cagliostro lächelnd, »weil es mir immer zusagt, eher ein vierzigjähriger gesunder, vollständiger Mann zu sein, als ein unverständiger junger Mensch von zwanzig Jahren.«

      »Ha! ha!« lachte die Gräfin.

      »Ei! gewiß! Madame,« fuhr Cagliostro fort, »mit zwanzig Jahren gefällt man den Frauen von dreißig, mit vierzig Jahren beherrscht man die Frauen von zwanzig und die Männer von vierzig.«

      »Ich gebe nach, mein Herr,« sagte die Gräfin. »Wie sollte ich auch mit einem lebendigen Beweis streiten?«

      »So bin ich also verurtheilt? sprach Taverney mit kläglichem Tone. »Bei mir ist es zu spät gewesen?«

      »Herr von Richelieu war geschickter als Sie,« versetzte Lapérouse mit seemännischer Offenherzigkeit, »ich habe immer sagen hören, der Herr Marschall besitze ein gewisses Recept.«

      »Das ist ein Gerücht, das die Frauen verbreitet haben, sagte lachend der Graf von Haga.

      »Ist das ein Grund, um nicht daran zu glauben?« fragte Madame Dubarry.

      Der alte Marschall erröthete, er, der kaum zu erröthen vermochte.

      Und alsbald rief er:

      »Meine Herren, wollen Sie wissen, worin mein Recept bestanden hat?«

      »Ja, gewiß, wir wollen es wissen.«

      »Nun wohl, darin, daß ich mich schonte.«

      »Ha! ha!« lachte die Gesellschaft.

      »Es ist so,« sagte der Marschall.

      »Ich würde dieses Recept bestreiten.« erwiderte die Gräfin, »hätte ich nicht so eben die Wirkung des Receptes von Herrn von Cagliostro gesehen. Halten Sie sich nur gut, Herr Zauberer, ich bin mit meinen Fragen noch nicht zu Ende.«

      »Immer zu, Madame, immer zu.«

      »Sie sagten, als Sie zum ersten Mal von Ihrem Elixir Gebrauch gemacht, seien Sie vierzig Jahre alt gewesen?«

      »Ja, Madame…«

      »Und Sie haben seit jener Zeit, nämlich seit der Belagerung Troja's…«

      »Ein wenig früher, Madame.«

      »Gut; Sie haben Ihre vierzig Jahre erhalten?«

      »Sie sehen es.«

      »Aber, mein Herr,« sagte Condorcet, »Sie beweisen uns dann mehr, als Ihr Theorem zuläßt.«

      »Was beweise ich Ihnen, Herr Marquis?«

      »Sie beweisen uns nicht nur die Fortdauer der Jugend, sondern auch die Erhaltung des Lebens; denn wenn Sie seit dem trojanischen Kriege vierzig Jahre alt sind, so sind Sie nie gestorben.«

      »Das ist wahr, Herr Marquis, ich bin nie gestorben, ich gestehe es in Demuth.«

      »Sie sind aber doch nicht unverwundbar wie Achilles, und wenn ich sage unverwundbar wie Achilles – Achilles war nicht unverwundbar, da ihn Paris mit einem Pfeil in die Ferse tödtete.«

      »Nein, ich bin nicht unverwundbar, und das zu meinem großen Bedauern,« sagte Cagliostro.

      »Dann können Sie getödtet werden, eines gewaltsamen


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