Der Arzt auf Java. Александр Дюма

Der Arzt auf Java - Александр Дюма


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sagte Esther, ihn unterbrechend. »Ich hätte geglaubt, an der Seite der Madame Maes müßte diese Art der Schmerzen Ihnen vollkommen unbekannt sein.«

      Der Notar erröthete, indeß gerieth er nicht in Verwirrung. »Ja,« fuhr er fort, ohne auf diese Bemerkung zu achten, »ja, die Arbeit triumphirt über den bittersten Kummer, wie über die physischen Leiden, und ich z. B., der ich unter der Last der Arbeit erliege, die in diesem brennenden Klima doppelt peinlich ist, ich lebe nur noch durch sie, für sie. Ich fühle, daß, wenn die Arbeit mir mangelte, ich ersticken würde, aus Mangel der nothwendigen Elemente, die Lebensthätigkeit meines fieberhaften Geistes zu erhalten. Folgen Sie meinem Rath, und versuchen Sie dieses Heilmittel bei Herrn van der Beck. Stacheln Sie durch die Sorgfalt für seine Interessen, die Trägheit seines Geistes auf. Ist er sich selbst zurückgegeben, so treibe er Geschäfte, gleich viel welche. Er kaufe eine Pflanzung, er errichte ein Handelshaus in Batavia, er baue Caffee, ernte Reis, raffinire Zucker, destillire Arak, verkaufe Indigo, Thee, Gewürze, was er will, wenn er nur irgend etwas verkauft, wenn er gleich mir Tag und Nacht für seine Geschäfte zu sorgen hat, und in kurzer Zeit weiden Sie ihn gesund und wohlgenährt sehen, wie mich.«

      Madame van der Beet betrachtete staunend den riesigen Notar, und fragte sich, ob die Heilung nicht etwa schlimmer sein mochte, wie das Uebel. Daran wagte sie die Bemerkung: »Ich glaubte, mein Herr, wenn der Abend gekommen ist, mischten Sie einige Zerstreuung in Ihre Arbeiten?«

      »Irrthum, Madame, sehr ernster Irrthum!« sagte Herr Maes, »und ich sehe wohl, daß Sie mich ebenso beurtheilen, wie der gemeine Haufe. Weil Meister Maes in Folge der Stellung, die er einnimmt, und der angesehenen Personen, mit denen er in Berührung steht, und die er als Gäste bei sich sehen muß, eine reiche und gut servirte Tafel führt, sagte er: Meister Maes ist ein Leckermaul. Und das ist ein Irrthum,« fuhr der Notar mit melancholischem Tone fort, »denn dieser Haufe weiß nicht, wie sehr ich dabei meinem Geschmack Zwang anthun muß. Er sagt: Der Notar Maes fährt gleich einem Nabob in einem vierspännigen Wagen spazieren, sobald die Nacht eingebrochen ist. Nein, der Notar Maes fährt nicht spazieren, sondern er besucht ganz einfach irgend eine Pflanzung, deren Besitzer eine Hypothek aufnehmen will. – Dieser Haufe sagt ferner: Der Notar Maes besucht sehr häufig den Campong – das italienische Viertel – und man sieht ihn dort öfter in den Coulissen des Theaters, als in dem Tempel. – Ach, Madame, der gemeine Haufe weiß nicht, daß mein Unglückliches Amt mich dazu zwingt.«

      »Ihr Amt, mein Herr?«

      »Ohne Zweifel, Madame! Dort weiß ich die lockern Herren zu finden, mit denen ich Geschäfte habe, denn es wird Ihnen nicht unbekannt sein, daß Unsere Kaufleute mit den Bewohnern des himmlischen Reiches in sehr lebhaftem Verkehr stehen. Nun wohl, es ist also aus Eifer für die Geschäfte, aus Sorge für die Interessen meiner Clienten, daß ich ganze Nächte mit diesen Schelmen mit geschlitzten Augen zubringe, Tsion und Arat mit ihnen trinke, bis sie unter den Tisch fallen; aber dies geschieht nur, weil man den verschlagenen Schelmen nicht andere beikommen kann, als wenn sie etwas Branntwein in dem Bauche haben. – Das Alles aber, Madame, gehört zu den Frohndiensten meines Amtes, und diese erscheinen mir sehr bitter, bei dem köstlichen Leben, welches meine theure Arbeit mir bereitet.«

      »Sie fangen an, mich zu überzeugen, mein Herr,« sagte Esther mit einem unmerklichen Lächeln.

      »Ich wünsche es,« entgegnete der Notar, »ich wünsche es dringend.«

      , »Aber,« fuhr die junge Frau fort, »wie soll man etwas Aehnliches von einem armen Kranken erlangen?«

      »Ach, Madame, dazu gibt es tausend Mittel.«

      »Geben Sie mir eines an.« -

      »Indem Sie ihm den Ertrag der Arbeit zeigen – Gold. – Der arme Herr van der Beek hat davon in seinem Leben noch nicht viel gesehen. Geben Sie ihm daher Gold zu sehen, zu berühren. Sagen Sie ihm: Eusebius, dies gehört uns, aber man will es uns nehmen, man bedroht uns in unserem Besitze. Gehört er zudem Menschengeschlechte, so werden Sie sehen, wie bei dem ersten Worte sein Blick sich belebt. Bei dem zweiten wird dieser Blick Licht in sein Gehirn werfen, und von dem Augenblick an wird er seinen Verstand und seine Kraft wiedergewinnen.«

      »Aber wenn ich ihm sage, daß unser Vermögen bedroht ist, muß ich ihm die Testamentsklausel mittheilen.«

      »Früher oder später muß er sie dennoch kennen lernen.«

      »O nein, mein Herr, nie, nie!«

      »Nun, dann ersinnen Sie irgend etwas Anderes, wodurch er erweckt wird, wenn Sie nicht wollen, daß diese Betäubung in den Tod übergehe.«

      Die arme Esther war so betrübt, so unentschlossen, und besonders so ermüdet durch ihr Zögern, daß sie mit dem Entschluß nach Hause zurückkehrte, den Rath des Notar Maes zu versuchen.

      Eines Tages, als Eusebius wieder mehrere Stunden mit dem Kopf gegen die Brust seiner Frau gelehnt zugebracht hatte, und diese, auf dem Bette sitzend, und die Hände des Kranken in den ihrigen haltend, eine größere Ruhe in der Physiognomie ihres Mannes und einen lebhafteren Ausdruck als gewöhnlich in seinem Blicke bemerkte, beschloß sie, zu sprechen.

      »Freund,« sagte sie, »weißt Du, daß wir reich sind?« Eusebius schien gegen ihre Worte so gleichgültig zu sein, daß er mit den weichen Locken ihres schönen Haares spielte.

      »Die Noth, durch die wir so viel zu leide hatten,« fuhr Esther fort« »brauchen wir jetzt nicht mehr zu fürchten. Sieh, fügte sie hinzu, indem sie auf die Decke des Bettes eine Handvoll Goldstücke warf, »wir besitzen tausendmal so viel Gold, als Du hier vor Augen siehst.«

      Eusebius richtete einen Seitenblick auf das Gold, und als ob dessen Gewicht ihm lästig würde, stieß er es von seinem Schooße, so daß die Stücke auf den Teppich rollten. Als dann das liebliche Gesicht Esthers sich über ihn neigte, streiften seine Lippen leise die Stirn seiner Frau.

      »Eusebius,« sagte sie, »fühlst Du Dich denn nicht glücklich, reich zu sein? Bist Du nicht stolz, Deine Frau in reichem Schmuck zusehen?

      Eusebius sah sie mit einem Blicke der Liebe an.

      »Weißt Du wohl,« sprach Esther weiter, »daß ich mich jetzt nicht mehr in den ärmlichen Kleidern zu zeigen wagte, die ich ehedem trug? – Es scheint mir, als würdest Du mich weniger lieben, wenn Du mich so sähest.«

      Eusebius strengte sich an, und antwortete:

      »Habe ich Dich nicht so zuerst gesehen? Habe ich Dich nicht so aufrichtig geliebt? Warst Du nicht schön, und liebte ich Dich nicht, ehe Du reich wurdest?«

      Es war das erste Mal seit seiner Krankheit, daß er so auf den Gedanken seiner Frau einging, dennoch sagte diese, betrübt über den geringen Erfolg, den das durch den Notar gerathene Verfahren hatte: »Liebst Du mich denn noch immer?« – Dabei fand sie in dem Ausdrucke der Zärtlichkeit, der aus den Zügen ihres Mannes leuchtete, den Gedankens ein anderes Mittel zu versuchen.

      »Ja,« erwiederte Eusebius, »und mehr, als ich Dich jemals geliebt habe.«

      »Auf diese Liebe rechne ich,« sagte die junge Frau, »und dennoch fürchte ich zuweilen, daß sie mir entgehen möcht.«

      Eusebius zuckte die Achseln und sagte: »Unmöglich!«

      »Ich hoffe es,« entgegnete sie, »und gleichwohl scheint man darauf gefaßt sein zu müssen, daß die innigsten und aufrichtigsten Gefühle gleich allen Dingen hienieden ihr Ende erreichen.«

      »Wer sagt das? Wer sagt das?« rief Eusebius, indem er sehr blaß wurde.

      »Ein Mann, der eine tiefe Wissenschaft und eine große Menschenkenntniß besaß, ebender, welchem wir unser gegenwärtiges Glück verdanken.«

      »Du willst von dem Doctor Basilius sprechen?«.

      Von ihm selbst.«

      »Ach, der Doctor Basilius!« rief Eusebius indem er krampfhaft sich im Bette aufrecht setzte, und seine Stirn in beide Hände preßte, als wollte er das anstürmende Blut zurückdrängen.–»Der Doctor Basilius! O mein Gott, es ist also wahr! Es ist also kein Traum?«

      »Es ist wahr, daß seine Gelehrsamkeit mich gerettet hat, es ist wahr, daß seine Güte uns bereicherte,« sagte Esther, welche bei der Aufregung ihres Mannes vor


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