Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма

Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма


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und dieser Ansicht, ich bin es fest überzeugt, ist auch der Herr Oberintendant.«

      »Vollkommen,« sagte Fouquet. »Lassen wir die fetten Hühner von Herrn Colbert, hier ist heute nur die Rede von den getrüffelten Fasanen von Herrn Vatel.«

      Diese Worte hielten die düstere Wolke auf, welche in raschem Lause über den Gästen heranrückte.

      Gourville belebte so gut die Dichter mit dem Joigny-Wein, der Abbé, verständig wie ein Mensch, der der Thaler Anderer bedarf, belebte so gut die Finanzmänner und die Kriegsleute, daß in den Nebeln dieser Freude und im Lärmen des Gespräches der Gegenstand der Unruhe völlig verschwand.

      Das Testament des Cardinals war der Text der Unterhaltung beim zweiten Gang und beim Nachtisch; dann befahl Fouquet die Schalen mit Zuckerwerk und die Fontainen mit Liqueurs in die an den Salon anstoßende Gallerie zu bringen. Er begab sich dahin an seiner Hand eine Frau, Königin an diesem Abend durch seine Bevorzugung, führend.

      Dann speisten die Musikanten zu Nacht, und es begannen die Spaziergänge in der Gallerie unter einem milden Frühlingshimmel, in einer von Wohlgerüchen geschwängerten Luft.

      Pelisson kam auf den Oberintendanten zu und fragte ihn:

      »Monseigneur hat einen Kummer?«

      »Einen großen,« antwortete der Minister; »laßt Euch das von Gourville erzählen.«

      Pelisson erblickte, als er sich umwandte, la Fontaine, der ihm auf beide Füße trat. Er mußte einen lateinischen Vers anhören, den der Dichter auf Vatel gemacht hatte.

      La Fontaine scandirte diesen Vers seit einer Stunde in allen Ecken und suchte eine vortheilhafte Unterkunft für denselben.

      Er glaubte Pelisson zu halten, aber dieser entschlüpfte ihm.

      Er wandte sich an Soret, der ein Quatrain zu Ehren des Abendbrods und des Wirthes gemacht hatte.

      La Fontaine wollte vergebens seinen Vers anbringen; Soret bemühte sich vergebens für sein Quatrain.

      Er war genöthigt, vor dem Herrn Grafen von Chenost zurückzuweichen, dessen Arm Fouquet genommen.

      Der Abbé Fouquet fühlte, zerstreut wie immer, würde der Dichter den zwei Sprechenden folgen, und trat dazwischen.

      La Fontaine klammerte sich sogleich an ihn an und recitirte seinen Vers.

      Der Abbé, der das Lateinische nicht verstand, wiegte den Kopf im Takt bei jeder Bewegung, die la Fontaine seinem Körper, nach den Wogungen der Daktylen und Spondäen, gab.

      Während dieser Zeit erzählte hinter den Bassins mit Zuckerwerk Fouquet, was vorgefallen, Herrn von Chenost, seinem Schwiegersohn.

      »Indeß wir hier sprechen, muß man die Unnützen zum Feuerwerk schicken,« sagte Pelisson zu Gourville.

      »Gut, » erwiederte Gourville. Und er flüsterte Vatel vier Worte zu.

      Dann sah man den Letzteren nach dem Garten die Mehrzahl der Stutzer, der Damen und der Schwatzer führen, wo ein kostbares Feuerwerk für die Liebhaber abgebrannt wurde, während die meisten Männer in der von dreihundert Wachskerzen erleuchteten Gallerie auf und abgingen.

      Gourville näherte sich Fouquet und sagte:

      »Monseigneur, wir sind alle hier.«

      »Alle?« versetzte Fouquet.

      »Ja, zählt.«

      Der Oberintendant wandte sich um und zählte. Es waren acht Personen.

      Pelisson und Gourville gingen sich am Arme haltend umher, als ob sie über unbestimmte, leichte Dinge plauderten.

      Soret und zwei Officiere ahmten sie in verkehrter Richtung nach.

      Der Abbé Fouquet war allein.

      Fouquet ging mit Herrn von Chenost, als wäre er ganz von dem Gespräch seines Schwiegersohnes in Anspruch genommen.

      »Meine Herren,« sagte er, »Niemand erhebe den Kopf im Gehen, Niemand darf den Anschein haben, als schenkte er mir Aufmerksamkeit; geht weiter, wir sind allein, hört auf mich.«

      Es trat ein tiefes Stillschweigen ein, nur gestört durch die entfernten Ausrufungen der freudigen Gäste, welche in den Gebüschen Platz nahmen, um die Raketen besser zu sehen.«

      Sie boten ein seltsames Schauspiel, diese Männer, die in Gruppen, und als wäre Jeder mit Etwas besonders beschäftigt, auf- und abgingen, während sie nur auf das Wort eines Einzigen von ihnen aufmerksam waren, der selbst nur mit einem Nachbar zu sprechen schien.

      »Meine Herren,« sagte Fouquet, »Ihr habt ohne Zweifel bemerkt, daß diesen Abend zwei von unseren Freunden in der Mittwochsversammlung fehlen . . . Um Gottes willen! Abbé, bleibt nicht.stehen, das ist nicht nöthig, um zu hören; ich bitte, geht mit Eurer natürlichsten Miene, oder, da Ihr das schärfste Gesicht habt, stellt Euch an das offene Fenster und benachrichtigt uns, wenn Jemand gegen die Gallerie kommt, durch Husten.«

      Der Abbé gehorchte.

      »Ich habe die Abwesenden nicht bemerkt,« sagte Pelisson, der in diesem Augenblick Fouquet den Rücken zuwandte und in verkehrter Richtung ging.

      »Ich,« sagte Soret, »ich sehe Herrn Lyodot nicht, der mir meine Pension gibt.«

      »Und ich,« sagte der Abbé vom Fenster aus, »ich sehe meinen lieben d’Emeris nicht, der mir elfhundert Livres von unserem letzten Brelan schuldig ist.«

      »Soret,« fuhr Fouquet fort, der düster und gebückt auf und abschritt, »Ihr werdet die Pension von Lyodot nicht mehr beziehen, und Ihr, Abbé, bekommt nie Eure elfhundert Livres von d’Emeris, denn Beide müssen sterben.«

      »Sterben!« rief die Versammlung, unwillkührlich in ihrem Scheinspiel durch dieses furchtbare Wort aufgehalten.

      »Beruhigt Euch, meine Herren,« sagte Fouquet, »denn man beobachtet uns vielleicht. Ich habe gesagt: Sterben!«

      »Sterben!« wiederholte Pelisson, »diese Männer, die ich vor nicht sechs Tagen voll Gesundheit, Heiterkeit und Zukunft gesehen habe. Guter Gott! was ist der Mensch, daß ihn eine Krankheit mit einem Schlage niederwirft!«

      »Es ist keine Krankheit,« entgegnete Fouquet.

      »Also gibt es ein Mittel?« sagte Soret.

      »Kein Mittel, die Herren Lyodot und d’Emeris stehen am Vorabend ihres letzten Tages.«

      »Warum sterben denn diese Herren?« rief ein Officier.

      »Fragt denjenigen, welcher sie tödtet,« antwortete Fouquet.

      »Wer tödtet sie? Man tödtet sie?« rief der Chor erschrocken.

      »Man thut noch etwas Besseres, man henkt sie!« murmelte Fouquet mit einer düsteren Stimme, welche wie ein Sterbegeläute in dieser reichen, ganz von Gemälden, Blumen, Sammet und Gold schimmernden Gallerie klang.«

      Unwillkührlich blieb Jeder stehen; der Abbé verließ sein Fenster; die ersten Raketen des Feuerwerks fingen an über die Gipfel der Bäume emporzusteigen.

      Ein langer Schrei im Garten forderte den Oberintendanten auf, den Anblick zu genießen.

      Er näherte sich dem Fenster und hinter ihn stellten sich seine auf jedes seiner Worte aufmerksamen Freunde.

      »Meine Herren,« sagte er, »auf Veranlassung von Herrn Colbert sind zwei von meinen Freunden verhaftet, verurtheilt worden, und er wird sie auch hinrichten lassen: Was geziemt sich für mich, zu thun?«

      »Gottes Tod!« sagte der Abbé zuerst, »Ihr müßt Herrn Colbert ausweiden lassen!«

      »Monseigneur,« sagte Pelisson, »Ihr müßt mit Seiner Majestät sprechen.«

      »Der König, mein lieber Pelisson, hat das Todesurtheil unterschrieben.«

      »Nun wohl! sagte der Graf von Chenost, »die Hinrichtung darf nicht stattfinden.«

      »Unmöglich, wenn man nicht die Gefangenwärter besticht,« entgegnete Pelisson.

      »Oder den Gouverneur,« bemerkte Fouquet.

      »Man kann die Gefangenen


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